Richard-Wagner-Stiftung redet braune Schatten in Altenburg-Flyer klein

Erstveröffentlicht: 
14.05.2016

Der Altenburger Wagner-Flyer und seine braunen Schatten ziehen immer weitere Kreise. In einem Statement redet der Herausgeber, die Richard-Wagner-Stiftung Leipzig, diese aber klein. Man habe sich nichts vorzuwerfen, schreibt der Vorstandsvorsitzende Thomas Krakow und verweigert sich darüber hinaus jeglicher Nachfrage.

 

Altenburg/Leipzig. Der Altenburger Wagner-Flyer und seine braunen Schatten ziehen immer weitere Kreise. Nun hat sich auch der Herausgeber, die Richard-Wagner-Stiftung Leipzig, dazu geäußert. „Die Stadt Altenburg hat sich nichts vorzuwerfen, das Landestheater genauso wenig“, schreibt der Vorstandsvorsitzende Thomas Krakow in Reaktion auf die bisherigen OVZ-Veröffentlichungen. „Und auch nicht unsere Stiftung.“

Zudem stellt Krakow klar, dass „kein Flyer über Wieland Wagner oder Neu-Bayreuth erstellt“ wurde, sondern über und zum Nutzen Altenburgs. „Dass dies nun vorerst ins das Gegenteil umschlug, war im Normalfall nicht zu erwarten und das bedauern wir sehr“, so der Chef des Richard-Wagner-Verbandes Leipzig. „Die im Kontext Wieland Wagners genannten Jahre verweisen auf die betreffende Zeit. Diese ist ein, wenn auch sehr schwieriger, Teil unserer Geschichte.“ Der mündige Leser und Nutzer könne und werde sich informieren. „Und er wird den Begriff der ‚Nazi-Verwandtschaft’ einzuordnen wissen.“ Ein solcher Umgang sei der Person Wieland Wagner auch posthum in den Medien noch nicht widerfahren.

Wielands heißer Draht zu Hitler wird verschwiegen

Dabei unterschlägt Krakow freilich Beiträge im Spiegel oder des ARD-Magazins „Planet Wissen“. Dort wird auf der Grundlage gesicherter Fakten die Verbindung Wielands zum NS-Regime hergestellt. Mehr noch: Er wird als Adolf Hitlers Liebling in Bayreuth beschrieben. Das geschieht unter anderem, weil Hitler Wieland höchstselbst vom Wehrdienst befreite, ihm zum 18. Geburtstag einen Mercedes schenkte und er 1944/45 gemeinsam mit seinem Schwager und SS-Obersturmbannführer Bodo Lafferentz eine leitende Funktion im KZ-Außenlager Bayreuth innehatte. Von Letzterem wusste das Gericht im Entnazifizierungsverfahren, in dem der Wagner-Enkel als „Mitläufer“ zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, jedoch nichts. Er hatte es – wie auch seinen heißen Draht zu Hitler – erfolgreich unter den Tisch gekehrt.

Nun lässt sich über Wieland, weil Ideologie-Nachweise fehlen und er sich später von seiner Nazi-Verwandtschaft distanzierte, noch vortrefflich streiten. Umso klarer ist aber die Rolle seiner Mutter Winifred Wagner, die Hitler und seine rassistische Ideologie verehrte und ihn unterstützte. Als Dank erhob dieser Bayreuth wiederum zu „Kriegsfestspielen“, an denen sich auch Wieland beteiligte.

Dummerweise wirbt der Altenburger Wagner-Flyer nun aber genau damit, dass Wieland durch das Engagement seiner Mutter und Goebbels sowie Hitlers Wehrdienstbefreiung in die Skatstadt kam und am heutigen Landestheater als Bühnenbildner und Regisseur wirkte. Und damit, dass er mit zum Teil blutigem Geld des NS-Regimes in der Hochphase des Krieges opulente Opern wie den „Ring der Nibelungen“ inszenierte.

 

Krakow: „Nichts weiter zu dem Thema zu sagen“

Dazu wollte Krakow jedoch keine Stellung beziehen. Jeglichen Nachfragen, warum mit Winifred Wagner, der NS-Reichsregierung und der von ihr mitfinanzierten Altenburger Inszenierungen geworben wird, entzog sich der Wagner-Verbandschef. Er habe „nichts weiter zu dem Thema zu sagen“. Damit machte er es sich ebenso leicht wie das Altenburg-Geraer Theater, das zunächst erklärte hatte, nur der Passus mit der Reichsregierung sei „freilich etwas unglücklich gewählt“.

Ganz aus der Verantwortung nahm dann Generalintendant Kay Kuntze sein Haus: Der Flyer sei weder vom Theater herausgegeben, noch mit ihm inhaltlich abgestimmt worden. Für weitere Fragen verwies er wiederum an die Richard-Wagner-Stiftung... Der Verantwortung für den unreflektierten Umgang mit der Geschichte entzog sich bisher auch der Autor der betreffenden Zeilen, Frieder Krause, obwohl sich seine Urheberschaft wörtlich und gedanklich anhand seiner eigenen Recherche-Unterlagen belegen lässt. Der Ex-Chef des Altenburger Theatervereins ist sogar der Meinung, dass die Skatstadt mit allem werben müsse, was sie habe.

Dieses Wegwischen und Entziehen durchbrach bisher einzig Altenburgs Oberbürgermeister Michael Wolf (SPD), indem er einen Fehler einräumte. Der Aufsichtsratschef des Altenburg-Geraer Theaters plädierte dafür, sich von den Wagner-Erben, die Nähe zum Nationalsozialismus hatten, klar zu distanzieren und dies auch im Flyer festzuhalten. „Das ist das, was man hätte tun können, vielleicht sogar müssen.“

Von Thomas Haegeler