Nach der friedlichen Demonstration "Herz statt Hetze", wurden vor der Gauland-Veranstaltung in der Aula Alte Steige Parolen rufende Demonstranten von der Polizei abgedrängt. Vier Polizisten wurden dabei verletzt.
Alexander Gauland, stellvertretender AfD-Chef, war gestern Anlass für ein großes Polizeiaufgebot in Wertheim. Er kam auf Einladung von AfD Landtagskandidatin Dr. Christina Baum in den Main-Tauber-Kreis.
Die Bilanz dieses Gastspiels: 500 friedliche Demonstranten, 60 Polizeibeamte im Einsatz, etwa 40 Parolen Rufende vor der Aula Alte Steige, vier verletzte Polizisten und zwei als von der AfD als unerwünschte Beobachter aus der Halle gewiesene Journalisten - Katharina Gabel von den Fränkischen Nachrichten und ein Kollege von der Wertheimer Zeitung.
Punkt 17.30 Uhr setzte sich der Demonstrationszug vom Marktplatz aus in Richtung Hans-Bardon-Straße in Bewegung. "Rassismus und Rechtspopulismus sind keine Alternative", rufen etliche. Richard Diehm, Grünen-Stadtrat in Wertheim, hatte zuvor die Demo-Spielregeln erklärt und zu Friedfertigkeit aufgerufen.
Bei der Zwischenkundgebung spricht Silke Ortwein, DGB Regionssekretärin und Sprecherin von "Heilbronn sagt Nein" von "menschenverachtenden und zynischen" Äußerungen Gaulands. So sei in der Wochenzeitung "Die Zeit" zu den Flüchtlingsströmen zu lesen gewesen, dass man sich nicht einfach überrollen lassen könne. Einen Wasserrohrbruch dichte man auch ab. Zudem müssten die grausamen Bilder an den Grenzen ausgehalten werden. Mit Kinderaugen dürfe man sich nicht erpressen lassen.
Ortwein plädiert für die Einhaltung der Würde eines jeden Menschen als vornehmstes Grundrecht, weshalb Rassismus, Faschismus und Hetze nicht geduldet werden dürften.
Anton M. von der "Antirassistischen Initiative Wertheim" fordert, Probleme nicht mit Hass zu lösen. Er sei stolz, Deutscher zu sein, stolz, dass dieses Land Fremden eine neue Heimat biete. Doch deutsch zu sein, sei keine Leistung, sondern Glück. Dass die AfD die Ängste und Sorgen der Bürger missbrauche, mache ihn wütend. Anton M.: "Ich habe Angst um Deutschland."
Ein Sprecher der "Initiative Mergentheim gegen Rechts" unterstreicht, dass alle Demonstranten "kostenlos und aus purer Überzeugung auf die Straße gegangen sind" und erhält dafür viel Beifall. Bei der Abschlusskundgebung vor dem Rathaus sprechen die Landtagskandidaten Birgit Väth (Grüne), Ute Schindler-Neidlein (SPD) und Rolf Grüning (Linke) sowie die Pfarrer Jörg Herbert und Verena Mätzke. Väth wirft Gauland vor, sich äußerst geschickt um durchaus auch aus den eigenen Reihen geforderten Sanktionen gegen Björn Höcke geschifft zu haben. Damit zeige er "einen unerträglichen Mangel an Moral und Anstand."
Schindler-Neidlein spricht von der AfD als "rechtem Moloch" der umwelt-, frauen- und fremdenfeindlich sei. Grüning dankte der Polizei, die den Demonstrationszug vor "rechter Gewalt" geschützt habe. Die Vertreter der evangelischen Kirche setzen sich für Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und Menschenwürde ein.
"Haut ab, Rassisten-Pack", skandiert zu dieser Zeit eine Gruppe schwarz gekleideter Demonstranten vor dem Zugang zur Aula Alten Steige. Sie hatten sich vom offiziellen Demonstrationszug entfernt. Ihnen gegenüber formieren sich Polizisten, dahinter stehen einzelne Besucher der AfD-Veranstaltung. Die Stimmung ist angespannt. Polizeihunde bellen.
"Die sind vermummt, eingreifen", fordert ein Mann in Bomberjacke. "Hey komm, lass es", hält ihn ein anderer zurück. Es ist 18.30 Uhr und in einer halben Stunde soll Alexander Gauland auftreten. AfD-Anhänger beschweren sich bei den Polizisten, dass der Zugang versperrt sei. Nach und nach drängt die Polizei die Gruppe zurück. Man habe die Demonstranten nach dem Maß der Verhältnismäßigkeit zurückgedrückt, beschreibt Einsatzleiter Olaf Bamberger das Vorgehen. Er sei "sehr zufrieden mit dem Verlauf des Einsatzes", sagt er, nachdem die Demonstration aufgelöst ist. Zum Einsatz kamen auch zwei Hundeführer, anderes als in Unterbalbach habe man jedoch auf Pferde verzichtet. Diese wären für den Einsatzraum nicht geeignet gewesen. In Gewahrsam wurde niemand genommen. Vier Polizisten wurden beim Einsatz verletzt.
Während sich die Polizei draußen gegen die Demonstranten stemmt, füllt sich der große Saal der Aula Alte Steige. Doch nicht jeder ist hier willkommen - unter anderem FN-Redakteurin Katharina Gabel. Ordner teilen mit, dass die Reporterin "die Versammlung störe" und die Halle sofort verlassen solle. Als Grund nennen sie "negative Berichterstattung". Man habe die Redakteurin beobachtet, sie sei "von der linken Presse". Landtagskandidatin Christine Baum habe dies angeordnet.