[Rigaer 94] Unsere Strategie gegen ihre Niedertracht – für einen schwarzen Juli

Schlafplatzbörse

Nach nunmehr fast zwei Wochen Belagerung und Räumung der Rigaer94, ist es Zeit für uns, ein erstes Fazit zu ziehen und einen Vorschlag für das weitere gemeinsame Vorgehen zur Diskussion zu stellen.

 

Zunächst einmal wollen wir die gute Boschaft überbringen, dass für uns die erste stressige Phase überwunden ist. Wir haben mehrere Tage gebraucht, um von der totalen Konfusion und Überforderung dahin zu kommen, die Lage im Haus überhaupt ersteinmal einschätzen zu können.

 

Wir mussten den ersten Schock der doch relativ plötzlichen Belagerung sowie die dreiste Taktik, die Räumung im Namen der Flüchlingshilfe durchzuführen, überwinden. Dann haben wir sehr bald damit angefangen, die Arbeit der Bauarbeiter, Securities und Bullen zu sabotieren. Wir waren dabei wegen der feindlichen Übermacht dazu gezwungen, ein fiktives Bedrohungsszenario aufzubauen. Dabei hat sich sehr schnell gezeigt, dass es durchaus möglich ist, hier in der militarisierten Zone etwas außerhalb des Rechtsweges zu bewirken.

 

Als erstes haben reihenweiße Securities unter unserem Druck nachgegeben. Sie waren überall im Haus positioniert und wir konnten ihnen in eindeutigen Ansprachen glaubhaft vermitteln, dass der einzige Grund für ihre körperliche Unversehrtheit die anwesenden Bullen sind. Eine Gruppe der ab der ersten Stunde eingesetzten Securities sind wieder gegangen worden. Ausschlaggebend war unter anderem ihr hoffentlich nachhaltiges Einsehen, dass sie sich mit ihrem Job auf die Seite der Schweine gestellt haben, welche für den Mord an einem Bekannten ihres Milieus vor einigen Jahren verantwortlich sind. Der prominente Fall Slieman Hamade, in den wir involviert waren, hat unserer Geschichte eine unerwartete Pointe verschafft.

 

Security

Nicht besser als ein Bullenschwen: Security.

 

Wir sind uns absolut sicher, dass die Ingangsetzung des TagX-Konzeptes, insbesondere die medienwirksamen Aktionen, eine wesentliche Unterstützung der Glaubhaftigkeit unserer Drohungen waren. Sie haben uns starken Rückhalt gegeben in unseren teilweise stündlichen, nervenaufreibenden Konfrontationen.

 

Eure und unsere gemeinsame kämpferische Haltung hatte den Effekt, dass die Bullen sich darauf eingestellt haben, hier sehr lange mit starken Kräften zu bleiben, wie wir glauben. Wir können uns nicht vorstellen, wie sie darauf kommen, die Secus je wieder alleine zu lassen. Sie können das wahrscheinlich gerade auch nicht.

 

Das hat dazu geführt, dass der aktuelle Zustand der polizeilichen Besetzung zementiert ist. Diese Einsicht gab uns die nötige Ruhe, um die letzten Tage den ätzenden Rechtsweg auszuloten. Wie es aussieht, gibt es da aber sowieso nicht viel Hoffnung. Einzig der Termin am 5. Juli vor Gericht, wo die rechtmäßigkeit der Räumung geklärt werden könnte, scheint eine gewisse Brisanz zu haben, die wir auch schamlos ausnutzen sollten!

 

Wir sind froh, dass jetzt doch langsam mal eine kritische Öffentlichkeit entsteht. Das Risiko für Henkel, dass das sein Untergangsspektakel wird, ist groß. Wir erinnern uns, dass genau das die Kampfansage der Rigaer nach Bekanntwerden der Räumungsgefahr war.

 

Dabei hat die Brutalität und Primitivität seiner gezüchteten Schlägerbande keinen unerheblichen Anteil: mit dem Angriff auf uns haben sie die Nachbarschaft angegriffen. Dass “der rebellische Nordkiez” keine Erfindung der Autonomen ist, dass wir hier sehr wohl solidarische Strukturen haben, zeigen die Auseinandersetzung auf der Straße. Als ein Bulle am Sonntagabend einer Frau vor der Rigaer94 das Handy gewaltsam klauen wollte, solidarisierten sich die Umstehenden auf energische Art. Die Bilder des in dieser Eskalation zusammengeschlagenen Familienvaters aus dem Vorderhaus sind zwar eine einschneidende Gewalterfahrung für uns alle. Aber sie schweißen uns zusammen. Es gibt kein Vorderhaus und kein Hinterhaus mehr. Es gibt nurnoch die eine Rigaer 94.

 

Polizeigewalt

Den Familienvater, der vor seinen Kindern verprügelt wurde.

 

Wenn wir jetzt sagen, “Rigaer 94 bleibt”, dann reden wir zu hundert Prozent von allen hier. Wenn wir sagen, “Rigaer bleibt”, dann reden wir von Allen, mit denen wir den polizeilichen Großangriff gegen unsere Idee des solidarischen und kämpferischen Kiezes zurückschlagen.

 

Deswegen stellen wir uns jetzt die Frage, wie wir uns tatsächlich durchsetzen können.

 

Als sicher betrachten wir einzig, dass wir alle unsere Ressourcen in die Auseinandersetzung werfen müssen. Wenn es noch Möglichkeiten gibt, mehr Energie freizusetzen, dann müssen wir das in den nächsten Wochen der Belagerung tun.

 

Wir schlagen vor, die Woche vor der Demo am Samstag, den 9. Juli dazu zu nutzen, den Konflikt zu intensivieren.

 

Autos

Direkt nach der Räumung gab es eine Serie von Krawallnächten. Bis heute vergeht keine Nacht ohne offensive Aktionen. Die Rigaer94 hat dazu aufgerufen, Berlin ins Chaos zu stürzen.

 

Dezentral müssen die Aktionen, egal auf welchem Niveau, vermehrt werden und das Terrain international ausgeweitet werden. Wir wollen einen schwarzen Juli!

 

Vor Ort freuen wir uns über alle kreativen, öffentlichkeitswirksamen, kraftvollen, subversiven, verrückten Aktionen. Sie können darauf abzielen, die Sommerpause der Berliner Polizei zu beenden, bevor sie richtig angefangen hat. Oder sie schaffen Momente des Zusammenkommen, der Ansprechbarkeit und der Reflektion.

 

Am 9. Juli schließlich hoffen wir, dass alle nach Berlin kommen, die uns unterstützen. Die Demonstration ist unseres Wissens angemeldet, kann aber natürlich immer als Ausgangspunkt oder Unterstützung unangemeldeter Aktionen dienen. Zeigen wir, dass Wohnraum Risikokapital sein kann! Wendet eure Wut gegen die Verantworlichen der Gentrifizierung! Wendet euren Hass gegen die Büttel des Staates! Greift die Profiteure der herrschenden Logik an! Erlaubt ist das, was ihr euch rausnehmt!

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Als Kleinkrieg mit Bullen und Secu verliert ihr diesen Konflikt, strategisch solltet ihr euch breiter aufstellen. Ihr könnt einen solchen Konflikt "militärisch" nicht gewinnen, dies hat auch in der Vergangenheit und in anderen Ländern noch nie funktioniert.

Da ist einfach ein anderes Kräfteverhältnis auf staatlicher Seite vorhanden.

 

Umso notwendiger wäre es die Auseinandersetzung stärker politisch zu führen und in andere städtische Kämpfe einzubetten. Projekte die in der Vergangenheit gehalten worden sind (z.B. Hafen und Flora in Hamburg) sind zwar militant, aber vor allem auch politisch in der Breite verteidigt worden. Auch indem konkrete Ziele über den Erhalt des Projektes oder rebellische Gesten hinaus formuliert worden sind.

Besatzungsmächte haben noch nie einen asymetrischen Konflikt gewonnen.

 

Mehr hierzu: Dezentrale Konzepte in Henkels Vietnam

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Henkel hat gesagt "Die Rigaer Straße wird nicht mein Vietnam werden." Wie kommt er darauf? Doch wohl nur weil er sich mit der Rolle der US Army im Vietnamkrieg identifiziert, gegen subversive Elemente. Wie kann politischer Widerstand aussehen gegen eine Gegner, der mit brachialen Methoden agiert? Dezentrale Konzepte sind eine Möglichkeit. Bitte stelle andere Konzepte vor damit abgewogen werden kann. Einfach nur zu sagen, stellt euch politisch weiter auf, reicht nicht. Wer vor Ort ist, weiss das sowas schon lange probiert wird.

nicht als Ausschluss anderer Konzepte sondern zur Perspektivenerweiterung.....

Soziale Verteidigung funktioniert wenn es eine relative Solidarisierung mit den Terrorisierten gibt: Desinformationkampagnen (unterschätzt: Gerüchte, Falschmeldungen etc....)= Kommunikationsguerilla, temporäre Besetzungen, Störung der auch für die Polizei notwendigen Infrastruktur.

Die soziale Verteidigung lehnt lediglich Gewalt gegen Lebewesen ab, Dinge sind keine Lebewesen und deswegen auch nicht von Gewalt betroffen, wenn man si zerstört.

Henkel ist ein Idiot. Und wir sollten uns davor hüten seinen menschenverachtenden Sicherheitswahn für unsere Realität zu halten.

 

Inwieweit versucht wird sich breiter aufzustellen gehen die Einschätzungen wohl auseinander. Für mich klingt das aus solidarischer, autonomer Perspektive immer alles sehr auf den Konflikt selbst und seine innere Logik bezogen. So wird die inhaltliche Dynamik der Auseinandersetzung wenig selbst bestimmt und folgt vor allem einem Gegensatz von Aktion und Reaktion. Eine politische Erweiterung der Kampfzone, auch auf niedrigschwellige Unterstützungsformen verschafft mehr Freiräume für eigene Kampagnen.

 

Dabei geht es nicht darum sich zu verbiegen oder in Sozialdemokratie zu üben, sondern unterschiedliche Ausgangspunkte und Kämpfe im städtischen Raum in ihrer Unterschiedlichkeit dennoch als gemeinsame Auseinandersetzung mit sich teilweise überschneidenden Zielen gegen autoritäre Stadtpolitik wahrzunehmen.

ich stimme dir voll und ganz zu.Es wäre jammerschade wenn auch dieses Haus von der Bildfläche verschwinden würde.

Danke für diesen treffenden Kommentar! So wichtig Militanz und radikale Aktionen sind, ebenso wichtig sind auch die Kämpfe auf der politischen, legalen und sozialen Ebene sowie der Bezug auf bestehende Kämpfe und Vernetzung mit anderen Akteur_innen.

Die Rigaer94 existiert nur deswegen noch heute, weil über 20 Jahre lang mit ALLEN Mittel auf ALLEN Ebenen gekämpft wurde. Weil durch die Vielfalt der Kämpfe der Bewohner_innen und Unterstützer_innen ein breites Spektrum an politischen Aktionen und Bündnissen abgedeckt werden konnte. Weil es Runde Tische gab, Gerichtsverfahren, Einbindung in und Bezug auf andere Kämpfe, Druck auf der Straße und im Politikbetrieb.

 

Ich wünsche allen viel Ausdauer und Kraft!

Solidariät mit den jetzigen Bewohner_innen der Rigaer94 und ihren rebellischen Nachbar_innen!

findet ihr hier ein update-artikel:

https://linksunten.indymedia.org/en/node/183800

und hier gibt es ein mobivideo zur eben jener demo:

https://vid.me/FMYr

jetzt auch mobivideo auf youtube https://www.youtube.com/watch?v=S0nvUvPZEJw

Es ist natürlich richtig, dass sich die Bewohner_innen im alltäglichen Konflikt mit Wachdienst und Bullen Handlungsmacht zurückerobern. Da können auch kleine    Erfolge für die Stimmung und den Kampfgeist wichtig sein. Es ist auch gut, dass die Bewoher_innen sehr offen damit umgehen, dass zunächst eine Überforderung und Hilflosigkeit geherrscht hat. Es wird kein Heldenepos gezeichnet,  sondenr eine Bild auch von der eigenen Verletzlichkeit. Das ist sehr zu begrüssen und war lange Zeit in  der autonomen Kampftradition wenigstens öffentlich nicht vorgesehen.

Doch, wie auch schon andere hier schrieben, sollen sich die Bewohner_innen der Rigaer Straße und ihre Unterstützer_innen nicht in militärischen Planspielen verlieren. Wenn Henkel von seinem Vietman redet, fühlen sich wohl machen sehr geschmeichelt. Doch es ist ein Trugschluss.  Es handelt sich  bei der Belagerung  um einen Klassenkampf von oben, der mit einer sozialen Bewegung von unten beantwortett werden müsse. Noch so viel KLeinmilitanz wird in einer kapitalistischer Gesellschaft, in der Waren massenhaft vernichtet werden, wenn sie nicht profitabel  sind, keine Erfolge bringen, wenn nicht eine solidarische Nachbarschaft die Kämpfe unterstützt. Das ist die Basis und daran misst sich die Stärke.                                   In der Erklärung aber werden die zahlreichen Solidaritätsaktionen auch aus der Nachbarschaft nur beiläufig erwähnt, während der Schwerpunkt auf militanter  Kliengruppenstrategie gelegt wird. Da ist dann doch die Frage, ob  die Unterstützung  der Nachbarschaft so wenig Priorität hat. Was auch aufflällt. Es wird nicht erwähnt, dass vor wenigen Tagen der Abriss von Häusern auf einem Areal   begonnen hat, auf das Nobelprojekt Carree Sama Rigaer entstehen soll. Dabei wäre es doch sehr wichtig, einen Zusammenhang zwsichen der Belagerung der Rigaer Straße und dem Bau des Nobelprojekts herzustellen. So sollen rebelleische Strukturen veschwinden, um solchen Projekten Platz zu machen. 

Wenn heir ein Bezug hergesteltl würde, würde die Auseinandersetzung um die Rigaer Straße als Teil des Kampfes der Bewohner_innen im Friedrichshainer   Nordkiez deutlcher.