"Griller"-Brandstifter: Kamera beim Grillanzünder-Regal entlarvte den Täter

Erstveröffentlicht: 
13.05.2016

Der Brandstifter steht nun vor Gericht - Sachverständiger und Gutachter zeichneten psychosoziales Bild

 

Leimen/Sandhausen/Heidelberg. (fi) Der "Griller" steht vor Gericht. Der Brandstifter, dessen Markenzeichen die Verwendung von Grillanzündern war, hatte Ende letzten Jahres St. Ilgen und Sandhausen in Atem gehalten. Beim zweiten Termin am Heidelberger Landgericht sprach nun ein Sachverständiger, der den derzeit Inhaftierten für zwei Tage in der Justizvollzugsanstalt besucht und dessen Verhalten analysiert hatte. Seine Einschätzung: Der Angeklagte erlangte für kurze Zeit "eine Macht durch das Feuer".

Dem 37-jährigen Leimener werden 17 Brandstiftungen zur Last gelegt - nicht nur die in Leimen und Sandhausen, sondern auch in Mannheim. In einem Kinder- und Jugendhilfezentrum in der Quadratestadt ist die Tochter aus erster Ehe untergebracht. Der Angeklagte soll sie besucht und danach die Brände gelegt haben.

Auf die Spur gekommen waren ihm die Kriminalbeamten der Polizeidirektion Mannheim Mitte Dezember 2015, nachdem sie von der Schutzpolizei informiert worden waren. Relativ spät informiert, wie Richter Christian Mühlhoff zwischenbemerkte: "Das war nicht unbedingt ein geschickter Schachzug der Kollegen aus Sandhausen", so Mühlhoff. Mit einer Brandstiftung an einem Wohnmobil unter der Brücke zu den Einkaufsmärkten in Sandhausen kamen die Beamten dem Mann auf die Spur. Sie erkannten dann eine Häufung von kleineren Bränden in Leimen und konzentrierten sich nach einem Suchraster auf den Angeklagten.

Die Staatsanwaltschaft genehmigte eine Videoüberwachung im Netto-Markt am Bahnhof St. Ilgen/Sandhausen, beim DM-Markt in Sandhausen sowie bei Edeka und der "Preisbombe" in Leimen. "Dabei konzentrierten wir uns auf das Regal mit Grillanzündern", so der Kriminalbeamte. Tatsächlich wurde deutlich, dass der Angeklagte die aus seiner Sicht bewährte Kombination aus Wachsanzünder und einer oder mehrerer Flaschen Brennspiritus erwarb.

Probleme bei der Impuls- und Emotionskontrolle bescheinigte der Sachverständige dem Angeklagten. Diese würden aus einem zerrütteten Elternhaus rühren. "Verlässlichkeit oder stabile Strukturen lernte er nicht,", so der Sachverständige. Bereits im Kindergarten galt er als aggressiv, im Grundschulalter war er mit Diebstählen und Suizidversuchen gerichtsbekannt. Schulverweis und Kinder- und Jugendpsychiatrie brachten nur wenig. Nach einem Raubüberfall mit 15 Jahren folgte die Jugendstrafe.

Ab 2010 wurde der Angeklagte wieder von seinem alten Schema eingeholt, die "dissoziale Persönlichkeitsstörung" machte sich bemerkbar, er legte Brände aus Frust. "Der Angeklagte ist kein Pyromane", stellte der Sachverständige fest. Die Brandorte seien bewusst ausgesucht worden: "Er hat auf die Sirenen gewartet und war dann erleichtert."

Eine Einschränkung der Steuerungsfähigkeit, was möglicherweise das Urteil beeinflussen könnte, konnte dem 37-Jährigen allerdings nicht attestiert werden. Eine Unterbringung in einer Erziehungsanstalt scheidet aus. Sicherungsverwahrung könnte dagegen in Betracht kommen. "Da auch frühere Bewährungsauflagen gebrochen wurden, besteht ein hohes Risiko weiterhin", so das Fazit des Gutachters. Am heutigen Freitag wird die Urteilsverkündung erwartet.