Protest: Kandern wehrt sich lautstark gegen Pegida

Rätsche, Horn, Trillerpfeife oder Vuvuzela – Hauptsache laut!
Erstveröffentlicht: 
20.12.2015

"Pegida go home!" war am Sonntag schon an der Ortseinfahrt nach Kandern zu lesen und daran, dass die Pegida-Anhänger, die sich zu einer Kundgebung auf dem Blumenplatz verabredet hatten, bei ihnen nicht willkommen sind, ließen die Kanderner keinen Zweifel. Lautstark sorgten sie dafür, dass die 40 bis maximal 60 Pegida-Anhänger sich zu keiner Zeit Gehör verschaffen konnten.

 

Bunte Vielfalt statt brauner Propaganda


"Ich bin heute stolz darauf, ein Kanderner zu sein", erklärte Peter Kühn angesichts der großen Zahl an Kandernern, die der Aufforderung von Bürgermeister Christian Renkert gefolgt waren und in der Stadtkirche, aber eben auch am Rande des Blumenplatzes, der Intoleranz und dem Extremismus der Pegida eine klares, vielstimmiges "Nein" entgegensetzten.

Die Stadt und ihre Bürger hatten sich in einer Welle der Solidarität, zu der im Laufe der Woche immer mehr Gruppierungen mit viel Fantasie beitrugen, auf den Nachmittag vorbereitet. Auf dem Blumenplatz und im näheren Umfeld waren alle Fensterläden geschlossen, etliche Geschäfte hatten die Schaufenster zugehängt. Pünktlich um 15 Uhr, zum Beginn der Pegida-Kundgebung, begannen Kirchenglocken zu läuten.

Kirchenglocken als Protest


Während rund 500 Bürger in der Stadtkirche ein Fest der Solidarität feierten, sorgten andere Kanderner dafür, dass sich die Pegida-Anhänger – aber auch die etwa ähnlich vielen Anhänger der Antifa – auf dem Blumenplatz kaum Gehör verschaffen konnten. Mit Trillerpfeifen, Vuvuzelas, Waldhörnern, Hupen aber auch mit Fahrradklingeln machten sie das Zuhören unmöglich. Statt dem Hoch auf die Internationale Solidarität, das die Antifaschisten skandieren, war auf dem Blumenplatz bisweilen die Europahymne zu hören.

Was sich in der Kirche abspielte, war nicht weniger beeindruckend, aufrüttelnd und ergreifend. Vom Auftakt mit dem Kanderner Jazzchor bis hin zum Auftritt der Stadtmusik, die mit weihnachtlichen Melodien den Reigen schloss, von der Begrüßung durch den Hausherrn Pfarrer Matthias Weber bis zum Schlusswort von Bürgermeister Renkert spannte sich ein Bogen, der in Worten, in Liedern und durch mancherlei Geste belegt, wie groß das Verantwortungsgefühl und wie tief die Verbundenheit vieler Kanderner mit Flüchtlingen und Vertriebenen ist.

Das Kunstwerk "Hope" von Regina Baumgartner, ein mit Mohnblumen bestückter Buchenast als Schiffsrumpf, rief Erinnerungen an die im Mittelmeer gestrandeten Flüchtlinge wach, Frank Moll entdeckte überraschend aktuelle Bezüge der biblischen Weihnachtsgeschichte zur Flüchtlingssituation, Diakon Roy Paraiso musizierte mit Jugendlichen aus dem Übergangswohnheim in Efringen-Kirchen, Christian Lais sang davon, dass ein Nein wichtiger ist, als tausend vielleicht – allen Beiträgen gemeinsam war die Sorge um das, "was da draußen auf dem Blumenplatz vor sich geht und zu dem wir nein sagen", so Markus Becker.

Keine Zwischenfälle bei Pegida- und Anti-Pegida-Demo


So klang am Ende auch etwas Stolz mit, als sich Bürgermeister Renkert am "Ende dieses Tages, der uns allen viel Sorgen und Bauchschmerzen gemacht hat", sicher war, dass die Stadt Kandern und ihre Bürger der Pegida klargemacht haben, "dass sie in Kandern gegen diese Welle der Solidarität nichts ausrichten kann und hoffentlich dauerhaft fern bleibt".

Mehrere hundert Polizisten sicherten das Szenario ab und sorgten dafür, dass auch am Ende der Kundgebung die Pegida-Anhänger ohne Auseinandersetzungen das Feld wieder räumen konnten.

Mehr zum Thema: