[B] Hintergründe zur Antifa-Kaffeefahrt in den Spreewald am 28. Mai (Teil I)

Antifa goes Brandenburg!

Am 28. Mai findet in Lübben eine Demonstration unter dem Motto „Laut für den Spreewald“ statt. Erst am 9. April fand ebenfalls eine Demonstration in Lübbenau statt unter dem selben Slogan. Beide Veranstaltungen sind als organisierte Antwort auf die asylfeindlichen Demonstrationen des rechten Vereins „Zukunft Heimat“ zu verstehen, auch wenn die Organisator_innen damit eigene Akzente setzen wollen. Wir, die Antifa goes Brandenburg [AGB], unterstützen das Vorhaben und finden, dass es höchste Zeit ist den Spreewald „aufzumischen“. Daher wird es am 28. Mai eine kleine Antifa-Kaffeefahrt nach Lübben geben.

 

Gemeinsame Anreise:
12:30 | Bhf. Ostkreuz | Gleis 13 | Abfahrt 12:53

 

Nachdem wir im Aufruf zur Kaffeefahrt über „Zukunft Heimat“ (ZH) informiert haben, wollen wir die Reihe fortsetzen und die Verbindungen des Vereins zur Neonazi-Szene in Südbrandenburg beleuchten. Die „Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“ war ein netzwerkförmige Verbindung völkisch-rassistischer und elitärer Neonazikreise aus Südbrandenburg und wurde 2012 durch das Brandenburger Innenministerium verboten. Teil der „Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“ scheinen sich jedoch neu zu organisieren. Ein Beispiel dafür ist die Verbindung der Bewegung mit dem Verein „Zukunft Heimat“.  


Die „Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“
Bis zur Formierung der „Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“ durchlief die Neonazi-Szene in Südbrandenburg eine mehrjährige Entwicklung der Spaltung und Radikalisierung. Der Ursprung des Konflikts begann 2004 mit der Aufstellung des bosnisch-stämmigen Neonazi und „444“-Internetwunder Safet Babic, der für die NPD zum Europaparlament antrat. Dass ein nicht-deutscher Nationalist für die NPD antrat, stieß bei Teilen der Szene auf Ablehnung. Der damalige Brandenburger NPD-Landesvorsitzende, Mario Schulz, trat öffentlichkeitswirksam aus der Partei aus. Weitere Spitzenfunktionäre warfen auch das Handtuch, darunter der brandenburger JN-Landesvorsitzende Jens Pakleppa aus Lübben. Beide sollen 2004 die „Bewegung Neue Ordnung“ (BNO) in Vetschau gegründet haben.

 

Seit Anfang 2005 trat die BNO nicht mehr öffentlich auf, jedoch tauchten zeitgleich mehrere Tarnorganisationen wie etwa „Schutzbund Deutschland“ und „Ja zu Brandenburg“ auf. Bei dem letzterem handelte es sich um eine Wahlliste, mit der die Neonazis zur Landtagswahl 2004 antraten. Sie erreichte 0,4%. Am 04. Juli 2006 wurde die BNO aufgrund ihrer Wesensverwandtschaft zum Nationalsozialismus verboten. Das Programm der BNO lehnte sich stark an das 25-Punke-Parteiprogrmm der NSDAP an. Am 23. Juni 2006, keine 20 Tage nach dem Verbot, tauchten in Brandenburg an der Havel Flyer auf, die ein auffallend ähnliches Layout und Inhalt aufwiesen, wie die rassistischen Flugblätter des BNO unter den Label des Schutzbundes. Als Verantwortlicher im Sinne des Presserechts auf den Druckerzeugnissen des Schutzbundes trat der Grabower Neonazi-Kader Maik Eminger auf. Maik Eminger ist der Bruder des im NSU-Prozess angeklagten André Eminger und gilt als Galionsfigur der Brandenburger Neonaziszene. Neben Matthias Fischer ist Maik Eminger einer der wichtigsten Führungspersonen der militanten Kleinpartei der „III. Weg“. Aufgrund der offensichtlichen Wiederbetätigung der BNO durch den Schutzbund, wurde der Schutzbund ebenfalls verboten. 2011 erklärte das Verwaltungsgericht das Verbot des Schutzbundes für rechtskräftig.

 

In Südbrandenburg bewirkte die Spaltung die Formierung der „Gesinnungsgemeinschaft Südost-Brandenburg“. Auf ihrer Webseite berichtete die Gesinnungsgemeinschaft Südost-Brandenburg über Neonazi-Aktionen in Lübben, Lübbenau und Cottbus. Im September 2006 verkündete die Gesinnungsgemeinschaft, dass ihr Internetauftritt stillgelegt wird. Begründet wurde dies mit den Worten: „Nun wurden die Grenzen der bestehenden Aktionsformen erreicht, die Möglichkeiten ausgeschöpft, die notwendig waren, um den Grundstein zu legen, so dass der Widerstand bereit ist, die nächste Stufe zu erklimmen.“ Entgegen der öffentlichen Verlautbarung hat sich die Gesinnungsgemeinschaft nicht aufgelöst, sondern u.a. in der „Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“ umstrukturiert. [1]

 

Bundesweite Aufmerksamkeit bekam die „Widerstandsbewegung“ durch ihre „Spreelichter“ und „Werde Unsterblich“ Kampagnen. Sie organisierten flashmobartige Fackelaufmärsche und Aktionen, die in professionell gestalteten Videos ihre Verbreitung fanden. Mit Fackeln und weißen Masken hielten sie die meistens unangemeldeten Demonstrationen ab. Mit dem zentralen Slogan „Die Demokraten bringen uns den Volkstod“ wetterten sie gegen die etablierten Parteien, die ein angebliches Sterben des deutschen Volkes vorantreiben würden. [2]

 

„Zukunft Heimat“ und die „Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“
Immer wieder wurden der Verein “Zukunft Heimat” eine personelle Nähe zu bekannten Protagonist_innen der “Widerstandsbewegung in Südbrandenburg” nachgesagt. Laut Informationen der Lausitzer Rundschau trat der führende Kopf der „Spreelichter“ bzw. der „Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“ bei einer Informationsveranstaltung in Lübbenau als „besorgter Bürger“ auf und schürte geschickt Ängste. [3] Auch bei weiteren Veranstaltungen wurde er gesichtet. Allerdings hält er sich bewusst zurück; an den Demonstrationen nimmt er nicht aktiv teil, verabredet sich höchstens mit Organisator_innen in unmittelbarer Nähe zu den Demonstrationen. Das sporadische Auftreten und die dezente Zurückhaltung scheinen Teil einer Strategie zu sein, bei denen die Neonazis aus der verbotenen „Widerstandsbewegung“ mutmaßlich versuchen die Fäden im Hintergrund zu ziehen. Dass sie ohne einen Gruppennamen auftreten und Aktivitäten aus den Hintergrund entfalten, ist eine logische Konsequenz der Strategie des Widerstandes von unten. Mit der Auflösung der „Gesinnungsgemeinschaft Südost-Brandenburg“ hatten die Neonazis ihren Kurswechsel angekündigt und in den Kampagnen der „Spreelichter“ bereits praktiziert. Aber auch aufgrund des Verbotes sind die Neonazis um die „Widerstandsbewegung“ gezwungen, ihre Spuren zu den rassistischen Protesten in der Region zu verwischen. Dabei bedienen sich sich vor allem juristischer Mittel: jede_r der die „Spreelichter“ in die Nähe des Vereins „Zukunft Heimat“ versucht zu rücken, wird verklagt. [4]

 

Stilistisch und rhetorisch ähnelt sich der Auftritt der “Widerstandsbewegung” und von „Zukunft Heimat“. Nicht nur die Videos der „Spreelichter“-Kampagnen weisen eine Ähnlichkeit mit den Videos des rechten Vereins. Auch die verwendeten Schriftarten scheinen identisch zu sein. [5] Neben Marcel Forstmeier trat in der Vergangenheit eine weitere Person aus dem „Spreelichter“-Umfeld bei den Demonstrationen im Spreewald auf. Der in Bestensee lebende Martin Muckwar trat bei diversen Veranstaltungen von „Zukunft Heimat“ als Kameramann auf. Aus seinen Material entstanden später die Videos von „Zukunft Heimat“, die auf Youtube online gestellt wurden. Muckwar ist außerdem Kampfsportler. Er bestreitet MMA-Kämpfe für den Verein „San Da Kemp Bestensee“ e.V., für den er Videos produzieren soll. Außerdem soll er verantwortlich für die Internetpräsenz des Vereins sein. [6] Erst im vergangenen Jahr nahm er an der MMA-Turnierreihe „Spawl & Brawl“ in Berlin-Weißensee teil. [7]

 

Die Spitze des Eisbergs: Vorbild Einsiedel
Zu den Bündnispartner_innen von „Zukunft Heimat“ gehören neben der Brandenburger AfD, der „Identitären Bewegung“, dem “Bürgerbündnis Havelland” und weiterer regionaler Initiativen. Hierzu zählen: „Bürgerforum Südbrandenburg“, welches die Demonstrationen in Bad Liebenwerda organisiert und die „Bürgerinitiative Heimat & Zukunft“. Auch die bundesweite Kampagne „1 Prozent für unser Land“ und die Initiative „Gemeinsam für Einsiedel“, sowie das Neurechte „Compact“-Magazin zählen zu den Unterstützer_innen der rassistischen Demonstrationen im Spreewald.

 

Besonders die Initiative aus Einsiedel wurde in der Vergangenheit als ein positives Beispiel der Gegenwehr gegen Asylsuchende herangezogen. Bei einer Demonstration in Lübben in Dezember 2015 berichteten die Vertreter_innen der Initiative von ihrem Widerstand. In Einsiedel, einem Stadtteil von Chemnitz versuchten die Rassist_innen die Ankunft von Geflüchteten zu verhindern, in dem sie Blockaden errichteten. Im November des vergangenen Jahres versperrten sie zeitweilig die Zufahrtsstraße zur Notunterkunft mit LKWs. Eine weitere Blockade aus Baumstämmen sollte die Zufahrt durch die Waldwege verhindern. [8] Eine ähnliche Aktion ereignete sich Anfang Februar in Brieske, einem Ort in der Nähe von Senftenberg. Auch in Brieske platzierten Unbekannte Baumstämme auf eine Straße vor einer geplanten Asylunterkunft. Auf den Baumstämmen wurde ein Transparent mit der Aufschrift „Nein zum Heim“ befestigt. Die Seite „Initiative Heimat Zukunft“ dokumentierte die Aktion mit den Worten: „Diese Aktion soll als Warnschuss für kommenden zivilgesellschaftlichen Widerstand in unserer Heimat gelten, der sich in seiner Spannbreite nicht nur gegen geplante Asylunterkünfte richten wird, sondern vor allem auch gegen die politischen Verursacher dieser zerstörerischen Überfremdungspolitik“. Verblüffend wieder: sowohl Name als auch Layout erscheinen bei der „Initiative Heimat Zukunft“ und bei dem Verein „Zukunft Heimat“ bemerkenswert ähnlich. Der Unterschied besteht darin, dass „Zukunft Heimat“ eher in der nördlichen Lausitz auftritt, während die „Initiative Heimat & Zukunft“ in der Senftenberg-Region aktiv ist. [9]

 

Die Verbindungen von „Zukunft Heimat“ zu der „Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“ und anderen rechten Vereinigung zeigen, wie wichtig es es ist im Hinterland zu intervenieren. In einem weiteren Text werden wir außerdem die Verbindungen zwischen „Zukunft Heimat“ und der Alternativen für Deutschland (AfD) beleuchten. Stay tuned!

 

Mai 2016,
Antifa goes Brandenburg [AGB]

 


Quellennachweise:
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Bewegung_Neue_Ordnung
[2] http://www.politische-bildung-brandenburg.de/node/8670
[3] http://www.lr-online.de/nachrichten/Tagesthemen-Zwischen-Buergerzorn-und-Rechtsextremismus;art307853,5325234
[4] Nachdem Marcel Fortmeier und „Zukunft Heimat“ gegen Artikel der PNN und des Störungsmelders geklagt haben, dass diese beide in die Nähe gerückt haben, wurde die Berichte gelöscht.
[5] https://linksunten.indymedia.org/de/node/162343
[6] http://www.inforiot.de/hinter-den-kulissen-von-zukunft-heimat/
[7] http://antifa-nordost.org/4209/berlin-weissensee-martin-muckwar-neonazi-aktivist-kaempfte-beim-mma-turnier-sprawl-brawl-nr-2/
[8] https://linksunten.indymedia.org/de/node/155007
[9] http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/1046923/

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