Amtsgericht verurteilt ehemaliges NPD-Mitglied wegen gefährlicher Körperverletzung

Erstveröffentlicht: 
27.04.2016

Einlasskontrolle, ein fast voller Gerichtssaal und Polizei nach der Urteilsverkündung: Beim Prozess wegen gefährlicher Körperverletzung gegen ein ehemaliges NPD-Mitglied herrschte reger Betrieb im Amtsgericht. Nach dreistündiger Verhandlung verurteilte Richterin Somi Nikol den 47-jährigen Tatverdächtigen zu einer Haftstrafe von acht Monaten auf Bewährung und einer Strafzahlung von 600 Euro.

 

"Er kam schnurstracks auf mich zu und schlug mir mit dem Schlagstock auf den Hinterkopf": So schilderte der Betroffene den Vorfall, der sich am 12. November vergangenen Jahres in der Staufener Straße im Freiburger Stadtteil Haslach ereignete. Wie sich während der Verhandlung herausstellte, war der Tat eine verbale Auseinandersetzung vorausgegangen, die einige Minuten zuvor in der Nähe eines Parkplatzes stattfand. Der Geschädigte soll hier den im Auto sitzenden Täter als Mitglied der NPD enttarnt und ihn damit provoziert haben.

Als die Männer kurz darauf erneut aufeinandertrafen, eskalierte die Situation. Wie mehrere Zeugen schildern, lief der schwarz gekleidete Täter gezielt auf den jungen Mann zu, spuckte ihm ins Gesicht und schlug ihm mit einem "länglichen Gegenstand oder Schlagstock" auf den Hinterkopf. Anschließend entfernte er sich rasch, wurde jedoch kurz darauf von der Polizei zu Hause aufgegriffen. Die Männer kannten sich bereits vor der Tat. Einige Tage vor den geschilderten Geschehnissen waren sie auf einer NPD-Kundgebung aneinandergeraten. Hier war es jedoch bei einem verbalen Schlagabtausch belieben, die Polizei vor Ort konnte die Situation entschärfen.

 

"Verstehen Sie dieses Urteil als Warnschuss."
Richterin Somi Nikol

Wie der in Freiburg geborene Täter angab, wird seine Familie seit den Vorfällen massiv bedroht, da seine Adresse im Internet veröffentlicht wurde.

Als die Richterin das zwanzig Einträge umfassende Vorstrafenregister des Angeklagten vorlas, ging ein leises Raunen durch den Verhandlungssaal: Beleidigung, Diebstahl, räuberische Erpressung, gefährliche Körperverletzung und unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln waren dem 47-jährigen gelernten Maler in der Vergangenheit vorgeworfen worden. Trotzdem ließ Richterin Somi Nikol mildernde Umstände walten, da die meisten Einträge weit in der Vergangenheit lagen und der Auseinandersetzung eine Provokation vorausgegangen war.

Die Richterin gestand dem Verurteilten eine "positive Sozialprognose" zu und setzte die achtmonatige Haftstrafe zu einer dreijährigen Bewährung aus. Sie folgte damit Staatsanwalt Florian Rink, der in seinem Plädoyer den angeklagten Sachverhalt als eindeutig bewiesen ansah. Verteidiger Jan Estorf hingegen plädierte auf eine Verurteilung wegen einfacher Körperverletzung und eine niedrige Geldstrafe. Möglich bei einer Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung sind laut Gesetz Haftstrafen von sechs Monaten bis zehn Jahren.

Richterin Nikol gab dem Verurteilten zu verstehen, dass er das milde Strafmaß nicht als Freifahrtschein missinterpretieren sollte: "Verstehen Sie dieses Urteil als Warnschuss", sagte sie bei der Urteilsverkündung. Dieser beteuerte sich zu versichern: "Von mir ist keine Gefahr mehr zu erwarten."