Der Anschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft am 1. November in Freital hätte möglicherweise verhindert werden können. Zu dieser Einschätzung kommen Linke und Grüne nach einer Sondersitzung des Rechtsausschusses im Sächsischen Landtag, in der neben Justizminister Sebastian Gemkow auch der sächsische Generalstaatsanwalt Klaus Fleischmann, Landespolizeipräsident Jürgen Georgie und Uwe Wiegner von der Sondereinheit Ines befragt wurden.
Wie Klaus Bartl von der Linke-Fraktion und der Grünen-Abgeordnete
Valentin Lippmann nach der Sitzung übereinstimmend mitteilten, lagen den
Ermittlern schon Tage zuvor ausreichend Hinweise auf die rechten
Strukturen in Freital vor. Es sei fraglich, ob dieser Anschlag nicht zu
verhindern gewesen wäre, wenn "Protokolle aus Telefonüberwachungen und
Bekundungen des Zeugen konzentrierter ausgewertet worden wären", so
Klaus Bartl.
Für Valentin Lippmann ist klar: Am 27. Oktober sei
ein "ominöser Zeuge" aufgetaucht, der konkrete Details über einen
Anschlag auf ein alternatives Wohnprojekt preisgab. Mit diesem Wissen
hätte "konsequent gehandelt und die Tatverdächtigen aus dem Verkehr
gezogen werden müssen."
Keine neuen Details zu ominösem Zeugen
Zur Rolle des Zeugen wurden laut Bartl und Lippmann auch bei der Sondersitzung am Donnerstag keine weiteren Details bekannt. Alle Befragten hätten dementiert, dass es sich um einen verdeckten Ermittler der Polizei handele. In Wahrheit soll es sich um einen Zeugen aus dem Umfeld der Gruppe handeln, der sich von selbst bei der Polizei gemeldet und bei seiner Aussage um Vertraulichkeit gebeten habe. Diese sei zugesichert worden. "Das nehmen wir zur Kenntnis", so Bartl. Lippmann bleibt dagegen skeptisch. Es sei nicht bekannt, dass der Zeuge "in einem anderen Dienst stehe".
Das Entscheidende für mich ist, da ist jemand nicht von uns mit welchen Tricks auch immer in diese Truppe geschleust worden. Sondern es ist einer gewesen, der in der Gruppe oder im Gruppenumfeld sich uns gegenüber offenbart hatte mit Teilinformationen.
Klaus Fleischmann, Generalstaatsanwalt
Verdacht gegen Behörden ausgeräumt
Der im Vorfeld der Sondersitzung geäußerte Verdacht, die sächsischen
Ermittlungsbehörden hätten mögliche Terrorstrukturen in Freital
unterschätzt, hat sich nach Aussage von Klaus Bartl nicht bestätigt.
"Unter der Ermittlungsleitung von Ines wurde bereits im Herbst 2015 ein
Beobachtungsvorgang in Richtung des Agierens terroristischer Strukturen
eröffnet und dazu fortwährend mit dem Generalbundesanwalt kommuniziert,
der dann im März 2016 die Ermittlungen an sich zog."
Die
Sondersitzung war von der Links-Fraktion beantragt worden, die über die
konkreten Umstände informiert werden wollte, die zur Übernahme der
Ermittlungen durch die Bundesanwaltschaft am 11. März geführt haben. Die
Karlsruher Behörde ermittelt wegen des Verdachts der Bildung einer
terroristischen Vereinigung. Acht Beschuldigte sitzen in
Untersuchungshaft.
Bewährungsstrafen in einem anderen Fall
Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalamt hatten in der vergangenen Woche fünf mutmaßliche Rechtsterroristen in Freital festnehmen lassen. Die Verdächtigen sollen zusammen mit weiteren Personen die rechtsterroristische "Gruppe Freital" gegründet und Asylbewerberheime sowie Wohnprojekte politischer Gegner angegriffen haben. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe sollen Mitglieder der Gruppe drei Sprengstoffanschläge begangen haben. Einer der Verdächtigen stand in dieser Woche wegen eines anderen Delikts vor Gericht. Dabei ging es um den Angriff auf fünf Flüchtlingsunterstützer. Der 27-Jährige sowie zwei weitere Männer wurden in diesem Fall zu Bewährungsstrafen verurteilt.