Der Vizechef der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek, hat angesichts der jüngsten Terrorserie in Paris mehr Überwachungsbefugnisse gefordert. Verbindungs- und Standortdaten sollten mindestens ein Jahr aufbewahrt werden.
Wenige Stunden nach den Anschlägen in Paris mit rund 130 Toten Freitagnacht haben sich erste Strafverfolger hierzulande für umfangreichere Überwachungskompetenzen ausgesprochen. "Das eng gefasste Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung muss überdacht werden", betonte der stellvertretende Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek, am Samstag gegenüber der "Rheinischen Post".
Die Ordnungshüter müssten in der Lage sein, derart blutige Taten "unter allen Umständen zu verhindern", erläuterte der GdP-Vize. Dazu sei es nötig in Erfahrung bringen zu können, wo terroristische Zellen seien, welche Personen darin verstrickt seien, mit wem diese Kontakt hätten und was sie planten. Die "Aufklärung" der Kommunikation solcher Kreise sei daher von entscheidender Bedeutung. Dem dürfe die immer wieder auflebende "unsinnige Debatte" über den "sogenannten Überwachungsstaat" nicht im Wege stehen. Nötig sei eine "intensive nachrichtendienstliche und polizeiliche Überwachung potenzieller Gefährder".
Arnold Plickert, der GdP-Chef Nordrhein-Westfalens, unterstützt den Appell seines Kollegen nach einer ausgeweiteten Vorratsdatenspeicherung: "Wir können damit möglicherweise zukünftige Terroranschläge verhindern, weil wir so an Informationen über die Terroristen kommen, an die wir sonst nicht gelangen". Die Speicherfristen müssten dafür aber bei mindestens einem Jahr liegen.
Der Bundestag beschloss erst vorigen Monat einen neuen Gesetzentwurf zum anlasslosen Protokollieren von Nutzerspuren. Zugangsanbieter müssen laut der Initiative Verbindungsinformationen zehn und Standortdaten vier Wochen lang speichern. Polizeigewerkschaftler hatten schon damals auf längere Fristen und einen einfacheren Zugang zu den Informationen geschielt.
Frankreich speichert umfassend
In Frankreich müssen Provider bereits seit 2006 die sogenannten Verkehrsdaten ein Jahr lang speichern. Der französische Gesetzgeber hat zudem erst im Sommer die Überwachungslizenz französischer Nachrichtendienste deutlich ausgeweitet. Trotzdem konnten Polizei und Geheimdienste die jüngsten Attentate aber genauso wenig verhindern wie den Anschlag auf die Pariser Redaktionsräume des französischen Satiremagazins "Charlie Hebdo" Anfang Januar.
Beobachter beim britischen "Economist" zeigen sich derweil besorgt, dass westliche Sicherheitsbehörden offenbar keinerlei Hinweise auf die Selbstmordattentäter in der französischen Hauptstadt gehabt und nicht einmal auffällige Kommunikationsaktivitäten mitbekommen hätten, die früher vor möglichen größeren Terrorattacken üblicherweise mitzuschneiden gewesen seien.
Die Autoren verweisen in diesem Zusammenhang auf wachsende Ängste, dass die starke Verschlüsselung, die IT-Firmen wie Apple, Google oder der Facebook-Ableger WhatsApp in Smartphones und Chat-Programme einbauten, nicht nur die Privatsphäre der Kunden schütze. Vielmehr sei dieser Vorstoß auch ein "Geschenk an Terroristen", die Operationen im Geheimen planen wollten. (jo)