Nach Überfällen auf Schwule an Silvester haben Freunde der Betroffenen eine Demo gegen Homophobie organisiert. Die Pöbeleien gegen Schwule hätten sich in letzter Zeit gehäuft. Stimmt das?
Freiburg ist eigentlich als tolerante Stadt bekannt. Zwei Vorfälle an Silvester
mit mutmaßlich homophobem Hintergrund kratzen derzeit an diesem Image.
Schwule, Lesben, Bi- und Transsexuelle berichten von negativen
Erfahrungen in der Öffentlichkeit und bezeichnen die Gewalttat nicht als
Einzelfall, sondern als Tiefpunkt einer Reihe von Pöbeleien. Polizei
und Rosa Hilfe ordnen die Vorfälle jedoch als Ausnahme ein.
In der Bar Tasia kam es in der Silvesternacht zu einer
Auseinandersetzung, die schlimme Folgen für ein schwules Ehepaar hatte.
Die beiden seien geschlagen und getreten worden, lagen zeitweise am
Boden – das berichten Zeugen und Bekannte. Einer von beiden wurde so
schwer verletzt, dass er am Kiefer operiert werden musste.
Am Bertoldsbrunnen kam es ein paar Stunden später zu einem Übergriff auf
die stadtbekannte Dragqueen Betty BBQ. Ein unbekannter Mann ging sie am
Bertoldsbrunnen mit den Worten an: "Scheiß schwule Transe, ich box’
dich weg." Schon im April vergangenen Jahres war ein schwules Paar attackiert worden – das Regenbogenreferat Freiburg rief daraufhin zum Kiss-In-Protest im Bermudadreieck auf.
Freunde der Opfer haben nun eine Demo gegen Homophobie auf die Beine
gestellt, die am Freitagabend um 18 Uhr am Stadttheater in Freiburg
starten wird. Aktuell haben 350 Leute für die Veranstaltung auf Facebook
zugesagt. Viele Medien sind auf das Thema aufgesprungen, auch die
Bildzeitung will angeblich live von der Demonstration berichten.
Bei Veranstalter und Markthändler Ireneus Frost steht das Telefon nicht
mehr still: "Das Interesse ist riesig." Mit der Demo möchte er die
Allgemeinheit auf das Thema Schwulenfeindlichkeit aufmerksam machen, die
seiner Meinung nach in letzter Zeit besonders oft in Freiburg zu spüren
ist. "Es gibt Stadtviertel, in denen ich mich nicht als schwul zu
erkennen geben würde", so Frost. Die Toleranzgrenze sei für ihn
erreicht.
Freiburg, ein Brennpunkt für Schwulenfeindlichkeit? Polizeisprecherin
Laura Riske will das weder dementieren noch bestätigen. "Wir führen
darüber keine Statistik", so Riske. Die beiden Fälle an Silvester wurden
angezeigt, im Falle der Körperverletzung seien die Opfer jedoch noch
nicht vernommen worden. Es sei schwierig, bei einem solchen Vorfall den
Vorwurf der Homphobie zu beweisen. Ebenso unklar sei, wie hoch die
Dunkelziffer ist: "Es kann natürlich sein, dass es homophobe Gewalt in
Freiburg gibt, die uns nicht mitgeteilt wird, vielleicht, weil sich das
Opfer schämt."
Robert Sandermann ist Berater bei der AIDS- und Rosa Hilfe und bekommt
in der Beratungsstelle viel mit. Er plädiert dafür, Ruhe zu bewahren:
"Das an Silvester waren schlimme Einzelfälle, aber man sollte das Thema
jetzt nicht aufbauschen. In jeder Stadt passieren Pöbeleien, in Berlin
noch viel krasser als in Freiburg. Wir sind hier kein Brennpunkt – noch
nicht."
AIDS- und Rosa Hilfe werden die Demonstration unterstützen, außerdem
haben sich Adelheid Hepp (Bündnis 90 /Die Grünen), Walter Krögner (SPD)
und Dragqueen Betty BBQ als Redner gemeldet. Da die Stadt Freiburg mit
vielen Teilnehmern rechnet, ist die anfänglich geplante Strecke verlegt
worden. Vom Stadttheater geht es nun in die Bertoldstraße, über die KaJo
in die Rempartstraße. Die Demo endet dann vor der UB.
In der Zwischenzeit hat sich auch ein Verantwortlicher der Bar Tasia bei
Facebook zu Wort gemeldet. In einem ersten Statement distanziert man
sich von dem Vorwurf, die Schwulen seien aufgrund ihrer sexuellen
Orientierung aus der Bar geworfen worden: "Nach mehrmaligem Wehren des
Gastes, der extrem aggressiv war und sich unserem Türsteher widersetzte,
musste unser Securitydienst ihn auf den Boden drücken und mit aller
Kraft rausbringen." Und weiter: "Wir begrüßen jeden Gast gleich in
unserer Bar Tasia und wir behandeln jeden Gast gleich."
Anlässlich der Berichterstattung und der Diskussionen im Netz schrieb
der Verantwortliche außerdem: "Wir positionieren uns entschieden gegen
jede Form von Homophobie und Diskriminierung und Gewalt jedweder Art und
unterstützen die für Freitag geplante Demo."
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