Neonazis in Gräfenhainichen „Ich kam mir vor wie beim Ku-Klux-Klan“

Erstveröffentlicht: 
04.06.2016

Gräfenhainichen - Ein offenbar rechtsextrem motivierter Aufmarsch war am späten Freitagabend Grund für einen Polizei- und Feuerwehreinsatz in Gräfenhainichen. Wie die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost am Samstagmorgen mitteilte, hatten sich etwa 15 bis 20 schwarz Gekleidete zu einem Aufmarsch in der Heidestadt versammelt.

 

"Uns ist die Aktion gegen 22.45 Uhr polizeilich bekannt geworden. Die Personen, deren Gesichter teilweise mit weißen Masken bedeckt waren, zogen mit Bannern, Fackeln und Trommeln durch die Stadt zum Kirchplatz. Dort wurden die Fackeln auf einen Haufen geworfen und eine Art Magnesiumfackel dazu getan. Daraufhin wurde die Feuerwehr alarmiert", erklärte Polizeisprecher Maik Strömer am Samstagmorgen gegenüber der MZ..

 

Noch vor dem Eintreffen der Feuerwehr konnte der Haufen gelöscht werden. Beim Eintreffen der Polizei flüchteten die Teilnehmer der nicht angemeldeten Demonstration in unbekannte Richtung.

 

Die Polizei geht von politischen Motiven aus, Teilnehmer konnten eindeutig dem rechten Spektrum zugeordnet werden, einige von ihnen seien als gewaltbereit bekannt.


Auf dem Kirchplatz in Gräfenhainichen soll am Samstag von 14 bis 18 Uhr ein Kinderfest stattfinden, dass von der Stadt und der Bürgerinitiative "offen, bunt, anders" organisiert wird. "Dieser Aufmarsch ist ein klarer Angriff auf dieses Fest gewesen. Und das ist mir völlig unverständlich, warum jetzt auch noch die Kinder in dieser Stadt attackiert werden", erklärt Ulf Künemund von der Initiative der MZ.

 

"Das ist kein multikulturelles Fest, sondern eines für Kinder. Da sind alle eingeladen. Klar, dass da auch die Flüchtlingskinder mit gemeint sind. Aber so eine Aktion wie am Freitagabend ist erneut ein Armutszeugnis für diese Stadt. Wir vom Verein wünschen uns jetzt endlich mal ein klares Statement des Stadtrates zu den Ereignissen hier in Gräfenhainichen".

 

Anschläge auf Flüchtlingsheim und Bürgerfest


Die Stadt am Nordrand der Dübener Heide war bundesweit in die Schlagzeilen geraten, als im Dezember und bis ins Frühjahr hinein Anschläge auf ein ehemaliges Bürogebäude, dass als Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge umgebaut wurde, geschahen. Kurz vor der Fertigstellung der Unterkunft für 80 Asylbewerber war das Gebäude komplett unter Wasser gesetzt worden. Später hatten Unbekannte auf den Bau scharf geschossen, Wachleute im Gebäude waren damals durch Glück unverletzt geblieben.

 

Auf ein Bürgerfest für Toleranz am Ende des letzten Jahres auf dem Kirchplatz war ebenfalls in der Nacht zuvor ein Anschlag mit Buttersäure verübt worden. "Das was jetzt passiert ist, ist primitiv. Wie kann man denn vor der Kirche mit Feuer protestieren? Sind das die christlichen Werte, die diese stadtbekannten Nazis hier verteidigen wollen? Ich kam mir vor wie beim Ku-Klux-Klan", fragt Künemund rhetorisch. Gräfenhainichens Bürgermeister Enrico Schilling (CDU) war bisher noch nicht für ein Statement zu erreichen.