Auch 2016 gab es einen klassenkämpferischen und antikapitalistischen Block auf der DGB-Demo in Hamburg. Das Rise-Up! Bündnis mobilisierte unter dem Motto „United we fight – Solidarität statt Konkurrenz“ erneut zu einem eigenständigen Block, um verschiedene Basiskämpfe zusammenzubringen und eine Perspektive jenseits von Sozialpartnerschaft und Kapitalismus in der Demo wahrnehmbar zu machen.
Als sich der Demozug des DGB mit mehreren tausend Menschen in
Bewegung setzte, begrüßte auch der antikapitalistische Block seine 300 -
400 Teilnehmer*innen. In der Eröffnungsrede des Rise-Up! Bündnis wurde
der Rechtsruck vor dem Hintergrund der Krise des neoliberalen
Kapitalismus thematisiert und deutlich gemacht, dass die heutige Zeit
nach linken und antikapitalistischen Antworten verlangt, die auf ein
gutes Leben für Alle zielen. Die Rede sparte auch nicht mit Kritik an
den sozialpartnerschaftlichen Positionen der DGB-Führung: Wer
Standortkonkurrenz, Wettbewerbsfähigkeit und Leistungszwang nicht
grundlegend hinterfragt, folge der Logik des Kapitals statt die
Interessen der Lohnabhängigen zu verteidigen. Demgegenüber wurde die
Bedeutung von Basiskämpfen im Stadtteil und Betrieb hervorgehoben, die
Menschen selbst ermächtigen und zu einer Gegenmacht gegen Staat und
Kapitalismus beitragen können.
Auch in diesem Jahre setzte sich
die unsägliche Tradition fort, dass SPD-Bürgermeister Olaf Scholz –
hofiert durch die DGB-Führung – in der Demospitze mitlief. Doch einige
Aktivist*innen ließen es sich nicht nehmen, seinen medienwirksamen
Auftritt zu kommentieren. Sie gesellten sich spontan in das
Blitzlichtgewitter der Pressefotografen mit Schildern auf denen
„Sammelabschiebung #SPD“, „Standortnationalismus #SPD“, „Wer hat uns
verraten? #SPD“ oder schlicht „FCK SPD“ stand. Auch der Lautsprechwagen
des antikapitalistischen Blocks macht seine Ablehnung von Scholz und der
SPD-Politik deutlich und hob hervor, wofür diese stehen.
Nachdem
das klargestellt war, folgte ein Beitrag von Beschäftigten aus einem
Hamburger Krankenhaus zu den dortigen Arbeitsbedingungen und den Folgen
der Ökonominierung des Gesundheitswesens. Sie erläuterten den laufenden
Arbeitskampf für höhere Löhne und die kommenden Auseinandersetzungen für
mehr Personal, die nach den erfolgreichen Streiks an der Berliner
Charité auch in anderen Bundesländern bevorstehen. Im Anschluss sprach
die AG Migration und Arbeit in ver.di, die auf die rassistische
Segmentierung des Arbeitsmarkts und die Kämpfe für ein Recht auf legale
Arbeit von Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus einging.
Nach
der Rede formierte sich im vorderen Teil des Blocks zeitweise ein
„unsichtbarer Block“. Leere Reihen, unbeschriebene Transparente an der
Seite und hochgehaltene Schilder mit den Aufschriften „Care-Arbeit“,
„Illegalisierte Arbeit“ und „Knastarbeit“ sollten auf
Arbeitsverhältnisse hinweisen, die unsichtbar gemacht und aus der
gesellschaftlichen Wahrnehmung verdrängt werden. Über den
Lautsprecherwagen wurde zeitgleich die Notwendigkeit betont, auch die in
diesen Bereichen geführten Kämpfe sichtbar zu machen und zu
unterstützen.
Im weiteren Verlauf der Demo berichtete ein
Vertreter der Gruppe Lampedusa in Hamburg von ihrer aktuellen Situation
und den eigenen Problemen als Illegalisierte mit der Lohnarbeit. Er
formulierte eine deutliche Kritik am Kapitalismus, in dem zwar die
Freizügigkeit von Waren und Kapital sichergestellt sei, aber Menschen
die vor Krieg, Armut oder Verfolgung fliehen an den Außengrenzen sterben
müssen.
Kurz darauf endete die Veranstaltung beim Museum der
Arbeit in Barmbek. Der klassenkämpferische und antikapitalistische Block
verabschiedete seine Teilnehmer*innen und unterstrich ein weiteres Mal,
dass der 1. Mai nur ein Tag im Jahr ist, es aber auch darauf ankommt
sich im Alltag solidarisch zu verhalten, zu organisieren und kollektive
Kämpfe zu entwickeln.
Am Rande des DGB-Festes kam es später noch
zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, die aus bisher ungeklärten
Gründen gegen türkische Linke vorging, die sich auf dem Nachhauseweg
befanden. Mehrere Personen wurden durch Pfefferspray und Schläge
verletzt und mindestens zwei Menschen festgenommen.
Mit 300 – 400
Teilnehmer*innen fiel der klassenkämpferische und antikapitalistische
Block etwas kleiner aus als die Jahre zuvor. Dennoch können wir sagen,
dass sich der Block über die Jahre etabliert hat. Etliche jüngere
Teilnehmer*innen kommen extra deswegen zur Demonstration und einige
ältere Gewerkschaftslinke sehen in ihm eine notwendige Gegenposition zur
Sozialpartnerschaft des DGB. Trotzdem bleibt zu fragen, wie sich der
Ansatz des Blocks weiterentwickeln lässt und die, sicherlich begrenzte,
Wahrnehmung seiner Inhalte in der Demo ausgebaut werden kann. Ob die
DGB-Demonstration der richtige Ort ist, um für eine kämpferische und
antikapitalistische Praxis in Betrieb und Gewerkschaft zu streiten, wird
in Zukunft weiterhin zu diskutieren sein. In jedem Fall bleibt es unser
Ansatz, dort anzusetzen, wo sich Menschen bewegen, die selbst Kämpfe
führen und nicht bereits Teil der radikalen Linken sind.
Quelle: http://prp-hamburg.org