Der letzte Schrei im St. Johann – die Besetzung am Rhein – ist leider schon wieder passé. Das Haus wurde mit einer Sauvage verabschiedet, innen wie aussen bemalt und gegen 1:30 von der Polizei wieder in seinen tristen, leeren Privateigentumsstatus überführt.
„St. Johann 4 Immobilien“, eine AG, welche für den Kauf des Hauses gegründet wurde, hatte lediglich 3.2 Millionen dafür bezahlt. Nach dem Abriss sind Luxus-Eigentumswohnungen geplant – ein dickes Geschäft. Doch am Freitag in der Nacht wurde die St.Johanns-Vorstadt 80 besetzt. Am folgenden Tag konnte am frühen Nachmittag der Kontakt zu einem der Besitzer hergestellt werden. Eric Stiefel reagierte mit null Gesprächsbereitschaft und Drohungen. Da damit eine längerfristige Nutzung des Hauses unwahrscheinlich erschien, entschieden wir uns dafür, am Abend mit einer Sauvage das Haus zu öffnen und der Piraterie freizugeben. Als Riotcops im Anmarsch waren, verliessen wir selbstbestimmt das Haus und bildeten eine Demo. Die gummischrotenden Spielverderber wurden mit Steinen und Flaschen angegriffen. Nach einem kurzen Umzug durchs Quartier, lösten wir uns auf. Verhaftungen sind keine bekannt.
Schade, dass wir das Haus letztlich verlassen mussten, hätte es doch viel Platz für uns, unsere Ideen und die Möglichkeit uns zu organisieren geboten. Auf der anderen Seite freuen wir uns sehr, dass das mittlerweile ausgetrocknete St. Johann seit der Besetzung des Voltaplatzes im Jahre 2011 wieder etwas von der politischen Spannung gespürt hat, die es jahrelang innehatte.
Erinnern wir uns einige Jahre zurück, so war das St. Johann der urbanistische Hotspot: Ein umkämpfter Ort, welchen die einen zur quasi wohnlichen Erweiterung des Novartis Campus umbauen wollten (und damit ziemlich erfolgreich waren), und der von den anderen als ein letzter Hort widerständiger Quartierbewohner*innen verstanden wurde (Stichworte: Elsie, Voltamatte, Wasserstrasse etc.).
Projekt nach Projekt, Haus nach Haus, Aufwertung nach Aufwertung verloren letztere an Boden und es ist daher umso schöner zu sehen, dass am gestrigen Abend dieser immer da gewesene Funke wieder ein kleines Feuer entfachen konnte.
Wir hoffen, dass die Dynamik, welche durch diese Sauvage am 3., aber auch durch den wilden Sylvesterumzug am Abend des 31., den Spaziergang zum Ausschaffungsknast am 1. und die eigentliche Besetzung am 2. geschaffen wurde, anhält und verschiedene Kämpfe sich gegenseitig befruchten; dass es wieder selbstverständlich wird, dass wir das geheiligte Privateigentum nicht respektieren, sondern es uns kollektiv aneignen und - falls nötig - auch mit den nötigen Mitteln verteidigen.
Jede Räumung hat ihren Preis!
Auf ein denkbar undenkbares 2016!
Fotos siehe https://radar.blackblogs.org/2016/01/04/zur-sauvage-vom-2-januar-2016/