Innenministerium zieht erste Bilanz zu Ausschreitungen bei PEGIDA

pegida am 19.10. in dresden

Einen Monat nachdem es in Dresden am Rande des ersten Jahrestages der asylfeindlichen PEGIDA-Bewegung an mehreren Stellen in der Dresdner Innenstadt zu Ausschreitungen kam, hat der Sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU) erste vorläufige Ermittlungserkenntnisse vorgelegt. Aus der Beantwortung einer Kleinen Anfrage der Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz (Die Linke) geht hervor, dass die Polizei ähnlich wie nach den über zwei Tage andauernden rechten Ausschreitungen von Heidenau wenige Monate zuvor, bislang kaum Ermittlungsergebnisse vorweisen kann. Am 19. Oktober waren mehrere hundert rechte Hooligans und Nazis von der Polizei nahezu unbehelligt durch die Stadt gezogen und hatten auf ihrem Weg immer wieder versucht, Gegendemonstrantinnen und Gegendemonstranten anzugreifen.

 

Bei den Auseinandersetzungen waren mehrere Menschen verletzt und etliche Fahrzeuge aus dem Lager der PEGIDA-Anhängerschaft von Unbekannten angezündet worden.

 

Zwar geben die bisher vorliegenden Zahlen noch keine Gesamteinblick, da eine Vielzahl der Straftaten und Verstöße gegen das Versammlungsgesetz durch auswärtige Einheiten festgestellt und noch nicht nach Sachsen übermittelt wurde, dennoch geht daraus hervor, dass die Polizei, die nach eigenen Angaben mit rund 1.900 Einsatzkräften vor Ort war, an diesem Tag trotz gegenteiliger Bekundung kaum in der Lage war, die Sicherheit von mehreren zehntausend Versammlungsteilnehmerinnen und Versammlungsteilnehmer zu gewährleisten.

 

Aus der Übersicht geht hervor, dass in lediglich 30 der insgesamt 285 aufgeführten Fälle derzeit Tatverdächtige bekannt sind, bei einem Großteil der Ermittlungen wird demnach gegen Unbekannt ermittelt. Der überwiegende Teil dieser Ermittlungen richtet sich gegen eine Gruppe von 150 Personen, die im Bereich zwischen Maritim-Hotel und Augustusbrücke „besonders schwerem Landfriedensbruch“ begangen haben sollen. An zweiter Stelle folgen 42 Ermittlungen wegen Landfriedensbruch, die vor allem den Bereich an der Altmarktgalerie betreffen, wo einer größere Gruppe Nazis versucht hatte, die dort angemeldete Gegenveranstaltung anzugreifen. Von den 38 Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung sind aktuell nur vier Personen namentlich bekannt.

 

Auch im Fall der nächtlichen Übergriffe im Leipziger Hauptbahnhof, als bei der Ankunft eines Zuges aus Dresden mehrere teilweise namentlich bekannte und bewaffnete Nazis Gegendemonstrantinnen und Gegendemonstranten angriffen, ist dem Innenministerium derzeit nur ein Verfahren wegen Landfriedensbruch gegen mehrere unbekannte Personen bekannt. Aus der letzten Antwort geht außerdem hervor, dass dem Innenministerium weder bekannt zu sein scheint, welche Nazistrukturen an diesem Tag vor Ort waren, noch wieviele Nazis und rechte Hooligans sich überhaupt an den Veranstaltungen beteiligten.

 

Insgesamt nahm die Polizei während ihres gesamten Einsatzes am 19. Oktober nach Aussage von Ulbig lediglich zwei Personen in Gewahrsam. Angesichts dessen ist es kein Wunder, dass sich Nazis in Sachsen völlig ungestört bewegen können und das Bundesland mittlerweile zu einer Kernzone rechter Aktivitäten in Deutschland geworden ist. Einen Einsatz mit Funkzellenabfragen und IMSI-Catchern hat es zumindest nicht gegeben. Dies blieb in Sachsen in der Vergangenheit nur linken Gegenprotesten vorbehalten. Es bleibt die Hoffnung, dass die noch ausstehende Beantwortung weiterer parlamentarischer Anfragen zu den Ereignissen am 19. Oktober etwas Licht ins Dunkel bringen werden.