Nach drei Tagen der Besetzung des ehemaligen DGB-Hauses in der Oberen Maschstr. 10 in Göttingen ziehen wir eine positive Bilanz. Von einer Räumung gehen wir aktuell nicht aus, da nach Aussagen von Polizei, DGB und VTG bis jetzt keine Anzeige gestellt wurde. Alle Seiten zeigen sich verhandlungsbereit.
Vom ersten Tag wurde das Ziel Wohnraum zur Verfügung zu stellen in die Tat umgesetzt. Jede Nacht übernachten hier bis zu 10 Personen, die auf ihren Fluchtwegen durch und in Deutschland am Göttinger Bahnhof „gestrandet“ sind. Sie haben Züge oder Busanschlüsse verpasst, haben kein Geld mehr, um weiter reisen zu können, oder wissen teilweise auch einfach nicht, wo sie sind und wie es für sie weitergehen kann. In Our House finden sie einen warmen, geschützten Platz zum Ausruhen, Übernachten, Essen und Trinken. Aktuell nutzen wir ein bundesweites Netz von unabhängigen Unterstützungsstrukturen, die in vielen Städten aufgebaut wurden. So können Informationen schnell ausgetauscht werden und die Geflüchteten in vertrauensvolle Hände auf ihren nächsten „Stationen“ weiterempfohlen werden.
Zusätzlich gehen kleine Gruppen von uns wiederholt gezielt zum Bahnhof,
um Menschen auf der Flucht heiße Getränke, Obst, etwas zum Essen und
auch Gespräche und Informationen anzubieten. Freiwillige
Dolmetscher*innen unterstützen immer wieder diese Arbeit und sind bereit
auf Abruf mit ihren Sprachkenntnissen weiterzuhelfen.
Bei den Geflüchteten wird ein großes Bedürfnis am Mitteilen und Erzählen deutlich.
Die Nächte im Haus sind angefüllt von Fluchtgeschichten, von
grauenhaften (Kriegs-)Erlebnissen, von Erschöpfung, häufig von
Nicht-Schlafen-Können, aber auch von großer Erleichterung, von
Begeisterung über diese Unterstützung.
Für all diese Arbeit benötigen wir zusätzliche Spenden. Der Arbeitskreis Asyl stellt zu diesem Zweck sein Konto zur Verfügung:
AK Asyl Goettingen e.V.
Sparkasse Göttingen | IBAN: DE03 2605 0001 0001 0775 02
Stichwort: besser_bleiben
Durch vielfältige Aktivitäten füllt sich das Haus immer weiter mit Leben und verfestigen sich die Strukturen. Es werden verschiedene Veranstaltungen von Besetzer*innen aber auch von solidarischen Menschen und Gruppen angeboten. Dazu gehören Filmvorführungen, Veranstaltungen zur Flüchtlingsthematik, Theateraufführungen oder ein geplantes Straßenfest am kommenden Wochenende.
Am heutigen Sonntag trifft sich beispielsweise eine größere Gruppe von Menschen aus Afghanistan in „unserem“ Veranstaltungsraum. Sie wollen sich über ihre Situation austauschen, gerade auch vor dem Hintergrund der aktuellen Abschiebedrohungen aus dem Bundesinnenministerium.
All diese Entwicklungen zeigen, dass die Besetzung mehr als sinnvoll und notwendig ist. Die Parolen in dem „das-Boot-ist-voll“-Tenor stimmen nicht. Es gibt bewohnbaren Wohnraum in Göttingen und anderswo, der immer noch nicht genutzt wird!
Unsere Forderungen sind weiter aktuell:
- Bedingungsloses Nutzungsrecht für das Gebäude in der OM10
- Finanzielle Unterstützung der Instandsetzungsmaßnahmen und Übernahme der Betriebskosten durch Kommune bzw. Eigentümer
- Keine Räumung und keine Kriminalisierung der Aktivist_innen
- Sofortige Nutzbarmachung leerstehenden Wohnraums und Schaffung bezahlbarer menschenwürdiger Wohnungen, die dauerhaft in öffentlichem Besitz bleiben
Our House OM10