Die Gefangenen-Gewerkschaft / Bundesweite Organisation (GG/BO) wurde im Mai 2014 von einigen Inhaftierten in der Berliner JVA Tegel gegründet. Aus diesen wenigen, die die Initiative ergriffen haben, sind innerhalb und außerhalb der Haftanstalten etwa 850 Mitglieder geworden. Die GG/BO ist durch das bundesdeutsche Grundgesetz geschützt. Der Art. 9 (1, 3) des Grundgesetzes garantiert die Vereinigungs- und so genannte Koalitionsfreiheit, d.h. das Recht, sich in Gewerkschaften zu vereinigen.
Wir haben den Nerv getroffen...
Die GG/BO wurde mit einer enormen Geschwindigkeit deutschlandweit und zum Teil über die Landesgrenzen hinweg bekannt. Offenbar haben wir den Nerv der Zeit getroffen: die soziale Frage hinter Gittern. Kein Mindestlohn, keine Rentenversicherung, keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, kein Kündigungsschutz – das ist die Realität des bundesdeutschen Strafvollzugs. Es schreit zum Himmel...
Wir haben es als GG/BO drinnen und draußen gemeinsam geschafft, Gefangene öffentlich nicht als „Kriminelle“ erscheinen zu lassen, sondern als Gewerkschafter_innen, die sich in Haft befinden. Es ist uns gelungen, die GG/BO mit sozialpolitischen Themen in öffentlichen Debatten erkennbar zu machen und eigene Forderungen öffentlich zu verbreiten. Das ist viel mehr als wir vor anderthalb Jahren erwarten durften.
… und viel vor...
Im gerade erst begonnenen neuen Jahr steht einiges auf dem Programm: die Initiativen, die aus den Knästen kommen, sind so zahlreich, dass wir zum Teil große Probleme haben, vor den Haftanstalten zu mobilisieren. Wir werden als GG/BO versuchen müssen, dass wir unsere Solidaritätsstrukturen draußen stärken. Die ersten Schritte hierzu haben wir eingeleitet, indem wir nach und nach Regional-Treffen mit interessierten Menschen und Gruppen abhalten, um solidarische Netzwerke der GG/BO aufzubauen.
…, um ein breites Bündnis zu schaffen...
Wir haben seit unserem Bestehen zahlreiche Kontakte in das breite Gewerkschaftsspektrum, in die unterschiedlichsten sozialen Bewegungen, aber auch zu fortschrittlichen Vertreter_innen parlamentarischer Parteien entwickeln können. Das ist auch ganz wichtig, um GG/BO-Kampagnen vor und hinter dem Knasttor starten zu können.
Wir organisieren uns z.B. mit nicht inhaftierten Kolleg_innen, die für Arbeitsrechte und soziale Gerechtigkeit eintreten. Wir nehmen regelmäßig an gewerkschaftlichen Mobilisierungen und sozialen Protesten teil, um die Stimme der inhaftierten Beschäftigten und Beschäftigungs-losen hörbar zu machen.
… und auf die eigene Kraft zu setzen.
Aber letztlich müssen wir auf die eigenen Kräfte vertrauen, die ja durchaus vorhanden sind. Und wir können mit den einfachsten Mitteln anfangen: trotz Eurer Gefangenenschaft habt Ihr Rechte, habt Ihr Möglichkeiten, „Stopp!“ zu sagen. Freiheitsentzug ist das eine, eine Doppel- und Dreifachbestrafung in der Form einer sozial- und arbeitsrechtlichen Diskriminierung ist das andere.
An diesen Punkten setzen wir an: Ihr alle wisst und fühlt es, es kann nicht korrekt sein, wenn Ihr für einen vollen Arbeitstag mit einem Billiglohn abgespeist werdet; es kann nicht korrekt sein, trotz Beschäftigung ohne Rente dazustehen; es kann nicht korrekt sein, als Beschäftigungsloser mit ein paar Cent am Tag auskommen zu müssen; es kann nicht korrekt sein, oft überteuert über einen Monopolisten den externen Einkauf machen zu müssen; es kann nicht korrekt sein, bei Erkrankungen, nicht angemessen versorgt zu werden; und es kann vor allem nicht korrekt sein, als gewerkschaftlich aktiver Inhaftierter, seitens der Vollzugsbehörde schikaniert zu werden.
Nimm´ Dir Dein Recht – erheb´ Deine Stimme!
Glück auf!
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Januar 2016