Aus Idomeni und Calais gibt es immer mehr Bilder von Menschen, die gegen immer stärker geschlossene Grenzen drängen. In diesem Moment setzen die europäischen Staaten eine Restrukturierung der internen Verwaltung der Migration durch neue Aussortierungsstrukturen um und verstärken die Kontrollen in den administrativen Anhaltezentren. Es ist notwendig, uns zu treffen und die aktuellen und zukünftigen Kämpfe zu besprechen.
Diese Treffen sollen eine Gelegenheit sein, um kritische, theoretische und
praktische Punkte zu erörtern, genauso wie die Hindernisse, die sich in den
gemeinsamen Kämpfen mit flüchtenden und geflüchtete Menschen besonders im
vergangenen Jahr zeigten – und das in verschiedenen Regionen Italiens und
darüber hinaus. Im Bewusstsein der Schwierigkeiten und der Komplexität dieses
Vorschlages, denken wir, dass es notwendig ist, eine offene Form der Reflexion
zu suchen, außerhalb des ständigen Druckes der spezifischen Kämpfe. In
Wirklichkeit erleben wie das Bedürfnis einen Diskussion über diese spezifische
Themen wieder aufzunehmen, ohne zwangsweise eine Synthese der Analysen und
Intentionen finden zu müssen, aber doch ein fruchtbares Gebiet der Reflexion zu
finden, auf dem man sich in der nächsten Monaten treffen könnte.
Ziele der zwei Tage
- sich mit verschiedenen GenossInen kritisch auszutauschen betreffend die
internationale Migrationspolitiken im Bezug auf Fluchtbewegungen und die
Schließung von Grenzen
- der Bilanz der Entwicklungen des Aufnahme- und Abschiebesystems in Italien zu
ziehen, der Hotspots und der sogenannten sekundären Aufnahme, bis zur
Internierung in die CIE.
- GenossInnen treffen, die in verschiedene Kämpfe gegen die Verwaltung der
Einwanderung und Grenzregime involviert sind
-mit Genossinnen auf internationale Ebene austauschen, welche in den
vergangenen Jahren die verschiedenen Kämpfe an der Seite der Flüchtlinge und
Asylwerber führten.
Die folgenden
Punkte wollen wir diskutieren
- Die Ankunft vieler Flüchtender über die nächsten Monate hinweg könnte im
Sommer zu einer Situation ähnlich in Ventimiglia führen, wo letztes Jahr
hunderte Leute auf der Flucht gestrandet sind (denen die Weiterreise verweigert
wurde).
- Die Schließung der Grenzen zwischen Österreich und Italien erschwert die
Reise in den Norden Europas und verlagert die Fluchtrouten vom Balkan in
Richtung Nordwesten.
- Wie können wir uns eine kämpferische Intervention vorstellen, die den
konkreten Bedingungen dieser Situation gerecht wird? Wie können wir mit den
Flüchtenden selbst aktiv solidarisch sein, ohne in die Dynamik caritativer
Hilfe zu geraten, sondern indem wir Wege des Kampfs und der Kompliz*innenschaft
einschlagen. Welche Hindernisse und welche Möglichkeiten bieten die Räume, die
in einer solchen Notsituation entstehen?
- Die Flüchtenden werden durch die kürzlich als Filter eingerichteten Hotspots
geschleust, in denen über Schicksal und Bestimmungsort jedes_jeder einzelnen
entschieden wird. Nach den Hotspots werden die Flüchtenden durch ein System von
Strukturen, Lagern und Knästen (die SPRAR, die CAS und die CARA) der so genannten
“sekundären Aufnahme” geleitet. Diese Orte existieren seit mehreren Jahren,
wurden aber angesichts der steigenden Anzahl an Asylwerber_innen vervielfacht.
Die Willkommensrhetorik soll die Existenz dieser Strukturen rechtfertigen,
verdunkelt aber ein komplexes Netz an Geschäften, in das sich Kooperativen
genauso wie Unternehmen einfügen, die für die Erbringung von Leistungen
beträchtliche Summen einkassieren. Und nicht nur das. Das Abstellgleis, auf dem
sich Asylwerber_innen befinden, zwingt sie, einen angeblichen Integrationspfad
einzuschlagen, der rund um Bildungsmaßnahmen und Ausbeutung von Arbeitskraft
konstruiert wird.
Am Rande dieses offiziellen Pfads wird so in vielen Fällen ein Pool an
Billig-Arbeitskräften erzeugt.
Am Rand dieser offiziellen Wege stellen die Strukturen der “sekundären
Aufnahme” einen Pool an Billigarbeitskräften in der Landwirtschaft, im Bauwesen
und im Gastgewerbe dar, wo viele Möglichkeiten zur Schwarzbeschäftigung
vorhanden sind. Welche Interventionsmöglichkeiten gegen diese Genossenschaften,
NGOs, Vereine oder sonstige Entitäten, die diese Strukturen organisieren, gibt
es? Wie können wir auf Konflikte, die von Refugees angestoßen werden,
aufmerksam werden und auf welche Weise können wir beitragen? Wie kann gegen die
Willkommens-Propaganda opponiert werden, indem die eklatanten Widersprüche und
der Überwachungszweck aufgezeigt werden?
Die CIE sind für Migrant_innen, die letzten Transitstationen, wo sie nach einem Polizeiüberfall, aus dem Knast, des Ortes der Anlandung oder festgesetzt an einer Grenze, hingeschafft werden, um auf ihre Deportation zu warten.
Auch wenn sich der Charakter der CIE auf Grund der
unterschiedlichen Funktion abhängig von seiner Lokalisation und der
verschiedenen Betreiber_innen unterscheidet, muss in allen Fällen eines
festgestellt werden, sie werden Knästen immer ähnlicher: Interne Repression
unter dem Getöse scharfer Kontrollen, Isolationstrakte, Telefonverbote. Jede
einzelne dieser Beschränkungen bestätigt diese Vermutung.
Trotzdem bleiben die Revolten und Ausbrüche der Festgehaltenen ein gutes
Beispiel, wie diese Zentren geschlossen werden können. Die Verwaltung dieser
Zentren stellt eine konstante Quelle des Profits für Unternehmen und
Verwalter_innen, die manchmal sowohl Schubhaftknäste als auch die Zentren der
“sekundären Aufnahme” betreiben. Wie können von außerhalb die Revolten der
Festgehaltenen unterstützt werden und gleichzeitig ein autonomer Kampf gegen
die CIE aufrecht erhalten werden?
Programm des Treffens
Freitag, der 21. Mai
19:00 Diskussion über das Verwaltungs- und Kontrollesystem der Migration. Von der Abschiebemaschinerie zur Aufnahmemaschinerie
Samstag, den 21. Mai
10:00 Kundgebung auf Piazza della Republica, Ecke Corso Giulio Cesare.
14:30 Bericht von verschiedenen Kampferfahrungen mit Sans-Papiers, mit Beiträge von GenossInnen aus Frankreich.
19:30 Diskussion über Grenzblockaden und die Kampferfahrungen dieses letzten Jahres.
Sonntag, den 22. Mai,
16:00 Treffen unter die Mauern des CIE von Corso Brunelleschi.
Jede_jeder kann seine eigene Kampferfahrung vor dem Treffen austauschen, indem sie/er einen Beitrag an in-contro-frontiere@riseup.net sendet.
Die Beiträge werden dann auf http://www.autistici.org/macerie publiziert.
Alle Diskussionen werden in Turin stattfinden, im Asilo Occupato, via Alessandria 12.
Bringt eure Schlafsäcke mit.