Der NSU-Untersuchungsausschuss im Landtag hat seine Arbeit abgeschlossen – doch Fragen bleiben offen. Darunter: Wie kamen die NSU-Terroristen darauf, in Heilbronn eine Polizistin zu ermorden?
Zum Abschluss des NSU-Untersuchungsausschusses im Landtag hat der Vorsitzende Wolfgang Drexler (SPD) vor neuen Gefahren durch Rechtsextremisten gewarnt. „Vieles erinnert uns heute an die rechte Gewalt der 1990er-Jahre“, sagte er am Donnerstag in Stuttgart auch mit Blick auf Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte. Damals hätten sich die mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe im Hass gegen Flüchtlinge radikalisiert.
Heute gebe es eine „gewaltige Zunahme“ rechtsextremer Straftaten. Die Sicherheitsbehörden gingen von einer wachsenden Gefahr durch einen neuen rechtsextremen Terrorismus aus. Und eine kleine, aber wachsende gesellschaftliche Minderheit radikalisiere sich. Die Hemmschwelle für Gewalt und schwere Straftaten sinke. „Das bedroht unsere Gesellschaft insgesamt.“ Drexler sprach sich dafür aus, nach der Landtagswahl ein neues Programm gegen Rechtsextremismus aufzulegen.
Schlampereien bei der Aufklärung im Fall Florian H.
Der Landtag nahm die Beschlussempfehlungen des Ausschusses einstimmig an. Damit sprach sich das Parlament auch dafür aus, im neuen Landtag einen zweiten NSU-Ausschuss einzusetzen, um zum Beispiel näher auf mögliche Verbindungen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) nach Baden-Württemberg eingehen. Eine zentrale Aussage des ersten Untersuchungsausschusses ist, dass die Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn wohl ein Zufallsopfer der Rechtsterroristen war. Kiesewetter war 2007 ermordet worden. Der Ausschuss schließt aber Mittäter oder Helfer in Baden-Württemberg nicht aus.
Das Gremium hat sich unter anderem auch mit der Mitgliedschaft zweier Polizisten im rassistischen Geheimbund Ku-Klux-Klan (KKK) und dem Tod des ehemaligen Neonazis Florian H. beschäftigt, der behauptet hatte, er kenne Kiesewetters Mörder. Florian H. wurde im Herbst 2013 tot in seinem Wagen gefunden. Der Ausschuss geht - wie die Polizei - von Suizid aus, deckte aber Schlampereien bei den Ermittlungen auf. Drexler mahnte auch mit Blick auf den KKK: „Es darf keine Form politisch motivierter Kriminalität und keine Form extremistischen Gedankenguts in unseren Sicherheitsbehörden bagatellisiert werden.“
Auch Grünen-Obmann Jürgen Filius sagte: „Rechtes Gedankengut darf nicht verharmlost werden, nur, weil es die eigenen Kollegen sind.“ CDU-Obmann Matthias Pröfrock meinte, der Untersuchungsausschuss habe mehr geleistet, als manche ihm vorher zugetraut hätten. SPD-Obmann Nikolaos Sakellariou sagte, zu den offenen Fragen gehöre, warum die NSU-Terroristen ausgerechnet die Theresienwiese in Heilbronn für ihren Anschlag auf die Polizisten aussuchten. Wenn es Helfer in Baden-Württemberg gegeben habe, liefen diese heute noch frei herum. FDP-Obmann Ulrich Goll mahnte angesichts diverser Spekulationen, die zum NSU-Komplex im Umlauf sind, sich an die Fakten zu halten.