MS: Gewalt-Täter benennen – Täter handlungsunfähig machen

Gewaltttäter benennen

Täter: weiß; männlich; 50 Jahre (Schätzung); kurze Haare bis Glatze; Inhaber des Geschäfts „Hartmann Walter Weinhandlung“ (Maximilianstraße 30; 48147 Münster)

 

Gedächtnisprotokoll verfasst am: Fr, 22.01.2016: 04:20 Uhr geschehen am: Do, 21.01.2016 – 19:24 Uhr

  • Ich stehe an der Ampel (Ecke Maximilianstraße/Kanalstraße) direkt vor dem Weingeschäft „Hartmann Walter Weinhandlung“ Ich klebe einen „Bleiberecht-für-Alle“-Aufkleber auf die Ampel
  • Plötzlich erscheint rechts neben mir ein Mann und reißt den Sticker voll Wut wieder ab und schreit mich an  
  • Was mir denn einfalle, hier Sticker zu verkleben? „Kleb dir den doch selbst auf den Rücken!“ (mehrfach wiederholt)
  • Mit diesen Worten schlägt er mir mit voller Kraft auf den Rücken Ich drehe mich völlig perplex zu ihm um und schreie ihn an
  • „Egal wie sie dieser Sticker abfuckt, sie dürfen mich nicht anfassen und schlagen!“
  • Wie könne er es wagen? Wegen eines Stickers?
  • Er schreit mich einfach weiter an Er reiße mir gleich den Ring aus der Nase (Piercing - Drohung mehrfach wiederholt)
  • Daraufhin schreie ich ihn an, dass er aufhören soll, mir zu drohen (auch mehrfach wiederholt)
  • Weil es mir wirklich zu bunt wird und ich denke, dass dieser Mann ziemlich unberechenbar und gewalttätig rüberkommt, gehe ich in den Weinladen um Hilfe zu holen und rufe: „Hallo? - Ist da jemand?“
  • Plötzlich steht der Mann auch im Weinladen und mir wird klar, dass es wohl sein Laden sein muss (scheiße gelaufen – Hilfe werde ich hier wohl nicht bekommen – im Gegenteil)
  • Er geht an mir vorbei und schreit weiterhin, dass er mir gleich den Ring aus der Nase reißen würde Fluchtartig versuche ich den Laden zu verlassen, doch bevor ich durch die Tür komme, schubst er mich gewaltvoll aus dem Laden
  • Ich dachte, die Sache wäre erledigt und stehe erstmal fassungslos an besagter Ampel
  • Der Mann kommt wieder raus und anscheinend passt es ihm nicht, dass ich noch dort stehe
  • Er droht mir weiterhin und sagt, ich könne ja die Polizei rufen, er seie ja im Recht (Nein. Gewalt ist auch gesetzlich in diesem Fall nicht und niemals gerechtfertigt/legitim.)
  • Offenbar ein Kollege oder Freund von dem Mann – geht vorbei, fragt kurz ob alles klar sei; meint aber offensichtlich nicht mich, sondern seinen Kollegen – und geht weiter – mich scheint er nicht schreien zu hören
  • Mich scheinen auch die anderen Leute vor dem Restaurant gegenüber (7 bis 10 m entfernt) nicht zu hören – sich rauchen ihre Zigaretten weiter – wie scheiße unsolidarisch von ihnen (Ich habe schließlich um Hilfe gerufen, dass jemand mich angegriffen hat und mir auch weiterhin droht)
  • Der Mann aus dem Weinladen zückt seine Handy-Kamera und filmt mich, wie ich ihn anschreie – er filmt nah in mein Gesicht
  • Ich weiche zurück, noch fassungsloser als vorher – in einer solchen Situation zu filmen ist erstens nicht erlaubt und zweitens eine erneute Demütigung und Drohung
  • Da er nicht aufhört mich zu filmen und offenbar niemand dazu etwas sagen will, entferne ich mich furchtbar wütend, fassungslos und überrumpelt– was fällt diesem Menschen ein, und warum kann er das eigentlich – naive Frage – warum mischt sich niemand ein – naive Frage - in Richtung Bushaltestelle „Neubrückentor“ 

Fr, 22.01.2016 – 05:02 Uhr

 

Warum veröffentliche ich diesen Vorfall?

Viele Personen, denen ich von diesem Übergriff berichtet habe, waren sprach-/fassungslos. Ich konnte mich in der Situation selbst kaum wehren, da ich diesen Mann als unberechenbar gewalttätig einschätzte und durch meine situative Fassungslosigkeit wie gelähmt war (schreien konnte ich noch). Ich will keine Angst haben und ich habe sie auch nicht mehr – ich will wehrhaft sein - aber ich will auch, dass dieser Mann nie wieder einer Frau oder Menschen anderen Geschlechts gegenüber gewalttätig wird.

Ich komme täglich an dem Geschäft vorbei und weiß, dass ihn dieser Vorfall nicht weiter verfolgt. Ich wiederum denke ständig an diese Gewalterfahrung – spätestens wenn ich mit einem unguten Gefühl am Geschäft vorbeigehe. Ich möchte, dass eine solche Form von Gewalt geächtet und verunmöglicht wird und ich möchte, dass andere Menschen in solchen Situationen eingreifen und helfen. Und ich möchte hinweisen auf ein gesellschaftliches Klima, das bestimmt wird durch wegsehen/-hören; ein Klima, in dem Frauen Gewalterfahrungen aus den unterschiedlichsten Gründen verschweigen und Gewalttäter ohne Konsequenzen davonkommen.

 

Zeug*innen und andere können sich gern melden unter: gewalttatenbenennen@riseup.net – #ausnahmslos

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und ich möchte, dass andere Menschen in solchen Situationen eingreifen und helfen

 

Dann frag ich dich mal als betroffene wie stellst du dir ein eingreifen durch andere personen denn vor? was sollte in diesem konkreten fall jemand anderer machen?

Mir fallen auf Anhieb dreihundertundeintausend Möglichkeiten zu handeln ein, wenn eine Person auf einem öffentlichen Platz von einer einzelnen Person angegriffen und bedroht wird. Erstens: Alles ist besser als Weggucken. Achja, es ist nicht die Aufgabe der Betroffenen einen 10 punkte plan auszutüfteln was unkreative Menschen in solchen fälen tuen können. Viel eher solltest du dich mal scheunigst selbst auf den Arsch setzen und überlegen was du tust, wenn du morgen in so eine Situation kommst. Achso und was du auf jeden Fall tuen kannst um den Druck auf die Betroffene nicht noch zu verstärken: Erwarte nicht von der Betroffenen, dass sie dir nen Plan entwirft sondern streng deinen eigenen Kopf an. #doppelbelastung

Konkrete situative Ideen wenn du siehst wie jemand bedroht und/oder verprügelt wird:

0: brauch die Person Hilfe ? ist es Unklar ? Dann einfach nachfragen: "brauchst du Unterstützung"

1: sich fragen: "kann ich alleine helfen ?"

2: ja > dann los / nein > hol dir leute dazu

3: je nach Situation: den Angreifer konfrontieren, laut sein, präsenz zeigen, Öffentlichkeit schaffen, zur Not: zuschlagen, schubsen, treten, in die Augen drücken, an den Haaren ziehen, auf den kehlkopf schlagen, Pfefferspray, ablenken, drohen, den Angreifer anfahren.... Natürlich ist auf die Verhältnismäßigkeit zu achten.

3.1.: Das Gebiet sichern: den Angreifer verjagen oder mit der Betroffenen Person den Gefahrenbereich verlassen, wenn diese möchte.

4: Auf die Betroffene Person achten, was möchte die Person, ist meine Hilfe jetzt noch gefragt, vorm trösten nachfragen ob das überhaupt gewünscht ist, kein körperkontakt( z.B. umarmen) ohne nachfragen, solidarische Unterstüzung anbieten, NICHT! mit Vorwürfen konfrontieren, Bedürfnisse respektieren, sensibel und vorsdichtig sein, die Verletzung der Betroffenen Person nicht in Frage stellen. Und als Grundregel: die Betroffene Person ernst nehmen.

5:Jetzt kommt die eigentlich allererste Regel und das oberste Gebot vor Allem für Männer*: Du bist primär nicht da um zu beschützen sondern um der Betroffenen Person die Kontrolle wieder zu geben. Das heißt, dass was die Betroffene Person will hat oberste Priorität, keine Alleingänge. Auch wenn du noch so gerne der heldenhafte Beschützer wärst. Es nützt nichts die Betroffene schützen zu wollen und sie im Anschluss duch unangebraqchte "Hilfe" selbst zu entmündigen.

Also passt aufeinander auf, kümmert euch und seid bissig wenn leute eure Würde oder die eurer Lieben angreifen. Die Grundsätze gelten meines Erachtens genauso für  Fremde, Bekannte, liebhaber*innen, Familie, rmonatische Zweierbeziehungen.... Natürlich sind Freund*innen usw. besonders geeignet für eine längerfristige Unterstützung der Person, der SCheiße passiert ist. Handlungstipps dafür würden aber gerade den Rahmen sprengen.

Sehr gut, dass du Öffentlichkeit geschafft hast! Echt heftige Situation. Tut mir sehr leid, dass du das erleben musstet. Ich bin auch dafür, dass man da nachts mal vorbei schauen und den Laden mal etwas aufhübschen sollte. Aber noch was anderes: Mal über eine Anzeige nachgedacht? Allein schon die Tatsache, dass dieser Mensch dann Post bekommt und sich zu dem Vorwurf äußern muss, wäre für mich ne Genugtuung. Vermutlich wird sein Handeln als zu geringfügig eingestuft, was natürlich völliger Quatsch ist. Naja, war nur so ein Gedanke. Hatte mal eine ähnliche Situation - ich hab den Typen angezeigt und es stellte sich heraus, dass er schon häufiger so aufgefallen war. Im Endeffekt wurde er zu einer Geldstrafe in Höhe von 2000 Euro verurteilt. Die Situation, die ich mit ihm erleben musste, war da nur noch der Tropfen auf dem heißen Stein.

wie viel Vertrauen man dann tatsächlich in die Repressionsorgane stecken kann ist fraglich.

Oft werden ja eher die Opfer als Täter in solchen Verfahren unter Druck gesetzt und Victim Blaming ausgesetzt. Auch ist es schwierig es überhaupt zu einer Verurteilung kommen zu lassen, da oft Aussage gegen Aussage steht und es (eigentlich zum Glück) eine Unschuldsvermutung in der deutschen Justiz gibt.

Tut mir Leid wegen deiner Erfahrung und dem beschissenen Verhalten der Umstehenden.
Vielleicht kennst du ein paar fitte Leute, ansonsten frag doch mal im nächsten Infoladen nach.

Wäre eigentlich kein großes Ding für 1-2 fitte Leute mal vorbeizuschauen und an selber Stelle mal provokativ einen ähnlichen
Sticker anzubringen. Bei Bedarf doch mal ganz konkret nachhaken, ob er denn ein "scheiss Problem" habe...

Wenn er dann noch rummacht und anfängt Leute zu bedrohen oder filmen, fällt halt der Watschenbaum mal um.
Der liebe Walter braucht es wohl mal.

was schon auffällt, dass hier als Antwort/Eingriffsmöglichkeit nur Gewalt benannt wird, sieht so die postrevolutionäre Welt aus?

Masse kann schon reichen, Solibekundungen, stehen bleiben, Meinung äußern...und es gibt auch Sportarten, die im Falle eines unausweichlichen Kampfes nicht Gewalt mit Gewalt lösen (zB aikido)..schon traurig, wie enfach die hier vorgeschlagenen Lösungen sind und wie praktisch mit Schulterzucken auf die persönliche Empfindung dieser Erfahrung eingegangen wird, voll solidarisch diese "linke Szene".

Und als Tip, nicht unbedingt zurück schreien, eher ruhig klare Standpunkte äußern (wenns geht), andere Leute konkret/direkt ansprechen und involvieren und ja, wenn es nur um nen Aufkleber geht, ruhig mal wegrennen...

ist ja Super solidarisch der betroffenen Person, die von einem Mann geschlagen wurde, ans Herz zu legen ruhig zu bleiben oder wegzurennen. Das stellt deine würde auch nicht wieder her wenn einer in deine körperliche Integrität gekotzt hat. Dann doch lieber Schellen. Abgesehen davon ist es wohl nen super patriachaler Move als aller erstes zu überlegen was die Betroffenen wohl hätte machen können um nicht geschlagen zu werden. Sieht so eine Betroffenenperspektive aus ? frag ich mal genauso beschissen rethorisch wie du.

Bin zwar, wie klar von dir geoutet, männlich sozialisiert und ich halte es durchaus generell für eine gute Idee eine gewaltätige Situation zu vermeiden, aber das heisst nicht, dass ich meinen Standpunkt dabei ausseracht lasse, Leute zurücklasse, Täter gewähren lasse oä.

Da ich in der patriachalen Kämpferdenke auch eher "weibisch" daherkomme, hebe ich mal kurz das Genderthema hierdrin auf, da der Typ wohl auch als schwächer angesehene, männlich sozialisierte Menschen angegriffen hätte (klar nur Spekulation, war nicht dabei, kenne ihn nicht)..Schellen helfen also, haben ja noch nie geschadet uswuf? Gute alte Ehrziehungsmethoden können ja nicht falsch sein, auch wenn wir damit irgendwo Falsches gelandet sind, oder wie? ..achja und Frauen schlägt man nicht, nur Männer, das ist ok..diese Logiken sind n LowKick fürs Denken!

 

Natürlich ists gut "gewappnet" zu sein, aber als erste Lösung sollte doch was anderes als Sportgruppe einfallen! 

 

Aber warum gleich gebissen werden muß, wenn ich allgm Vorschläge mache, die Situation etwas weniger gewaltvoll (wenn es geht!) werden zu lassen UND vor allem andere Menschen zur Unterstützung dazu zukriegen, ist mir echt schleierhaft, meint ihr ernsthaft, der Betroffenen ist mit nem Überfallkommando gedient? Ordentlich Blut undso? 

 

Naja, "wir" werden hier kein Ergebnis finden, ich hoffe die Betroffene für sich schon!

es gibt viele Möglichkeiten die du machen kannst:

 

-Flyer gestalten und im Umfeld des Ladens verteilen

-Plakate in der Umgebung plakatieren

-mit mehreren Freund*innen mal den Laden besuchen und Rabatz machen (Achtung Bullenwache ist nicht weit entfernt)

-Nachts ist sein Laden ungeschützt, du kannst dir eine Spraydose schnappen, Farbeier bauen oder die guten alten Pflastersteine benutzen (nimm Freund*innen mit, achte darauf keine Fingerabdrücke da zu lassen und sei Mobil)

 

und etwas längerfristig:

 

-mach Sport, ist gut für gefährliche Situationen und für das Selbstbewußtsein (In Münster gibt es mehre Antifas die sowas anbieten)

Ich werde diesen Laden nie wieder betreten! Im Gegenteil, werde es allen offenbaren was da für eine Sippschaft wohnt! Habe vorhin eine menge Leute getroffen die genau über dieses Vorkommen diskutiert haben. Alle werden diesen Laden meiden und das ist gut so. So etwas darf nicht toleriert werden! Allerdings halte ich Gewalt gegen diesen Kranken Menschen für völlig unangebracht. Nicht handeln wie er es täte! Den Laden meiden und alle Menschen in der Umgebung ins Bild setzen was für Kranker Mensch da lebt.  

 

Gruß

Schön, dass du den laden nicht wieder betreten möchtest und bei deinen Leuten Gegenöffentlichkeit schaffst. Deine Analyse halte ich trotzdem für nicht ganz richtig.Ich würde sagen, dass dieser Mensch nicht "krank" oder "böse" oder beides ist sondern das Patriarchat wahrscheinlich zum Frühstück gefressen hat. In Errinerung: So wie fast alle (Männer*). Das heißt, dass Gewalt gegen Frauen* ein strukturelles Problem ist und kein Einzelfall von einzelnen "kranken" Männern. Das heißt: typen wie er müssen auch als gesellschaftliches Problem und nicht als "kranke" Abweichler angegangen werden. Das heißt: er braucht eine Quittung um zu verhindern, dass sich die Tat wiederholt. Das löst natürlich nicht das Patriarchat auf, sorgt aber dafür, dass wir einen Mann* weniger haben der denkt, dass er ohne breite Öffentliche Empörung einfach einer Frau* etwas antun kann.