Wer glaubt nach den ganzen bisherigen Lügen eigentlich noch an die Mär vom “gerechten Krieg” in Afghanistan? General David Petraeus, verantwortlicher Militär und Leiter der CENTCOM, bezeichnet den Kampf in Marjah in der Provinz Helmand als eine “erste Salve” in einem auf 12 bis 18 Monate angesetzten Feldzug. Was wir gegenwärtig erleben, ist nur der Anfang der US-Offensive.
Petraeus stellte diese in “Meet the Press” vor und machte den Preis deutlich, den das US-Militär für “zweckmäßige Maßnahmen zu zahlen bereit” ist. Gemeint ist die Folter:
Ich habe seit 2003 immer wieder betont, wie wichtig es ist, unsere Werte zu leben und deutlich zu machen. Und ich denke, wann immer wir möglicherweise zweckmäßige Maßnahmen ergriffen haben, kehrten diese sich gegen uns um und haben uns in den Hintern gebissen. Wir entschieden uns frühzeitig in der 101. Airborne Division, zu betonen, wir hätten uns entschieden, die Genfer Konvention zu beachten, um so nach vorne zu kommen. Das steht, glaube ich, ehrlichen Elementen zu. Wir haben im Laufe der Jahre sehr hart gearbeitet, ja, um sicherzustellen, dass Elemente wie das Internationale Rote Kreuz-Komitee und anderen, die unser Verhalten gegenüber unseren Gefangenen zur Bedingung für eine Zustimmung zu unseren Maßnahmen machen, diese erteilen. Denn in den Fällen, in denen das nicht gelang, mussten wir am Ende einen Preis bezahlen, der es letztlich nicht wert war. Abu Ghraib und andere Situationen sind biologisch nicht abbaubar. Sie gehen nicht weg. Der Feind schlägt sie dem Central Command wie mit einem Stock um die Ohren.
Dies “unsere Werte leben” bedeutet offenbar auch, dass die USA/ NATO-Truppen zivile Opfer einkalkulieren, darunter die 27 Menschen, die bombardiert wurden, als sie in einem LKW-Konvoi vor den Kämpfen flohen.
Der britische Telegraph berichtete über die Verurteilung des NATO-Luftangriffes durch die afghanische Regierung und stellte fest, dass am vergangenen Donnerstag, in Folge eines Bombenangriff der NATO in der nördlichen Provinz Kundus, sieben afghanische Polizisten getötet wurden und am 15. Februar die NATO die Verantwortung dafür übernommen hat, dass fünf Zivilisten “versehentlich” getötet und zwei weitere bei einem Luftangriff im Süden Afghanistans verletzt wurden.
Während Petraeus versucht, die amerikanische Öffentlichkeit auf die Steigerung der Verluste bei den US-Truppen vorzubereiten, spielen die Opfer zahlen auf Seiten der afghanischen Bevölkerung, die wesentlich höher als die bei den Truppen sind, in der Regel übehaupt keine Rolle bei den US-Kriegsplanern, es sei denn, sie sind “biologisch nicht abbaubar”, oder der Feind “schlägt sie dem Central Command wie mit einem Stock um die Ohren”.
Kevin Gostzola setzt sich mit diesem menschenverachtenden Sprachgebrauch im Beitrag “Die Sprachlügen der Besetzung: Ermordete Zivilisten in Marjah sind Menschen, keine “menschlichen Schutzschilde” auseinander:
Militärs behaupten, zivile Opfer geschehen, weil die Taliban Zivilisten als “menschliche Schutzschilde” benutzen. Sie dienen als Quelle des Bösen trotz Beweisen und Berichten von Organisationen wie Amnesty International, die darauf hindeuten, dass es die US- und NATO-Streitkräfte sind, die mit wahllosen Angriffen beschäftigt sind. (Die genauso schlecht wie die Verwendung von Zivilisten als “Schutzschild” sind).
Es ist ungewiss, wie lange diese “Woge” dauern wird. USA und NATO scheinen gewillt zu sein, mit ihren eigenen Maßnahmen die illusionäre Rechtfertigung für Krieg und Besatzung in Afghanistan zu schaffen. Egal, wie lange dies dauert – die Zivilbevölkerung zahlt dafür den höchsten Preis.
Al Jazeera berichtet über das Leben der Menschen in der Umgebung: Zivilisten flüchten vor den Kämpfen in Marjah. “Wir haben alles verloren, wir haben nichts dabei, keine Decken auf denen wir schlafen könnten. Wir haben nur diese Schals die wir tragen, um uns zu bedecken.” (Video)
Larry Everest schlussfolgert zur Rolle der US-Besatzung in der Eskalation der Gewalt im Beitrag: “USA beginnen massive Offensive in Süd-Afghanistan”:
Die Position der USA in Afghanistan ist prekär. Der Krieg hat sich in das benachbarte Pakistan – ein wichtiger Verbündeter der USA – ausgeweitet, was dort zu einem wachsenden islamistischen Aufstand und der Vertiefung weiterer innen- und außenpolitischer Widersprüche führt. Und die USA sehen sich mit weiteren realen Hindernissen und Herausforderungen für ihre Dominanz im Nahen Osten, zum Beispiel Iran als auch weltweit, konfrontiert. Sie reagieren auf diese Herausforderungen mit der Eskalation der Gewalt gegen das Volk.
Wo ist die Empörung in den USA für die Opfer unter der Zivilbevölkerung? Auch dies sollte in dieser Woche bedacht werden, in der Friedensgruppen den 1.000sten US-Toten in Afghanistan erwarten.
Das beste Geschenk für die Menschheit wäre, eine Situation zu schaffen ähnlich wie die, die Menschen in den Niederlanden haben. Die niederländische Regierung brach an diesem Wochenende wegen der Widersprüche zur Stärke der niederländischen Truppen in Afghanistan auseinander. Ihre Truppen verlassen Afghanistan bis Ende dieses Jahres.
Auch wenn Präsident Obama europäische Regierungen weiter unter Druck setzt, damit diese mehr Truppen entsenden: Weltweit stellen sich die Menschen gegen die Besatzung und den Krieg. Und das sollten wir auch!
Quelle: Eigene Übersetzung eines Beitrages von Debra Sweet, National Director of World Can’t Wait