12.02.2010 Berliner Psychiatrie-Erfahrene - Auseinandersetzung mit der Böll-Stiftung

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Die Demo vor der Böll-Stiftung erfolgreich!

Die Geschäftsführerin der "Heinrich Böll Stiftung", Frau Dr. Birgit Laubach, hat sogar noch einen kläglichen Versuch der Einlenkung auf Parkett gelegt - wohlgemerkt nach der Demo und der Veröffentlichung Briefes an die Stiftung!
Hier die Dokumentation der Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener veröffentlicht: http://www.die-bpe.de/Boell_Stiftung.html

 



Ablauf in umgekehrt chronologischer Folge:

Unser Antwort auf die E-Mail von Dr. Laubach, zu der sich die Böll Stiftung nicht mehr geäußert hat:

Betreff: Re: Ihre Anfrage
Datum: Sun, 07 Feb 2010 22:06:17 +0100
Von: die BPE <die-bpe@gmx.de>
An: Birgit Laubach
CC: Annette Maennel


Sehr geehrte Frau Dr. Laubach,

Dr. Birgit Laubach schrieb am 1.2. um 19:10 Uhr:

Sehr geehrter Herr Talbot,
sehr geehrter Herr Pankow,
   
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 21. Januar 2010.
   
Bei der Veranstaltung "Rationalisierung, Priorisierung und Rationierung in der Psychiatrie" am 2.2.2010 handelt es sich um eine Vermietung. Die Heinrich-Böll-Stiftung kooperiert weder mit dem Mieter, noch macht sie sich seine Inhalte zu eigen. Im Rahmen von Vermietungen übernehmen wir keinerlei Verantwortung für die Inhalte von Veranstaltungen.
   
Wir kennen und achten die Bestrebungen Ihres Vereines. Bitte haben Sie jedoch Verständnis, dass - schon aus rechtlichen Gründen - eine Revidierung der Zusage, die Räumlichkeiten zu vermieten, für uns nicht möglich ist.
   

Ihre Antwort, 5 Stunden nachdem wir unseren Brief an Sie als offenen Brief bzw. E-Mail bekannt gemacht haben, wirft zwei Fragen auf:

a) Sie behaupten: Im Rahmen von Vermietungen übernehmen wir keinerlei Verantwortung für die Inhalte von Veranstaltungen.
Damit erklären Sie, dass bei Ihnen jede/r, der zahlt, mieten kann, sei es z.B. ein Kameradschaftsverband der Waffen SS oder eine Wehrsportgruppe und sei es für eine antisemitische Geschichtsrevisionskonferenz oder eine Atom- oder Waffen-Lobby Veranstaltung.
Wenn Sie nun auf einmal behaupten sollten, da Stuss geschrieben zu haben, dann sind Sie uns eine triftige Erklärung schuldig, warum Sie an einen Verband von
Psychiatern  - staatlich geschützte Verbrecher - die Räume vergeben haben.

b) Sie behaupten: dass - schon aus rechtlichen Gründen - eine Revidierung der Zusage, die Räumlichkeiten zu vermieten, für uns nicht möglich ist.
Ihre unterwürfigste Hochschätzung für einen Psychiaterverband könnte nicht drastischer ausfallen, als durch ihre Behauptung, es gäbe ein Gesetz, dass dieser Verband die Räume nutzen kann.
Bei anderen Vermietungen wäre es ein Vertrag, der bei einer nicht im Nutzungsvertrag vorgesehenen Kündigung Schadensersatzpflichten ausgelöst hätte.
Welches spezielle Sondergesetz für die Psychiatervereinigung wähnen Sie da, oder ist das Haus der Böll-Stiftung etwa ganz unvermutet zu psychiatrischem Hoheitsgebiet mutiert?
Bitte klären Sie uns auf.

Hochachtungsvoll
Rene Talbot   und Uwe Pankow
(für den Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener)

Kopie an andere öffentlich bekanntgegebene E-Mail Adressen der Böll-Stiftung
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Betreff: Ihre Anfrage
Datum: Mon, 01 Feb 2010 19:09:44 +0100
Von: Birgit Laubach
An: <die-bpe@gmx.de>

CC: Annette Maennel


Sehr geehrter Herr Talbot,
sehr geehrter Herr Pankow,
 
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 21. Januar 2010.
 
Bei der Veranstaltung "Rationalisierung, Priorisierung und Rationierung in der Psychiatrie" am 2.2.2010 handelt es sich um eine Vermietung. Die Heinrich-Böll-Stiftung kooperiert weder mit dem Mieter, noch macht sie sich seine Inhalte zu eigen. Im Rahmen von Vermietungen übernehmen wir keinerlei Verantwortung für die Inhalte von Veranstaltungen.
 
Wir kennen und achten die Bestrebungen Ihres Vereines. Bitte haben Sie jedoch Verständnis, dass - schon aus rechtlichen Gründen - eine Revidierung der Zusage, die Räumlichkeiten zu vermieten, für uns nicht möglich ist.
 
Mit besten Grüßen,
 
Dr. Birgit Laubach
 
Geschäftsführung
Heinrich-Böll-Stiftung
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1.2.2010, 14 Uhr: Brief an alle Grünen Bundestagsabgeordnenten und alle Grünen Mitglieder des Abgeordnetenhauses Berlin, sowie E-Mail an öffentlich bekanntgegebene E-Mail Adressen der Böll-Stiftung:

Zu Ihrer Information unten unser Brief vom 21.1.2010 an Geschäftsführung und Vorstandsvorsitzende der Böll Stiftung, den wir nun nach Ablauf des 31.1.2010 als offenen Brief veröffentlichen, da wir von der Böll Stiftung keine Antwort bekommen haben. Damit ist endgültig klargestellt: es hat sich bei der Raumvergabe der Böll Stiftung nicht etwa um einen bedauerlichen Irrtum gehandelt, sondern um eine politisch mutwillige Entscheidung zugunsten staatlich geschützter Verbrecher.

Wir können an dieser Stelle nur mutmaßen, was zu diesem Seitenwechsel geführt hat:
Endlich wollen auch die Grünen auf der Seite der Täter stehen, wahrscheinlich, weil sie die Angst umtreibt, dass wieder Selektionen drohen und sie bei fortgesetzter Solidarität mit den als angeblich „geisteskrank“ Verleumdeten bei der nächste Vernichtungsaktion der Ärzte auch gemeint sein könnten (die Psychiater hätten da speziell für Grüne z.B. die „Orthorexia nervosa“ auf Lager)

Falls Sie persönlich diesem menschenrechtsverachtendem Kurs der Grünen eine registierbare Absage erteilen wollen, freuen wir uns, Sie bei unserer Demonstration vor der Böll Stiftung morgen, 2.2. von 9.30 Uhr – 11.15 Uhr begrüßen zu können. Sie steht unter dem Motto:

                                       Psychiater – staatlich geschützte Verbrecher

Mit freundlichen Grüßen
Rene Talbot und Uwe Pankow
(für den Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener)
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                                              Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener e.V.

       Offener Brief:

                                                                                                            Geschäftsstelle:
                                                                                        Haus der Demokratie und Menschenrechte
                                                                                                        Greifswalder Straße 4
                                                                                                               10405 Berlin
                                                                                                           Fax: 030-7828947
                                                                                                            die-bpe@gmx.de
                                                                                                             www.die-bpe.de

       Ralf Fücks, Barbara Unmüßig, Birgit Laubach
       Heinrich-Böll-Stiftung e.V.
       Schumannstr. 8
       10117 Berlin

                                                                                                   Donnerstag, 21. Januar 2010

       Sehr geehrte Frau Laubach,
       Sehr geehrte Frau Unmüßig,
       Sehr geehrter Herr Flücks,

       mit Entsetzen haben wir erfahren, dass die Böll Stiftung nun ganz offen die verbrecherische Zwangspsychiatrie, ein Kerkersystem mit Folterregime
       (Michel Foucault), aktiv unterstützt: am 2.2. stellen Sie um 10 Uhr der Psychiatervereinigung DGPPN Ihre Räume für eine Pressekonferenz zur
       Verfügung, gefolgt von einem sog. „Hauptstadtsymposium“ zum Thema „Rationalisierung, Priorisierung und Rationierung in der Psychiatrie“ von
       11-18 Uh

       In den 80er Jahren hatte es noch eine enge Zusammenarbeit mit den Betroffenen gegeben, siehe z.B.

       www.antipsychiatrie.de/io_01/antipsy_programm.htm,
       die auch in den 90ern noch bestand, als von Alice Ströver und Andrea Fischer aktiv ein „Haus des Eigensinns“ als T4 Gedenkstätte für den
       systematischen ärztlichen Massenmord von 1939 – 1949 gefördert wurde www.dissidentart.de/eigensinn und die Böll Stiftung 1998 das Foucault Tribunal
       finanziell und 2001 das Russell Tribunal zur Frage der Menschenrechte in der Psychiatrie ideell förderte – das Urteil des Tribunals wurde zusammen mit
       Lisa Paus im Abgeordnetenhaus verkündet. Im Jahr 2003/4 hat noch Frau Anne Lütkes als Justizministerin in Schleswig Holstein großartige und
       erfolgreiche Unterstützung bei der Verhinderung der ambulanten Zwangsbehandlung geleistet.

       Inzwischen hat nun die Grüne Partei wie deren Stiftung aber ganz offen die Seiten gewechselt: Frau Fischer ist eine bezahlte Pharmawerbeagentin
       geworden und MdB Markus Kurth wurde zum behindertenpolitischen "Geisterfahrer", der sich in reaktionärster Weise gegen die Selbstbestimmung
       entschieden hat, indem er sowohl gegen die nun endlich beschlossene Gesetzgebung zur Patientenverfügung gestimmt haben, wie für eine Ratifizierung der
       UN- Behindertenrechtskonvention ohne gleichzeitige Beendigung des psychiatrischen Zwangs als Betrug auf offener Bühne. Die Chronik dieses Betrugs
       können Sie hier nachlesen: www.zwangspsychiatrie.de/kampagnen/chronik-eines-betrugs

       Dem Fass die Krone ins Gesicht schlägt aber nun die Böll Stiftung, indem sie ihre Räume den führenden Köpfe der Zwangspsychiatrie für ihre
       „Hauptstadt“-Propaganda zur Verfügung stellt, obwohl seit dem 1.1.2009 mit Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention alle, die in einer
       Geschlossenen arbeiten, Verbrecher sind, weil spätestens seit diesem Datum Körperverletzung und Freiheitsberaubung an angeblich "psychisch Kranken"
       auch nach bundesdeutschem Recht genauso ein Verbrechen sind, wie bei nicht so Verleumdeten. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte hat in
       seiner Erklärung vom 26.1.2009 zur Behindertenrechtskonvention unmissverständlich klargestellt, dass die Sondergesetze für angeblich "psychisch
       Kranke", die die Anwendung von Zwang und Gewalt erlauben, illegal sind und folglich mit der Ratifizierung der Konvention Gewalttätigkeiten des
       psychiatrischen Personals und aller anderer, die in einer geschlossenen Psychiatrie arbeiten, Verbrechen sind. Wir nennen diese Leute entsprechend
       staatlich geschützte Verbrecher.

       Prof. Wolf-Dieter Narr hat am 8.5.2009 an über 1400 Psychiatrien bzw. Chefärzte psychiatrischer Einrichtungen ein entsprechendes Fax zur Information
       gesendet - (siehe pdf in der Anlage und die Dokumentation der folgenden E-Mail Korrespondenz mit Prof. Heinz Häfner siehe unten).

       Wir können nicht ausschließen, dass der von uns konstatierte Seitenwechsel bei Ihnen auf einem Irrtum beruhte, und nur ein Mangel an Information zu der
       Entscheidung der Böll Stiftung geführt hat, den dieses Schreiben nun beseitigt.

       Wir fordern Sie deshalb auf, diese Raumvergabe sofort rückgängig zu machen und die Gelegenheit zu nutzen, Ihren schweren Irrtum zu revidieren.

       Gerne hören wir von Ihnen bis zum 31.1., wie Sie sich entschieden haben.

       Hochachtungsvoll
       gez: René Talbot gez: Uwe Pankow
       (für den Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener)
       Originale an: Ralf Fücks, Barbara Unmüßig, Birgit Laubach
       Kopie an: Alice Ströver, Lisa Paus, Anne Lütkes

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Prof. Wolf-Dieter Narr hat am 8.5.2009 an über 1400 Psychiatrien bzw. Chefärzte psychiatrischer Einrichtungen ein Fax gesendet
(hier ein pdf dieses Schreibens).
Eine Antwort darauf von Prof. Dr. Dr. Dres. h.c. Heinz Häfner, Initiator des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim,
erwidert Prof. Wolf-Dieter Narr mit folgender E-Mail. Prof. Narr hat uns eine Kopie dieser Mail zukommen lassen. Danke!
-------- Original-Nachricht --------
Betreff: Re: Ihr Schreiben vom 8. Mai 2009 an Prof. maier / UN-Konvention, Artikel 14, vom 13.12.2006 "Zwangspsychiatrie"
Datum: Tue, 16 Jun 2009 12:52:51 +0200
Von: Wolf-Dieter Narr
An: Heinz Haefner
CC: A. Heinz, F. Schneider, I. Hauth, K.-H. Beine, Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener

An: Heinz Haefner

CC an: A. Heinz, F. Schneider, I. Hauth, K.-H. Beine
Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener


Sehr geehrter Herr Kollege Häfner,

Sie antworteten auf mein Fax:

Sehr geehrter Herr Kollege Narr,

wenn Sie sich couragiert und gewissenhaft mit den Auswirkungen der zitierten Stelle auf die rechtlichen Voraussetzungen zur Anwendung von Freiheitsentzug in der Psychiatrie beschäftigen, so ist Ihre Adresse der Rechtsetzende Gesetzgeber. In diesem Fall sind das, wie Sie in Ihrem Brief auch festhalten, die Länder der Bundesrepublik Deutschland.

Es ist nicht Ihre Aufgabe, anstelle des Gesetzgebers den Anwendern gesetzlicher Regelungen, hier den verantwortlichen Leitern Psychiatrischer Krankenhäuser und vergleichbarer Einrichtungen, Rechtsetzende Weisungen mit Sanktionsandrohungen zu geben. In Sonderheit scheint es mir empfehlenswert, Ihre Sätze „Die PsychKGe sind ‚intrinsically discriminatory’ und ‚unlawfull law’... Sie machen sich also eines Verbrechens schuldig, wenn Sie Gewalt ausübend Menschen in der Psychiatrie einsperren.“ unter Beachtung der Rechtslage noch einmal kritisch zu reflektieren.

Ihre an die Leiter Psychiatrischer Einrichtungen gerichtete Aufforderung, auch rechtlich begründete und ärztlich gebotene Handlungen mit Freiheitseinschränkungen umgehend abzuschaffen bzw. zu beenden und im anderen Falle eine kurze Begründung vorzulegen, weshalb sie Ihrer rechtlich nicht vertretbaren Forderung nicht Folge leisten wolle, ist mir schwer nachvollziehbar. Eine exekutive Kompetenz kommt Ihnen zweifellos nicht zu.

Eine sorgfältige Lese der von Ihnen zitierten Bestimmung hätte Ihnen die Einsicht vermittelt, dass damit die menschenrechtlich abgestützte Pflicht zur Milderung oder Heilung menschlichen Leidens nicht nur der psychisch Kranken sondern auch der psychisch Behinderten nicht in Frage gestellt wird. Lediglich eine willkürliche Freiheitsentziehung ausschließlich wegen Behinderung wird aus guten Gründen in keinem Fall als gerechtfertigt bezeichnet.

Eine abwägende Betrachtung der Tatsache, dass Freiheitsentziehung bei nicht einwilligungsfähig psychisch Kranken, die zu ihrem eigenen Schutz oder zum Schutz der Gesellschaft behandlungsbedürftig sind, in Übereinstimmung mit den jeweils geltenden Gesetzen erfolgen darf und muss, fehlt in Ihrem Text.

In meinem Schreiben vom 8.3. verwies ich auf die UN-Konvention, also das Dokument einer Institution, die von den Staaten der Welt dafür geschaffen wurde, Regeln zu geben, die für alle Menschen verbindlich sind. Man könnte diese das Grundgesetz für die Menschheit nennen.
Sie stimmen mit meinem Verständnis von dieser Konvention nicht überein. Aber was ist das richtige Verständnis? Ist es Ihres? Da es meinem Verständnis widerspricht, meine ich, sollte für die Interpretation des Textes an erster Stelle die Institution, die ihn ausgearbeitet hat, also die UN selbst, zu Rate gezogen werden. In diesem Fall speziell der Abschnitt eines Dokuments des Hochkommissariats für Menschenrechte, das am 26.1.2009 der UN-Vollversammlung übergeben worden ist und das sich zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte von Behinderten mit der Behindertenrechtskonvention beschäftigt. Offensichtlich sind Fragen zu dem richtigen Verständnis der Konvention bereits an die Vereinten Nationen gerichtet worden. Deshalb hat die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Dr. Navanethem Pillay, für die UN-Vollversammlung eine detaillierte Erläuterung der Fragen gegeben, die im Zusammenhang mit dem Thema meines Schreiben an Sie entstanden sind:
http://www2.ohchr.org/english/bodies/hrcouncil/docs/10session/A.HRC.10.4...

Sie geht in Ihrem Bericht ausdrücklich, wie Sie auf den Seiten 15 und 16 sehen können, auf das Thema der Einsperrung "ausschließlich" auf Grund einer Behinderung ein, auf das Sie sich in dem vierter Absatz Ihrer Antwort berufen. Sie schreibt dazu:

"Während der Ausarbeitung des Übereinkommens wurden die Vorschläge verworfen, die das Verbot der Inhaftierung auf die Fälle von "nur" Behinderung begrenzen wollten."

Ich füge sowohl das englische Original der Abschnitte 47., 48. und 49. unten bei, wie auch eine deutsche Übersetzung. Sie dokumentieren die Abkehr von der UN Resolution Nr. 46/119 vom 17. Dezember 1991. Besonders bemerkenswert die klare Erklärung zur Illegalität des § 63 StGB (" the insanity defense"), wie sie schon in der Hamburger Dissertation von Annelie Prapolinat zum Dr. jur. am Fachbereich Rechtswissenschaften aus dem Jahr 2004 nachgewiesen wurde. Ihr Titel (im Internet zu finden): „Subjektive Anforderungen an eine ´rechtswidrige Tat´ bei § 63 StGB“.

Ich setze darauf, dass die psychiatrische Profession die Konvention nicht nur mit Respekt behandelt, sondern aus deren mustergültigen Veränderungen Lehren zieht.

Aus einer Antwort auf meine Umfrage bei Ihren Kollegen ist dieser Prozess, um zu denken und anders zu handeln, schon abzulesen. Ich zitiere mit Einverständnis von Dr. Wolf Müller, Chefarzt in Bünde:

       Die UN-Behindertenrechtskonvention halte ich für ein wichtiges Dokument. Seit langem spreche ich mich gegen
       geschlossene Stationen im vollstationären psychiatrischen Bereich aus. Es gibt zahlreiche Kliniken in der BRD die
       trotz Pflichtversorgung offen geführt werden. Suizide, Entweichungen sind dort eher seltener. Zwang in jeder
       Hinsicht ist traumatisierend, psychische Erkrankung hat meist eine Traumatisierung als wichtige Ursache. Gewalt
       ist retraumatisierend, untherapeutisch.
       Die meisten Patientinnen kommen über das Trauma einer Fixierung nie hinweg. ....

       Die Psych-KG's in der BRD müssten entsprechend überarbeitet werden.

       Es ist ein leider vielen nicht bekannter Skandal, dass „massenweise" Betroffene unter gesetzliche Betreuung
       gestellt werden, oft mit dem fadenscheinigen Argument einer möglichen Chronifizierung - als würde nicht gerade
       Gewalt und unsere schlechten Therapien die Chronifizierung verursachen. Über die Betreuung wird dann oft, die
       strengen Vorschriften des Psych-KG umgehend, eine Zwangseinweisung, Zwangsbehandlung mit notfalls
       Fixierung, veranlasst und ermöglicht.
       Es wäre hilfreich, wenn Sie hier aufklärend tätig werden könnten.

Offensichtlich werden gerade die Zwangsmaßnahmen von Ihrem Kollegen als Ärzte induzierte Krankheit verstanden!

Eine Kopie dieses Schreibens geht an den Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie sowie an die Vorsitzenden der Lehrstuhlinhaberkonferenz für Psychiatrie, der Bundesdirektorenkonferenz und der Konferenz der Leiter Psychiatrischer Abteilungen.

Da Sie den Kreis derer erweitert haben, die Ihre Antwort zu lesen bekommen haben, möchte auch ich nun den Kreis derer erweitern, denen unsere Korrespondenz teil werden soll. Entsprechend geht eine Kopie dieses Schreibens an:
den Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, F. Schneider
den Vorsitzenden der Lehrstuhlinhaberkonferenz für Psychiatrie, A. Heinz
den Vorsitzenden der Bundesdirektorenkonferenz I. Hauth
den Vorsitzenden der Konferenz der Leiter Psychiatrischer Abteilungen, K.-H. Beine
die Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener

Mit freundlichen Grüßen
Wolf-Dieter Narr


PS: Gestatten Sie mir den gewiss fachbornierten, wenn Sie gestatten ins Wasser der Ironie getunkten Hinweis. Sie legen in Ihrem Brief vor allem am Beginn großen Wert auf die Trennung der Gewalten. Statt mich an den Gesetzgeber zu wenden, adressierte ich Sie und Ihresgleichen. Leider irren Sie. Der Gesetzgeber ist nicht dazu da, für die Implementation der Gesetze zu sorgen. Das sollen die Exekutive, die vom Gesetz gemeinten Institutionen und nicht zuletzt die Bürgerinnen und Bürger tun. Sie als Vertreter einer psychiatrischen Institution sollen also korrekt handeln und dürfen nicht darauf warten, bis der Gesetzgeber Sie zurückpfeift. Sie sind es, die an erster Stelle, gottseidank auch und gerade für Sie, für Ihr Verhalten verantwortlich sind. Diese I h r e Verantwortung können Sie niemandem abschieben. Sie sollten, wenn ich mich ausnahmsweise selbst loben darf, für Bürgerinnen und Bürger wie meine Wenigkeit vielmehr dankbar sein, wenn sie Sie auf Ihren menschenrechtswidrigen Irrtum aufmerksam machen. Damit gerate ich übrigens auch nicht, wenn Sie mich in der wichtigen Lehre der Gewaltenteilung fortfahren lassen, in die Gefahr, mir Funktionen der politischen Exekutive anzumaßen. Gewiss, ich würde Sie und Ihresgleichen gern dazu anhalten, menschenrechtskonform zu handeln. Zwingen indes wollte ich
Sie gerade nicht.

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47. In the area of criminal law, recognition of the legal capacity of persons with disabilities requires abolishing a defence based on the negation of criminal responsibility because of the existence of a mental or intellectual disability.41 Instead disability-neutral doctrines on the subjective element of the crime should be applied, which take into consideration the situation of the individual defendant. Procedural accommodations both during the pretrial and trial phase of the proceedings might be required in accordance with article 13 of the Convention, and implementing norms must be adopted.

5. Right to liberty and security of the person
48. A particular challenge in the context of promoting and protecting the right to liberty and security of persons with disabilities is the legislation and practice related to health care and more specifically to institutionalization without the free and informed consent of the person concerned (also often referred to as involuntary or compulsory institutionalization). Prior to the entrance into force of the Convention, the existence of a mental disability represented a lawful ground for deprivation of liberty and detention under international human rights law.42 The Convention radically departs from this approach by forbidding deprivation of liberty based on the existence of any disability, including mental or intellectual, as discriminatory. Article 14, paragraph 1 (b), of the Convention unambiguously states that “the existence of a disability shall in no case justify a deprivation of liberty”. Proposals made during the drafting of the Convention to limit the prohibition of detention to cases “solely” determined by disability were rejected.43 As a result, unlawful detention encompasses situations where the deprivation of liberty is grounded in the combination between a mental or intellectual disability and other elements such as dangerousness, or care and treatment. Since such measures are partly justified by the person’s disability, they are to be considered discriminatory and in violation of the prohibition of deprivation of liberty on the grounds of disability, and the right to liberty on an equal basis with others prescribed by article 14.

49. Legislation authorizing the institutionalization of persons with disabilities on the grounds of their disability without their free and informed consent must be abolished. This must include the repeal of provisions authorizing institutionalization of persons with disabilities for their care and treatment without their free and informed consent, as well as provisions authorizing the preventive detention of persons with disabilities on grounds such as the likelihood of them posing a danger to themselves or others, in all cases in which such grounds of care, treatment and public security are linked in legislation to an apparent or diagnosed mental illness....

41 Often referred to as “insanity defence”.
42 See for reference the Principles for the Protection of Persons with Mental Illness and the Improvement of Mental Health Care, A/RES/46/119, available at:
http://www.un.org/documents/ ga/res/46/a46r119.htm.
43 In the course of the third session of the Ad Hoc Committee on a Comprehensive and Integral International Convention on the Protection and Promotion of the Rights and Dignity of Persons with Disabilities, proposals were made to add the word “solely” to then draft article 10, paragraph 1 (b), so it would read “any deprivation of liberty shall be in conformity with the law and in no case shall be based solely on disability.
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47. Im Bereich des Strafrechts erfordert die Anerkennung der Rechtsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen die Abschaffung der Verteidigung auf der Grundlage der Negation strafrechtlicher Verantwortung aufgrund des Vorliegens einer psychischen oder geistigen Behinderung. 41 Stattdessen müssen behinderungsunabhängige Maßstäbe für das subjektive Element von Straftaten mit der Berücksichtigung der Situation der einzelnen Beschuldigten angewandt werden. Wenn Untersuchungshaft vor oder während des Strafverfahrens in Übereinstimmung mit Artikel 13 des Übereinkommens erforderlich sein sollte, müssen die gesetzlichen Regelungen entsprechend angepasst werden.

48. Eine besondere Herausforderung im Rahmen der Förderung und des Schutzes des Rechts auf Freiheit und Sicherheit der Menschen mit Behinderungen ist die
Gesetzgebung und die Praxis im Bezug auf die Gesundheitsversorgung und insbesondere zur Unterbringung ohne die informierte Zustimmung der betroffenen Person (oft auch als unfreiwillige oder erzwungene Unterbringung bezeichnet). Bevor die Konvention in Kraft getreten ist, war die Existenz einer geistigen oder psychischen Behinderung im Rahmen internationaler Menschenrechte ein rechtmäßiger Grund für die Entziehung der Freiheit und Einsperrung.42 Das Übereinkommen wendet sich radikal von diesem Ansatz dadurch ab, dass jeder Freiheitsentzug auf der Grundlage der Existenz einer Behinderung, einschließlich einer psychischen oder geistigen Behinderung, als diskriminierend verboten ist. In Artikel 14 Absatz 1 (b) des Übereinkommens heißt es unmissverständlich, dass "das Vorliegen einer Behinderung in keinem Fall eine Freiheitsberaubung rechtfertigt". Während der Ausarbeitung des Übereinkommens wurden die Vorschläge verworfen, die das Verbot der Inhaftierung auf die Fälle von "nur" Behinderung begrenzen wollten43 [Anmerkung Wolf-Dieter Narr: Genau diese verworfenen Vorschläge haben Sie als Vorwand für Ihre Argumentation genommen]. Dies hat zur Folge, dass rechtswidrige Einsperrung auch die Situationen umfasst, in denen der Entzug der Freiheit mit einer Kombination von einer psychischen oder geistigen Behinderung und andere Elemente wie Gefährlichkeit oder der Betreuung und Behandlung begründet wird. Da diese Maßnahmen teilweise durch die Behinderung einer Person gerechtfertigt werden, sind sie diskriminierend und verletzen das Verbot eine Freiheitsentziehung

49. Gesetzgebung, die zur Unterbringung von Menschen mit Behinderungen aufgrund ihrer Behinderung ohne ihre freie und informierte Zustimmung ermächtigt, muss abgeschafft werden. Das muss sowohl die Abschaffung der Gesetzgebung umfassen, die die Unterbringung von Personen mit Behinderung ohne deren freie und informierte Zustimmung legalisiert, als auch die Abschaffung von Gesetzen, die die Schutzhaft von Menschen mit Behinderung in Fällen wie der Wahrscheinlichkeit, eine Gefahr für sich selbst oder für andere zu sein und in allen Fällen, in denen die Fürsorge, die Behandlung oder die öffentliche Sicherheit mit einer vermuteten oder diagnostizierten psychischen Krankheit verbunden wird, legalisieren....

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41 im Englischen als "insanity defence" bezeichnet.
42 Siehe als Verweis die „Grundsätze für den Schutz von Personen mit psychischen Erkrankungen und der Verbesserung der psychischen Gesundheit“, A/RES/46/119, im Internet unter: http://www.un.org/documents/ga/res/46/a46r119.htm .
43 Im Laufe der dritten Sitzung des Ad-hoc-Ausschuss über eine umfassende und integrative Internationale Behindertenrechtskonvention zum Schutz und der Förderung der Rechte und der Würde von Menschen mit Behinderungen wurden Vorschläge gemacht, das Wort "alleine" in den Entwurf des damals als Artikel 10 Absatz 1 (b) bezeichenten Artikels einzufügen, der dann gelautet hätte: "Jede Freiheitsberaubung darf nur im Einklang mit dem Gesetz erfolgen und sie darf in keinem Fall alleine auf Behinderung beruhen."



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