Stadt weist Nähe von soziokulturellen Zentren zu Linksextremisten zurück

Erstveröffentlicht: 
17.12.2015
Verfassungsschutz: Conne Island ist zentrale Anlaufstelle autonomer Szene / Rosenthal: „Keine Anhaltspunkte“

VON KLAUS STAEUBERT

 

Leipzig. Leipzigs Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal (Linke) hat eine Nähe soziokultureller Zentren zum Linksextremismus ausgeschlossen. Es gebe dafür „keine Anhaltspunkte“, sagte er am Mittwoch im Stadtrat. Außerdem kündigte er eine Studie zu den Ursachen der Gewaltausbrüche in Leipzig an.

 

Die CDU-Fraktion hatte nach den Unruhen im Leipziger Süden am vergangenen Sonnabend mit einer Dringlichen Anfrage eine Stellungnahme der Stadt zu den Ereignissen verlangt. Darin fragte sie unter anderem an, ob die Förderung soziokultureller Projekte nunmehr überdacht werde, „soweit diese eine nachweisliche Nähe zu linksextremen Akteuren haben“.

 

Hintergrund: Der Landesgeheimdienst sieht seit Längerem eine Verbindung zwischen linksextremer Szene und einem soziokulturellen Zentrum in Leipzig. „Zentrale Anlaufstelle der autonomen Szene in Leipzig ist, wie in den Vorjahren, das ,Conne Island’ im Stadtteil Connewitz“, heißt es etwa im Verfassungsschutzbericht des sächsischen Innenministeriums für das Jahr 2012.

 

Das Conne Island gehört neben dem Werk II, der Nato und dem Haus Steinstraße laut Angaben von Rosenthal zu den im Leipziger Süden von der Kommune finanziell geförderten soziokulturellen Zentren. „Die Kulturverwaltung“, so Rosenthal, „hat aktuell keine Anhaltspunkte für eine Nähe von Einrichtungen zu extremistischen Akteuren.“ Sofern freie Träger verfassungsfeindliche und gewalttätige Aktionen unterstützten, würde dies Auswirkungen auf die öffentliche Förderung haben. Die Stadt unterstütze ausschließlich gewaltfreie Aktivitäten gegen Rechtsextremismus. „Der Oberbürgermeister wird auch zukünftig – soweit geboten – zu friedlichem Protest gegen erwartete rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische Versammlungen aufrufen“, erklärte Rosenthal unter großem Beifall weiter.

 

Nach den Worten des Ordnungsbürgermeister befasst sich der Führungsstab des kommunalen Präventionsrates seit Ende 2013 kontinuierlich mit Möglichkeiten zur Optimierung der Extremismusprävention. Darüber hinaus liefen seit den 1990-er Jahren verschiedene Programme zur Gewalteindämmung. Es zeige sich jedoch, „dass das aktuelle Maßnahmebündel beziehungsweise die entwickelte Präventionslandschaft zunehmend an ihre Grenzen stößt“. Besonders das Fehlen von ortsspezifischen Ursachenanalysen erweise sich als nachteilig. Mitte dieses Jahres habe sich der kommunale Präventionsrat aber darauf verständigt, eine Studie zu den Ursachen urbaner Gewalt in Auftrag zu geben. Abstimmungen dazu hätten bereits mit dem Bundesfamilienministerium, dem sächsischen Sozialministerium, der Stabsstelle Demokratieförderung sowie dem Landespräventionsrat stattgefunden.

 

Leipzig befinde sich in einer linksextremistischen Gewaltspirale, konstatierte CDU-Stadtrat Achim Haas. Er erinnerte daran, dass in diesem Jahr bereits 600 Linksextremisten das Amtsgericht angegriffen haben. Es gab darüber hinaus einen Angriff auf einen Polizeiposten in Connewitz und auf das Bundesverwaltungsgericht. Bei einer Demonstration im September wurden mehrere Polizisten durch Steinewerfer verletzt. Am vergangenen Wochenende kämpften 1000 Autonome gegen die Polizei. Mit 37 linksextremistischen Anschlägen kürte das linke Internetportal Indymedia Leipzig 2015 zum Randalemeister. „Es sieht so aus“, räumte Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) schließlich auf mehrfaches Nachfragen ein, dass sowohl die Zahl der Straftaten als auch der handelnden Personen aus der linksextremen Szene zunimmt.

 

In der Januar-Sitzung des Stadtrates wird es zu den Krawallen im Leipziger Süden eine Aktuelle Stunde geben, zu der auch Polizeipräsident Bernd Merbitz sprechen soll.

 


 

Die Schadenssumme wächst immer noch

Die Schadenssumme vom vergangenen Wochenende wächst weiter. Obwohl nach wie vor nicht alle Schäden erfasst sind, dürften sie die Grenze von 200 000 Euro bereits überschritten haben.

 

Wie berichtet, wurden 69 Polizeibeamte verletzt, 50 Dienstfahrzeuge beschädigt. Von den eingesetzten 43 Mitarbeitern des Ordnungsamtes wurde niemand verletzt, sagte Ordnungsbürgermeister Rosenthal. Ebenso wenig seien von der Feuerwehr Personen- oder Sachschäden gemeldet worden. Die Schäden beim Verkehrs- und Tiefbauamt bezifferte er auf 21 000 Euro. Auf einer Fläche von 65 Quadratmetern wurden Pflastersteine entfernt, auf 175 Quadratmetern Straßenasphalt in Mitleidenschaft gezogen. Bei den Leipziger Verkehrsbetrieben habe es keine direkten Schäden gegeben, jedoch seien an den Haltestellen-Einrichtungen des Stadtmöblierers JCDecaux 15 Glasscheiben von Fahrgastunterständen, zwölf Werbeträgertüren und Stadtinformationsanlagen, zwei Fahrplankästen, neun Plexiglasscheiben sowie 24 Glasschutzgeländer zu Bruch gegangen. Die Abfalllogistik Leipzig meldete 20 zerstörte Glassammelbehälter mit einem Gesamtwert von 4000 Euro. Bei der Stadtreinigung wurden zehn 1,1-Kubikmeter-Container sowie 30 weitere Mülltonnen à 240 Liter angezündet oder beschädigt. Kosten: 16  000 Euro. An einer Geschwindigkeitsüberwachungsanlage in der Karl-Liebknecht-Straße sei ein Schaden von 100 000 Euro entstanden. K.S.