[Ffm] Polizei rechnet mit Randale

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"Wir haben kein Interesse an Polizeiprügel", sagt Markus Niemeier, Sprecher des Protestplenums der Goethe-Universität, das für heute 14 Uhr unter dem Motto "Die Uni gehört uns" zu einer bundesweiten Bildungsstreik-Demonstration in Frankfurt aufgerufen hat. Das Plenum rechnet mit mehreren tausend Teilnehmern aus ganz Deutschland. Die Atmosphäre ist schon im Vorfeld aufgeheizt. Die Polizei rechnet mit Ausschreitungen.


Behördensprecher Jürgen Linker erklärte bereits vor Tagen, dass die Polizei mehrere hundert linksorientierte und wenig friedlich gestimmte Teilnehmer erwarte und daher mit einem Großaufgebot die Demonstration begleiten werde. Markus Niemeier kritisiert, dass die Polizei vorab "Stimmung macht, um vielleicht im Nachhinein einen harten Einsatz rechtfertigen zu können".

Das Plenum jedenfalls rufe die Demonstranten zu ruhigem, friedlichen Verhalten auf, so Niemeyer, und rate, "sich Gedanken zum Schutz ihrer körperlichen Unversehrtheit zu machen". Dazu zähle auch, in Gruppen zusammenzubleiben. Niemeier verweist auf den Polizeieinsatz bei der Casino-Räumung auf dem Campus Westend Anfang Dezember, bei dem es mehrere Verletzte gab - auf Seiten der Studenten wie der Polizisten.

Bisher haben sich beim Plenum Studentengruppen aus ganz Deutschland angemeldet. Mit Bus und Zug wollen Teilnehmer aus München, Leipzig, Potsdam, Stuttgart, Köln und Hamburg anreisen. "Frankfurt wird ,das´ Ereignis des Bildungsstreiks", sagt Niemeier. Die Zahl der Teilnehmer hänge vom Wetter ab und der Tatsache, dass Prüfungszeit sei.

Zulauf erfährt die Protestveranstaltung auch seit Werner Müller-Esterl, Präsident der Goethe-Uni, im Senat am Mittwoch angekündigt hat, die Anzeigen wegen Hausfriedensbruch gegen 176 Seminarteilnehmer bei der Casino-Räumung nur zurückzuziehen, wenn sie eine Erklärung zum Gewaltverzicht unterschreiben (die FR berichtete). Diese Bedingung wird von vielen Studenten als Unterlassungserklärung, Nötigung und "absurdes Vorgehen" empfunden. Der Präsident bleibe damit auf Konfrontationskurs, sagt Asta-Vorsitzende Nadia Sergan. "Mit diesem vielleicht unfreiwilligen Affront des Präsidenten hat er nochmals einen Trotzeffekt ausgelöst", meint Niemeier.

Anzeigendebatte befeuert die Atmopshäre

Für massiven Unmut hat auch gesorgt, dass das Präsidium über die Uni-Pressestelle eine Erklärung veröffentlichen ließ, während die Debatte im Senat über die Vorgehensweise noch andauerte. Darin habe der Präsident seine Version als Beschluss präsentiert, obwohl der Senat später am Nachmittag mehrheitlich empfohlen habe, die Anzeigen ohne eine solche Erklärung, aber gekoppelt an ein persönliches Gespräch, zurückzunehmen. Der Asta kritisiert, dass der Präsident mit dem Vorgehen, "jede demokratische Entscheidungsfindung massiv unterbinde" und den Senat ignoriere. Müller-Esterl praktiziere "Präsidial-Autonomie".

Der Präsident sieht seinen Kurs nicht im Widerspruch und beruft sich auf ein Senatsvotum Mitte Dezember, das die Rücknahme der Anzeigen empfiehlt, aber Bedingungen dafür offenlässt. Dem sei das Präsidium gefolgt, was angesichts der Zerstörungen im Casino ein Entgegenkommen sei. Senator Jost Gippert, der am Mittwoch den Verzicht auf die Erklärung beantragte, sagt: "Der Senat hat gegenüber dem Präsidium keine Weisungsbefugnis. Er hält an seiner Empfehlung fest, belässt aber dem Präsidium die Entscheidung, wie es mit dieser Empfehlung umgeht."

 

Risikospiel gegen Köln

Die Demonstration unter dem Motto "Die Uni gehört allen" beginnt am Samstag um 14 Uhr auf dem Campus Bockenheim. Über die Bockenheimer Landstraße wollen die Teilnehmer – die Polizei rechnet derzeit noch mit rund 1500 Demonstranten – in die Innenstadt ziehen, dort eine Runde drehen und zum Campus zurück gehen.

Mehrere Hundertschaften der Polizei sind zudem beim Bundesligaspiel zwischen der Eintracht und dem 1. FC Köln im Einsatz, das am Samstag um 15.30 Uhr in Frankfurt angepfiffen wird. Die Ultra-Gruppen der beiden Fanlager sind verfeindet. Die Polizei stuft die Partie deshalb als "Risikospiel" ein.