Am kommenden Montag will PEGIDA in der Äußeren Neustadt protestieren. Das gab Lutz Bachmann am Montag auf dem Theaterplatz bekannt und kündigte im Fall eines Verbotes zugleich an, „dank einer großzügigen Spende“ notfalls auf dem Klageweg bis zum Bundesverwaltungsgericht zu ziehen. Als Treffpunkt für den anschließenden „musikalischen Weihnachtlieder-Spaziergang“ gab Bachmann den Schlesischen Platz vor dem Neustädter Bahnhof an. Gerüchte, wonach PEGIDA mit mehreren tausend Menschen über den Bischofsweg und die Görlitzer Straße ziehen könnte, konnten bislang nicht bestätigt werden. Stattdessen will das Bündnis „Dresden Nazifrei“ zeitgleich eine Demonstration von der Neustadt auf die Altstadtseite durchführen. Schon vor einigen Wochen hatte das Bündnis „Herz statt Hetze“ eine eigene Großveranstaltung auf dem Theaterplatz angekündigt.
Da für den 21. Dezember derzeit drei Veranstaltungen auf der Neustädter Elbeseite angemeldet wurden, gab die Stadt in einer Pressemitteilung bekannt, in den nächsten Tagen weitere Gespräche mit den Verantwortlichen führen zu wollen: „Wie diese Gespräche ausgehen, hängt u.a. vom Kooperationswillen aller Beteiligten, aber insbesondere von der Einschätzung der Sicherheitslage ab.“ Eine Rolle bei der Beurteilung der Gesamtsituation sollen dabei auch „die Vorkommnisse in Leipzig vom letzten Wochenende“ spielen. Am 12. Dezember war es nach der Genehmigung einer rechten Demonstration durch den Süden von Leipzig zu Ausschreitungen zwischen Autonomen und der Polizei gekommen. Dabei waren neben 69 Beamtinnen und Beamten auch etliche Menschen durch die Einsatzkräfte zum Teil schwer verletzt worden.
Der Neustädter Bahnhof fungierte auch in der Vergangenheit immer wieder als Treff- und Sammelpunkt für Nazis. Im März 2013 hatte die NPD, damals noch mit Holger Apfel an der Spitze, eine Auseinandersetzung in einem benachbarten Klub zum Anlass genommen, um mit einer nur spärlich besuchten Kundgebung gegen „Ausländerkriminalität“ zu protestieren. Drei Jahre zuvor hatten am 13. Februar mehrere tausend aus dem In- und Ausland angereiste Nazis über Stunden vor dem Bahnhof ausgeharrt, nachdem auf der Gegenseite ebenfalls tausende Menschen alle Zufahrtsstraßen blockiert hatten und zum ersten Mal seit 1999 der traditionelle Trauermarsch anlässlich der Bombardierung der Stadt ins Wasser fallen musste. Auf die angekündigten Gegenproteste hatten Anhängerinnen und Anhänger von PEGIDA bereits am Montag lautstark mit Widerstand gedroht, auch aus den Reihen der lokalen Naziszene wird bereits in sozialen Netzwerken zu eigenen Aktionen aufgerufen.
In der noch bis Ende der 1990er Jahre eher subkulturell dominierten Neustadt war es in der letzten Zeit zu einer Reihe von rechten Übergriffen auf Linke sowie Migrantinnen und Migranten gekommen, auch Nazi-Provokationen gehören inzwischen wieder zur traurigen Realität des einstigen Szeneviertels. Da es auch am Rande der PEGIDA-Veranstaltungen in den letzten Monaten mehrfach zu Angriffen kam, sieht „Dresden Nazifrei“ in der Verlegung auf die Neustädter Elbseite eine bewusste „Provokation“, um „mit ihrer rassistischen Ideologie in letzte Rückzugsräume linker Subkulturen in Dresden eindringen [zu] wollen“. Aus diesem Grund ruft das Bündnis die Bewohnerinnen und Bewohner des Viertels dazu auf, Bachmann und seiner Anhängerschaft gemeinsam zu zeigen, „dass die Dresdner Neustadt kein Ort für Pegidas rassistische Hetze ist“.
Dass die Angst vor Provokationen und Übergriffen nicht von der Hand zu weisen ist, beweist auch ein Vorfall am vergangenen Montag. Dabei hatte unweit der Gegenproteste von rund 300 Menschen eine Gruppe von etwa 10 Nazis versucht, vier Personen körperlich zu attackieren. Obwohl die Gruppe bereits zuvor auffiel, als sie an der Seite mit Gesten provozierte, verhielt sich die Polizei vor Ort den Nazis gegenüber passiv und schikanierte stattdessen völlig unnötig die zumeist jugendlichen Protestierer. Es bleibt also spannend, ob die Beamtinnen und Beamten in der nächsten Woche erneut nur Jugendliche ins Visier nehmen, die antirassistische Aufkleber verteilen oder tatsächlich auch für einen ausreichenden Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner der angrenzenden Stadtviertel sorgen kann.