An einem Freitag, den 13. sollte man nicht zu schnell arbeiten und auch keine wichtigen Geschäfte abwickeln. Eine Initiative aus Gewerkschaftern, Journalisten und Arbeitsrechtlern namens aktion./.arbeitsunrecht hat sich vorgenommen, den augenzwinkernden Aberglauben in der deutschen Arbeitswelt rund um Freitag, den 13. zu nutzen. Der Termin soll als Widerstandstag gegen Horror-Jobs und Anwälte des Schreckens etabliert werden.
Am Freitag, den 13. November 2015 finden Proteste vor KiK-Filialen an schätzungweise 30 Orten statt. Es geht um das KiK-Zentrallager in Bönen bei Hamm, dessen Beschäftige seit einem geschlagenen Jahr für einen Tarifvertrag kämpfen. Die Kanzlei Schreiner + Partner überzieht dort ein Betriebsratsmitglied mit mehreren Kündigungsversuchen und über einem dutzend Abmahnungen. Ziel ist die Einschüchterung der Belegschaft.
Während der Horror durch spezialisierte Anwälte wie Dirk Schreiner und Helmut Naujoks ab 2001 einsetzte, wurde der Freitag, der 13. erstmals 1957 in einer Glosse der FAZ erwähnt. Den Boden bereitet hatte dem Aberglauben ein Bestseller der 1950er Jahre: "Das 6. und 7. Buch Mosis", eine krude Spuk-Schwarte. Der Augsburger Volkskundler Stefan Bachter schrieb 2007 für die Zeitschrift "Skeptiker" den maßgeblichen Fafchartikel zum Phänomen Freitag, der 13. Er geht davon aus, dass der Aberglaube über den Atlantik kam.
In den USA und England ist der Schwarze Freitag bereits seit dem 11. Mai 1866 mit spektakulären Börsencrashs verbunden. Damals löste eine Bankenpleite Panik in der City of London aus. Der Freitag der 13. - also die Steigerung des Schwarzen Freitags, Pechtag trifft Pechzahl - hatte seine Premiere im Mai 1927, als die Kurse an der Wall Street überraschend einbrachen. Es war ein Vorbeben des Crashs von 1929. Die Weltwirtschaftskrise begann mit einem Wall Street-Beben am Schwarzen Donnerstag, auf den ein Schwarzer Freitag, ein Schwarzer Montag und ein gleichfarbiger Dienstag folgten. Jedesmal mit erdrutschartigen Kursbewegungen.
Wenn man ein Millardär ist wie Karl-Erivan Haub, dem die Tengelmann-Gruppe und KiK gehören, oder bloß ein paar Millionen geerbt hat, wie die Neupack-Unternehmerfamilie Krüger aus Hamburg, hat man vermutlich mehr Angst von Schwarzen Freitagen als eine Näherin in Bangladesh, ein Staplerfahrer in Bönen oder ein Maschinenführer in Rotenburg-Wümme. Karl-Erivan Haubs Reichtum wird auf unvorstellbare 4,5 Mrd.€ geschätzt. Viel davon ist fiktiv, den dieser Reichtnum besteht in der Hauptsache nicht aus Goldtalern in einem überquellenden Speicher, sondern aus jener rätselhaften Angelegenheit namens Kapital: abstrakten Beteiligungen an konkreten Firmen wie KiK. Das seit Marx und Engels groß aufgebauschte Geheimnis des Kapitals ist eigentlich ganz simpel: Wenn Haubs Arbeiter aufhören zu arbeiten und Haubs Kunden aufhören zu kaufen, dann zerplatzt es. Diese Ahnung macht Kapitalbesitzer so nervös und verleitet manche von ihnen zu besonderer Aggressionsbereitschaft gegen gewerkschaftliche Organisierung, ja zu einer tiefsitzenden Verachtung gegenüber einfachen ArbeiterInnen. Vielleicht beneiden sie die Besitzlosen insgeheim für ihre Sorglosigkeit? Wer ohnehin nichts besitzt, hat beim großen Kladderadatsch keinen Verlust zu befürchten.
Die Aggression gegen Betriebsräte und Gewerkschafter geschieht derzeit vor allem präventiv, um satte Profite abzusichern. Unternehmer wie die Familien Haub und Krüger rechnen vermutlich nicht ernsthaft damit, dass die deutsche Gewerkschaftsbewegung in absehbarer Zeit aus dem Wachkoma aufstehen könnte. Sie rechnen schon gar nicht mit einer Boykottbewegung aus der Mitte der arbeitenden Bevölkerung. Genau diese Mischung aus Arglosigkeit und Überheblichkeit, ist aber der Ausgangspunkt guter Horror-Filme.
Unser Versuch mit Freitag, dem 13. besteht darin, das Drehbuch des alltäglichen Horrors auf der Arbeit zumindest an einem Tag umzuschreiben. Den Spieß symbolisch umzudrehen und nicht länger die Opferrolle einzunehmen. Außerdem glauben wir: Totgesagte leben länger. Untote können nicht sterben.
Manche raunen gar, ein Gespenst ginge wieder um in Europa...