Immer mehr Privatleute bieten in Leipzig per Onlineportal ihre Wohnung für Feriengäste an. Eine Studie zeigt: In diesem Graumarkt liegt Leipzig bundesweit auf Platz 2.
Leipzig. Wohnen wie zu Hause, und das auch noch günstig: So werben Portale wie Airbnb, Wimdu oder 9flats um Reisende. Im Verhältnis zu konventionellen Übernachtungen hat sich Leipzig in diesem Graumarkt bundesweit auf Platz zwei katapultiert. Das legt jetzt eine aktuelle Erhebung des Immobilienentwicklers GBI offen.
Buchungen von Privatquartieren über Homesharing-Online-Portale werden in der amtlichen Statistik bisher nicht erfasst. Allein in Leipzig überlassen Privatleute mehr als 1300 Wohnungen zeitweise Feriengästen. Mehr als eine halbe Million Übernachtungen wurden auf diesem Weg in der Messestadt im Jahr 2015 gebucht, so die Graumarkt-Statistik.
179 Städte mit mindestens 50.000 Einwohnern wurden untersucht. Dabei berücksichtigt die Erhebung nur die Angebote kompletter Unterkünfte, nicht die Vermietung von Schlafstellen ohne eigenes Bad und WC. Bundesweit gehören laut GBI rund 14,5 Millionen Übernachtungen zu diesem Marktbereich. Damit entscheide etwa jeder elfte Städtereisende für ein Privatquartier.
Starke Privatquartier-Szene in Leipzig
In Leipzig wächst so die Übernachtungszahl von offiziell 2,83 Millionen im vergangenen Jahr auf rund 3,34 Millionen an. Ein sattes Plus von 17,9 Prozent, das nur noch von Berlin übertroffen wird. In der Hauptstadt liegt der Aufschlag auf die amtliche Statistik laut GBI-Analyse bei 20,2 Prozent. Hamburg folgt mit einem Plus von 15,7 Prozent auf Platz drei, dahinter München (plus 13,6 Prozent) und Köln (plus 10,8 Prozent). Dresden landet auf Platz sieben mit rund 300.000 Übernachtungen und einem Graumarkt-Plus von 7,2 Prozent.
„Leipzig wird als Reiseziel immer attraktiver“, so Analyse-Leiter Stefan Brauckmann. Gleichzeitig habe sich in der mitteldeutschen Metropole die Privatquartier-Szene viel stärker als in deutlich größeren Städten wie Frankfurt am Main oder Stuttgart entwickelt. Was die einen als günstiges Ferienquartier mit persönlichem Flair schätzen, hat für die Städte aber eine dunkle Kehrseite. So sinke durch die Vermietung an Städtereisende das Angebot kleiner Wohnungen für die Dauervermietung, so die GBI-Studie.
Berlin verhängt drakonische Strafen
Der Berliner Staatssekretär Engelbert Lütke-Daldrup, bis 2005 Baudezernent in Leipzig, will ab Mai verschärft gegen Privatquartiers-Vermieter vorgehen. Das Zweckentfremdungsverbot der Hauptstadt sieht Strafen bis zu 100.000 Euro vor, falls die Vermietung nicht durch eine Ausnahmegenehmigung gedeckt ist. Portale wie Airbnb müssen nach der Verordnung außerdem den Bezirksämtern Auskunft über Wohnungen für Touristen geben.
Auch in der wachsenden Stadt Leipzig wird der Wohnungsmarkt enger. Die Stadträte der Linksfraktion, von den Grünen und der SPD setzten sich im Herbst dafür ein, beim Bebauungsplanentwurf für die Leipziger City die Nutzung von bestehenden Wohnungen als Ferienwohnungen oder Boardinghäuser zu untersagen.
Airbnb-Manager: Brauchen einfache Regeln
Stefan Brauckmann ist skeptisch, dass rechtliche Verbote in der Praxis durchgesetzt werden können. Der Analyst des Immobilienentwicklers GBI schlägt alternative, preisgünstige Lösungen zur Entspannung der Lage vor. Vor allem Familien und Kleingruppen nutzen laut Studie die Online-Vermittlungsportale. Für diese könnten die in Deutschland wenig verbreiteten Hostels eine Alternative sein, so Brauckmann.
Airbnb-Manager Chris Lehane hält die Berliner Regelungen für „komplex und verwirrend“. Gegenüber dem Berliner Tagesspiegel sagte Lehane, die Verordnung von Lütke-Daldrup entspreche nicht „der Art und Weise, wie wir heute unser Zuhause nutzen“. International hätten bereits viele Städte verstanden, „dass sich das Teilen von Wohnraum - sei es ein freies Zimmer oder die ganze Wohnung, wenn man zum Beispiel im Urlaub ist - von anderen Unterkunftsarten unterscheidet und daher eigene, klare und einfach zu verstehende Regeln benötigt.“
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Von Evelyn ter Vehn