Polizeinähe zu PEGIDA? Shitstorm gegen Dulig

Erstveröffentlicht: 
03.03.2016

Dresden - Alle gegen einen: Vize-Ministerpräsident Martin Dulig (42, SPD) erlebt gerade einen Shitstorm, wie es ihn im politischen Sachsen lange nicht mehr gegeben hat.

 

Der Politiker hatte in einem Zeitungsinterview der Polizei PEGIDA-Nähe unterstellt – angeblich. Denn genau genommen stellte er nur eine Frage.

Am schärfsten formuliert die Schelte CDU-Sachsen-General Michael Kretschmer (40).


„Wenn es Fälle gibt, wo Polizisten nicht loyal sind, müssten die angeschaut und besprochen werden. Aber hier ging es ja pauschal gehen die Polizei. Das ist nicht in Ordnung. Nicht für die Polizei, nicht für dieses Land. Wir schaden uns damit in einem Maße, wie man es nicht schlimmer sagen kann. Und wenn es dann noch eine Persönlichkeit aus der Staatsregierung macht, dann ist das nicht in Ordnung. Das ist unwürdig! Da gibt es genug andere Persönlichkeiten, denen es ansteht, für Klärung zu sorgen.“

 

Und Sachsens oberster Dienstherr der Polizei, Innenminister Markus Ulbig (51, CDU), zeigte sich „enttäuscht“, „auch menschlich“.

Zu den Vorwürfen selbst sagte er: „Unsere Polizei leistet seit Monaten unter schwierigsten Bedingungen eine hervorragende Arbeit. Selbstverständlich muss sich die Polizei auch Kritik gefallen lassen. Ich glaube aber auch, dass dies bei der Polizei sogar mehr und transparenter geschieht, als bei jeder anderen Berufsgruppe.“

 

Er lade Dulig gern ein, sich einmal vor Ort ein eigenes Bild „von der guten Arbeit der Polizisten“ zu machen. „Gerade in Sachen Aufklärung extremistischer Straftaten leistet unsere Polizei eine erfolgreiche Arbeit“, so Ulbig.

 

Was aber hatte Dulig genau gesagt. Laut „Zeit“ äußerte er: „Wir haben nicht nur ein quantitatives Problem bei der Polizei, sondern auch ein qualitatives. (…) Aber manchmal habe ich den Eindruck: Es gibt in der Polizei großen Nachholbedarf bei der interkulturellen Kompetenz – und bei der Führungskultur. Wenn von Bühnen herab Volksverhetzendes gerufen wird, warum stellt die Polizei dort nicht Personalien fest? Ich frage mich außerdem, ob die Sympathien für Pegida und die AfD innerhalb der sächsischen Polizei größer sind als im Bevölkerungsdurchschnitt.“

 

Zu diesen teils rhetorischen Ausführungen bemerkte Kretschmer: „Wir wissen alle, wie Fragen in der Politik eingesetzt werden.“

 

Die Frage sei doch, wie kommt es (das Gesagte) bei den Polizisten an. Kretschmer forderte: „Wir müssen daher das Gegenteil tun. Wir müssen der Polizei den Rücken stärken. Denn die sind das, mit häufig niedrigen Besoldungsgruppen, die da Tag für Tag da stehen, und drohen, zerrieben zu werden: Auf der einen Seite Sicherung von Demonstrationszügen. Von Leuten, die sich inhaltlich ablehnen. Gegen Demonstranten, die sie vielleicht eher unterstützen. Aber sie müssen sich in die Mitte stellen. Sie müssen auf der einen Seite Asylbewerber schützen, auf der anderen Seite müssen sie gegen Asylbewerber ermitteln, die möglicherweise kriminell werden. Das ist eine der schwierigsten Aufgaben, die es bei diesem Thema zur Zeit im Land gibt.“

 

Auch andere CDU-Köpfe äußerten sich – zum Teil reflexartig – zu Duligs Zeitungsinterview: So verteidigte der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Landtag, Frank Kupfer (53), die Polizei. Dem Radiosender MDR Info sagte er: "Ich finde, unsere Polizei macht einen sehr guten Job und die haben in den letzten Monaten wirklich viel, viel zu tun gehabt."

 

Auf Unverständnis stieß die Aussage auch bei Innenpolitiker Christian Hartmann (CDU), der selbst Polizist ist: "Die pauschale Verurteilung unserer sächsischen Polizei durch ein Mitglied des Kabinetts ist unangemessen und macht mich betroffen! Sachsens Wirtschaftsminister hat in seinem eigenen Ressort eigentlich genug zu tun und scheint vergessen zu haben, dass die Zuständigkeit für die Polizei bei unserem Innenminister Markus Ulbig liegt."

 

Hingegen kritisiert Die Linke die sächsische Polizeiführung. Ihr innenpolitischer Sprecher im Sächsischen Landtag, Enrico Stange (47), sagte bei MDR Info, dass der Fisch vom Kopf her stinke.

 

Das ganze Interview in der „Zeit“ gibt es auch online.