Sie steht unter Denkmalschutz – und darf doch abgerissen werden: Der Abrissbagger kann der Villa in Freiburg-Herdern an die Mauer rücken. Stadt und Eigentümer haben sich geeinigt.
Die Villa in der Wintererstraße 28 im Stadtteil Herdern darf abgerissen
werden – obwohl sie unter Denkmalschutz steht. Darauf haben sich der
private Eigentümer und die Stadt Freiburg vor dem Verwaltungsgericht
geeinigt und damit einen jahrelangen Rechtsstreit beendet. Denn: Die
Sanierung der Villa kostet sehr viel Geld, weil sie massiv mit
Schadstoffen belastet ist. Ein Erhalt sei dem Besitzer deshalb nicht
zuzumuten, so die Einschätzung des Gerichts.
Ein Urteil fällten die Richter gleichwohl nicht. Sie schlugen
stattdessen einen Vergleich vor. Damit habe die Stadt Freiburg, so
erklärte Rüdiger Engel vom städtischen Baurechtsamt nach der Verhandlung
gegenüber der BZ, aber keinesfalls die Villa zu leichtfertig
aufgegeben. Dies sagte Engel auch vor dem Hintergrund, dass derzeit auch
andere Baudenkmäler in Freiburg zur Disposition stehen, wie etwa der
Komplex des "Ratsstüble" in der Innenstadt. Vielmehr, so Engel, habe
sich bei der aus den 1920er Jahren stammenden Villa immer mehr
herauskristallisiert, dass der Erhalt tatsächlich sehr teuer wäre.
Selbst wenn das Rathaus alle juristischen Schritte ausgeschöpft hätte,
wäre am Ende wohl keine andere Entscheidung herausgekommen, sagte Engel.
In der Gerichtsverhandlung gab es viele Zahlenspiele. Denn das Gesetz
sieht vor, dass ein denkmalgeschütztes Gebäude nur dann abgerissen
werden darf, wenn eine Sanierung deutlich teurer ist als ein Neubau.
"Das Ziel ist mindestens eine schwarze Null", erklärte Richter Andreas
Dickhaut. Doch wie viel würde es kosten, die Villa zu erhalten? 2,6
Millionen Euro hatten der Eigentümer und sein Anwalt Rolf Dohle
berechnet. 1,6 Millionen Euro kam indes bei der Rechnung der Stadt
Freiburg heraus. Sie hatte etliche Posten niedriger kalkuliert. Nach
dieser Berechnung wäre am Ende ein positiver Saldo herausgekommen – und
die Villa hätte erhalten werden müssen.
Die Richter schätzten vieles jedoch eher so ein wie der Eigentümer. Den
Ausschlag gaben am Ende die potenziellen Mieteinnahmen, die mit der
Villa zu erzielen wären. Diese hatte das Rathaus auf 44.000 Euro
jährlich beziffert, was bei 332 Quadratmeter Wohnfläche einem
Quadratmeterpreis von rund elf Euro entspricht. Die Richter beriefen
sich jedoch auf den Mietspiegel – und kamen nur auf 9,50 Euro pro
Quadratmeter. Denn, so argumentierten sie, bei solch großen
Wohneinheiten könne der übliche Preis nicht einfach nach oben
extrapoliert werden.
Der Mietspiegel selbst macht keine Angaben für Wohnungen mit mehr als
150 Quadratmetern. Damit reduzierten sich die potenziellen Mieteinnahmen
jedoch auf rund 37.800 Euro – und die Gesamtbilanz landete im Minus.
Die Villa darf jetzt also abgerissen werden. Was alternativ auf dem
Grundstück entstehen wird, ist noch unklar. Der Eigentümer hatte immer
behauptet, er wolle wieder nur ein Einfamilienhaus bauen. Der
Bürgerverein Herdern und die Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild,
die sich für den Erhalt der Villa eingesetzt hatten, befürchten jedoch
eine ähnliche Entwicklung wie in der unmittelbaren Nachbarschaft, wo
eine alte Villa durch ein Terrassenhaus ersetzt wurde.