Rassentrennung im Regionalbus

Erstveröffentlicht: 
10.05.2016
  • Ein Busfahrer beleidigt einen Asylbewerber aus Gambia mehrmals und raunzt einer Dorfenerin zu, sie solle "ihren Affen auch gleich mitnehmen".
  • Der Mann erhielt nun einen Strafbefehl über 30 Tagessätze.
  • Er hat die Strafe gezahlt, fährt aber weiter auf der Linie.

 

Von Thomas Daller, Erding

 

Ein Busfahrer aus dem östlichen Landkreis Erding soll einen Asylbewerber aus Gambia rassistisch beleidigt haben. Zuerst soll er ihm am Busbahnhof in Erding den Zutritt zum Bus verweigert haben. Nach Protesten eines weiblichen Fahrgasts aus Dorfen soll er zwar eingelenkt haben. Beim Aussteigen habe er der Dorfenerin jedoch noch gesagt, sie könne "ihren Affen auch gleich mitnehmen".

 

Der Vorfall hat sich bereits im Februar dieses Jahres ereignet, er wurde von der Polizei jedoch nicht veröffentlicht. Mittlerweile ist auch schon ein Strafbefehl ergangen: Der Mann wurde wegen Beleidigung zu 30 Tagessätzen verurteilt. Die Strafe hat er bereits bezahlt und fährt nun weiter auf dieser Linie.

 

Die Szene klingt, als habe sie sich in den 1950er Jahren in den Südstaaten der USA abgespielt, als die Rassentrennung dort noch galt: Ein Busfahrer lehnt es ab, einen Schwarzen mitzunehmen, weil der Bus "für Weiße" sei. Als eine Frau, die ebenfalls mit diesem Bus fahren will, gegen diese Äußerung protestiert, lenkt der Busfahrer zwar ein, fordert den Asylbewerber jedoch auf, sich auf einen der hinteren Plätze zu setzen, denn die vorderen seien "für Weiße" reserviert.

 

Als der Bus in Dorfen an der Haltestelle "Am Krankenhaus" hält und die Dorfenerin, die sich für den Asylbewerber eingesetzt hat, aussteigen will, folgt die nächste Beleidigung des Busfahrers: Die Frau möge ihren "Affen auch gleich mitnehmen". Der Asylbewerber muss dann an dieser Haltestelle aussteigen, nachdem der Busfahrer fälschlicherweise behauptet, der Rufbus fahre gar nicht bis zum Dorfener Bahnhof, wo der Asylbewerber hinwollte.

 

Der Mann aus Gambia geht daraufhin zu Fuß zum Bahnhof und trifft dort wieder auf den Fahrer des Kleinbusses, der seine Tour bis zum Bahnhof fortgesetzt hat. Als sich der Mann aus Gambia erkundigte, warum er ihn nicht bis zum Bahnhof mitgenommen habe, sei er erneut sehr unhöflich behandelt worden. 

 

Der Fahrer bestreitet die Vorwürfe


Gerhard Karl, Leiter des Kommissariats Staatsschutz, das mit dem Fall betraut war, bestätigte der SZ, dass sich dieser Fall so zugetragen habe und auch die genannten rassistischen Zitate. Der Busfahrer selbst bestritt die Darstellung des Vorfalls jedoch, obwohl er den Strafbefehl akzeptiert hat: Er sagte der SZ, er habe den Asylbewerber am Busbahnhof in Erding zurückgewiesen, weil man sich bei einem Rufbus vorab telefonisch anmelden müsse. Das habe der Mann nicht getan.

 

Der Fahrer bestreitet ferner, den Gambier auf die hinteren Plätze verwiesen zu haben, weil die vorderen "für Weiße" reserviert seien. Als ihm die SZ den Satz vorhält, die Zeugin könne "ihren Affen auch gleich mitnehmen", bricht er das Gespräch mit den Worten ab: "Ich habe meine Strafe bezahlt. Für mich ist die Sache erledigt."

 

Das trifft insofern zu, als dass er den Strafbefehl wegen Beleidigung, den das Amtsgericht Erding am 22. März ausgestellt hat, auch bezahlt hat. Nicht schlüssig an seinem Dementi ist jedoch, warum er einen Strafbefehl akzeptiert hat, wenn er den Gambier gar nicht beleidigt habe. Zumindest gegenüber dem Chef des Busunternehmens hat er eingeräumt, dass da "etwas vorgefallen ist", wie der Firmeninhaber der SZ bestätigte.

 

Der Fall ist bis dato vom Kommissariat Staatsschutz in Erding zurückgehalten worden, weil "die Person dadurch identifizierbar geworden wäre", erläuterte Gerhard Karl. Auch in der Flüchtlingshilfe Dorfen ist der Vorfall per E-Mail kommuniziert worden, bestätigte Adalbert Wirtz, Vorsitzender des Vereins Flüchtlingshilfe. Wirtz geht jedoch davon aus, dass diese rassistische Beleidigung ein Einzelfall sei. Er geht davon aus, dass die Asylbewerber solche Vorfälle den Flüchtlingshelfern mitteilen würden. Und es seien ihm derzeit keine vergleichbaren Fälle bekannt.

 

Auch Maria Brand, Sprecherin der Aktionsgruppe Asyl, sind ähnliche massive verbale Angriffe gegenüber Asylbewerbern nicht bekannt: "Die würden sich melden, wenn sie beschimpft werden." Die Klagen, die sie manchmal höre, seien anderer Natur: Manche Asylbewerber hätten den Eindruck, man ignoriere sie und rede nicht mit ihnen.

 

Andererseits, sagte Brand, hätten auch die Asylbewerber durch ihr Verhalten zu dieser Situation beigetragen: "Nach den Vorfällen von Köln haben sich viele geschämt und hatten Angst, dumm angeredet zu werden." Sie seien dann grußlos und mit gesenkten Köpfen an den Einheimischen vorbeigegangen, weil sie sich unsicher gefühlt hätten. Brand will sich nun erkundigen, ob weitere rassistische Beleidigungen bekannt seien.