Asylheim Einsiedel: Spekulationen um Bezugstermin

Erstveröffentlicht: 
03.12.2015

Die Belegung des ehemaligen Pionierlagers könnte sich auf nächstes Jahr verschieben, heißt es im Ortschaftsrat. Indes äußert eine Flüchtlingshelferin erstmals öffentlich ihre Angst.

 

Einsiedel. Während in Einsiedel viele Bürger von einem baldigen Bezug des ehemaligen Pionierlagers durch Flüchtlinge ausgehen, gibt es nun Spekulationen um eine längerfristige Verschiebung der Inbetriebnahme. Im Ortschaftsrat wird nach einem Gespräch mit einem Vertreter des Freistaats davon ausgegangen, dass womöglich erst im kommenden Jahr Asylbewerber in der Einrichtung untergebracht werden.

 

Die zuständige Landesdirektion Chemnitz will das nicht bestätigen. Ein Termin könne nicht benannt werden, heißt es. Entscheidend sei unter anderem, wann die Trinkwasser-Probleme beseitigt seien. Vergangene Woche war bei einer Untersuchung festgestellt worden, dass das Wasser in den meisten der insgesamt 18 Häuser des Komplexes mit sogenannten coliformen Keimen belastet ist. Daraufhin wurde die Belegung des Objektes verschoben. Die Wasserleitungen der Häuser müssten gespült, der Hochbehälter gereinigt, neu befüllt und desinfiziert werden, teilte die Landesdirektion auf Anfrage mit.

 

Abbestellt ist deswegen auch der Pendelbus, mit dem Flüchtlinge zwischen dem ehemaligen Pionierlager und dem Bahnhalte-Punkt im Ort verkehren sollen. Er sollte ursprünglich am vergangenen Freitag das erste Mal eingesetzt werden, sei nun aber auf unbestimmte Zeit abbestellt, teilt der Sprecher des Verkehrsunternehmens CVAG, Stefan Tschök, auf Anfrage mit.

 

Bei der Stadtverwaltung sind bis gestern vier Widersprüche gegen die erteilte Baugenehmigung für die geplante Flüchtlingsunterkunft eingereicht worden. Nach Auskunft der Pressestelle werden diese nun im Baugenehmigungsamt geprüft und gegebenenfalls an die Widerspruchsbehörde in der Landesdirektion Sachsen übermittelt.

 

Unterdessen hat eine Flüchtlingshelferin im Ort erstmals öffentlich ihre Angst geäußert. Stadt- und Ortschaftsrätin Steffi Barthold, die sich bei der Flüchtlingshilfe Einsiedel engagiert, sagte, sie nehme eine große Hilfsbereitschaft der Bürger wahr. Viele Einsiedler würden Spenden sammeln. "Viele tun dies jedoch im Verborgenen und wollen möglichst keine Aufmerksamkeit erregen." Die Atmosphäre im Ort habe dazu geführt, dass man sich weniger traut, Hilfsbereitschaft und Solidarität zu zeigen, äußert Barthold schriftlich.

 

Die Helfer symbolisieren für sie "das andere Einsiedel", betonte die Stadträtin. Ihrer Meinung nach reisten viele der Protestler gegen die Erstaufnahmeeinrichtung aus dem Umland an.

 

Der Freistaat will in dem ehemaligen Pionierlager gut 500 Asylbewerber unterbringen; laut Zentraler Ausländerbehörde möglichst vor allem Familien sowie Frauen mit Kindern. Viele Einsiedler sprechen sich für eine alternative Nutzung des Geländes aus, zum Beispiel als Schulungszentrum für Migranten. Andere wollen Einsiedel nach eigenem Bekunden generell "asylantenfrei" halten.

 

Mehrere hundert Menschen - darunter nach Angaben der Organisatoren Bürger aus umliegenden Gemeinden - haben gestern Abend an einem weiteren Schweigemarsch durch den Ort teilgenommen und damit gegen die Einrichtung einer Erstaufnahme-Einrichtung für Asylbewerber protestiert. Ein Redner sagte, es seien weniger gewesen als vor einer Woche.

 

In einer Kundgebung vor dem Rathaus wurde OB Barbara Ludwig für die Ablehnung eines Bürgerbüros im Einsiedler Rathaus kritisiert. Ludwig hatte mitgeteilt, regelmäßige Bürgersprechstunden mit Vertreten des DRK und der Landesdirektion könnten organisiert werden, ein Bürgerbüro im Rathaus werde es aber nicht geben. Man sehe sich nun gezwungen, das Büro an einem anderen Ort zu realisieren, sagte ein Redner.

 

Zudem wurde ein Brief verlesen, den Gegner des Asylheims im Rathaus abgegeben haben. In diesem wird OB Ludwig aufgefordert, dem Infostand in Einsiedel einen Besuch abzustatten. Der Brief schließt mit den Worten: "Eine ruhige, besinnliche, asylfreie Weihnachtszeit." (fp)