Berlin. Die Auseinandersetzung um die Rechte arbeitender Inhaftierter gewinnt nach einem Radiobeitrag darüber erneut an Fahrt. In einer Deutschlandfunk-Sendung der Reihe »Hintergrund Politik« vom 4. Januar war der Vorsitzende der ver.di-Bundesfachkommission (BFK) Justizvollzug mit der Aussage zitiert worden, gegen Entgelt arbeitende Inhaftierte seien keine »regulären Arbeitnehmer«. Widerspruch gibt es nun von der »Gefangenen-Gewerkschaft / Bundesweite Organisation« (GG/BO).
In der Sendung zur Frage »Resozialisierung oder Ausbeutung? Häftlinge streiten für Mindestlohn und Rente« hatte Andreas Schürholz, Justizvollzugsbeamter und Vorsitzender der BFK Justizvollzug, auf den fehlenden Arbeitnehmerstatus inhaftierter Beschäftigter verwiesen. Sie könnten daher nicht von DGB-Einzelgewerkschaften vertreten werden und müssten dem Anstaltspersonal Folge leisten. Die »Gefangenen-Gewerkschaft« sieht darin die »pure Bankrotterklärung eines gewerkschaftspolitischen Standpunktes« und widerspricht: Schürholz sehe offenbar »seine Rolle darin, den Staat in der Gestalt als Bediensteter der Vollzugsbehörde zu vertreten sowie für die Durchsetzung von Unterordnung und Gehorsam bei den Gefangenen zu sorgen«, heißt es in einer Pressemitteilung von Mittwoch. Die »an Gefangenen durchexerzierte sozial- und arbeitsrechtliche Diskriminierung in der ›Sonderwirtschaftszone Knast‹« liege bei Schürmanns Äußerungen »nicht im Ansatz im Blick«. Man sei jedoch sicher, dass derlei Positionen nicht offizielle ver.di-Meinung seien. Die Gefangenen hofften auf solidarische Impulse von haupt- und ehrenamtlichen Mitgliedern, um »dem staatlich sanktionierten Sozial- und Lohndumping gegenüber Gefangenen ein Ende machen zu können«, so »GG/BO«-Sprecher Oliver Rast.
Die »Gefangenen-Gewerkschaft« war 2014 in der JVA Berlin-Tegel gegründet worden. Die nach eigenen Angaben ca. 800 Mitglieder starke Initiative fordert u. a. die Koalitionsfreiheit, eine Sozialversicherung und den Mindestlohn für inhaftierte Beschäftigte.