KÖLN - Etwa 900 TeilnehmerInnen reisten zum „Jahrestag“ der „Hooligans gegen Salafisten“-Veranstaltung am 25. Oktober nach Köln. Die Kundgebung sollte um 14 Uhr beginnen, verzögerte sich jedoch um eineinhalb Stunden, da es den VeranstalterInnen lange Zeit nicht gelang, 50 nicht alkoholisierte und nicht vorbestrafte Personen zu finden, die als OrdnerInnen eingesetzt werden konnten.
Von der Schwierigkeit 50 OrdnerInnen zu finden
Dabei war bereits im Vorfeld auf Facebook versucht worden, genügend entsprechendes Personal zusammenzukriegen. Während der zähen Suche vor Ort ging sogar Hannes Ostendorf, Sänger der Neonazi-Hooligan-Band „Kategorie C“ auf die Bühne, und versuchte weitere TeilnehmerInnen zu animieren, sich als OrdnerIn zur Verfügung zu stellen. Die Ordnerbinde sei auch kostenlos, witzelte er.
Die Veranstaltung wollte und sollte an die von 2014 anschließen. Nachdem das Verwaltungsgericht Köln das von der Polizei verhängte Komplettverbot der Versammlung zurück gewiesen und eine Standkundgebung erlaubt hatte, klagte Anmelder Dominik Roeseler letztlich erfolglos gegen das Verbot eines Demonstrationszuges und die Verlegung vom Hauptbahnhof nach Deutz geklagt.
Die Zusagen bei Facebook überschritten im Vorfeld gerade so die 2.000 und blieben damit deutlich unter denen von 2014. Auch das Spektrum, das dann tatsächlich anreiste, unterschied sich deutlich von dem des Vorjahres: Waren 2014 noch viele Hooligans und andere Personen aus organisierten Fanszenen angereist, so blieben diese 2015 größtenteils zuhause. Auch die organisierte extreme Rechte war eher schwach vertreten. Aus NRW waren neben "pro NRW" – vertreten durch Roeseler und Christopher von Mengersen – einige NPDler wie die NPD-Vorstandsmitglieder Claus Cremer und Ariane Meise, einige Mitglieder der ehemaligen „Kameradschaft Aachener Land“ sowie eine Handvoll Neonazi-AktivistInnen aus Dortmund, Wuppertal und den an Köln angrenzenden Kreisen angereist.
Gegen 15.30 Uhr konnte schließlich die Einweisung der OrdnerInnen durch Melanie Dittmer erfolgen. Auch vom Veranstalter Dominik Roeseler gab es ein paar ermutigende Worte. Nach der gelungenen Einteilung in vier Gruppen, konnten die OrdnerInnen dann tätig werden und die Veranstaltung beginnen. Nach dem Verlesen der Auflagen bat Anmelder Roeseler seinen Mitorganisator Andreas „Kalle“ Kraul auf die Bühne. Der begrüßte die TeilnehmerInnen und bekundete, für ihn sehe es nach kaum weniger Menschen aus als im Vorjahr (2014 nahmen laut Polizeiangaben 4.800 Personen an HoGeSa teil).
Keine Stimmung bei den Hools
Obwohl Roeseler und Kraul ihr vermutlich möglichstes taten, um gute Laune zu verbreiten, kam während der gesamten Versammlung kaum Stimmung auf. Parolen wie „Lügenpresse, Lügenpresse“, „Wir wollen keine Salafistenschweine“, das gegrölte „Antifa Hurensöhne“ oder das obligatorische „Ahu!“ - alles lief nach wenigen Wiederholungen ins Leere.
Auf Krauls Begrüßung folgte ein Redebeitrag von Edwin Wagensveld, genannt „Ed, der Holländer“. Er berichtete, wie ein Interview, das er 2014 am Rande der HoGeSa-Kundgebung in Hannover hielt, sein Leben verändert habe. Das Interview bei „blu-News“, einer rechtspopulistischen Internet-Plattform, machte ihn zu einer Art Star der Szene, seither ist er Dauerredner bei PEGIDA und ähnlichen Veranstaltungen. Natürlich müsse echten Flüchtlingen in Deutschland Asyl gewährt werden, verkündete er. Jedoch beantrage nur ein Bruchteil rechtmäßig Asyl, alle anderen müssten rigoros abgeschoben werden. Das Geld, das so eingespart werden könne – solle stattdessen für „unsere Obdachlosen“ verwendet werden. Seine Ausführungen langweilten die Teilnehmenden sichtlich, einige verließen die Kundgebung bereits zu diesem Zeitpunkt.
Das „Highlight“ der Kundgebung war dann wie erwartet der Auftritt von "Kategorie C". Live zu sehen und zu hören war jedoch nur Sänger Ostendorf, die musikalische Begleitung kam vom Band. Trotz Kultstatus kam auch während dieser Darbietung kaum Stimmung auf. Hieran änderte auch Ostendorfs Kritik, dass die meisten Anwesenden ihr Handy in die Höhe hielten, um den Auftritt zu filmen, nichts. Dennoch resümiert Ostendorf auf Facebook: „Halli Hallo, gestern viele bekannte Gesichter gesehen, super Stimmung. Leider wieder viel Schikane seitens der Blauen. Aber egal es waren 1800 Leute vor Ort. Das kann sich sehen lassen. Wenn es am Bahnhof in Köln stattgefunden hätte wären locker 2000 Leute mehr gekommen.“
Dem Auftritt folgte noch ein mehr oder weniger spontaner Beitrag der Saarländerin Jaqueline „Jacky“ Süßdorf, Vorsitzende der NPD Burbach und in die verschiedenen skurrilen Skandale der Saar-NPD verwickelt. Kraul bat sie „spontan“ auf die Bühne, sie zierte sich, kam dann aber und redete mehr darüber, dass sie aufgeregt sei, als dass sie die Veranstaltung durch Inhalte „bereicherte“.
Auch die folgenden Redebeiträge von Manuela Eschert alias „Maria“ von „infidels Deutschland“ und Roeseler konnten die Teilnehmenden nicht begeistern. Immer größer wurde die Anzahl derer, die die Veranstaltung vorzeitig und übellaunig verlassen wollten. Dass die Polizei dies ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr zuließ, erhielt Roeseler zwar einen Großteil der ZuhörerInnen, Aufmerksamkeit wurde ihm trotzdem nur bedingt geschenkt. Dies dürfte sich auch auf die Spendensammlung ausgewirkt haben. Um die Kosten für den Rechtsstreit im Vorfeld zu decken, sollten Spendendosen mit Scheinen gefüllt werden.
Neonazi-Rapper als Rausschmeisser
Während bereits die Hälfte der Anwesenden an der Absperrung stand, um die Kundgebungsort zu verlassen, hatte dann auch noch der Berliner Neonazi-Rapper Patrick Killat alias „Villain051“ seinen Auftritt. Auch er stand schon im Vorjahr auf der Bühne. Killats Darbietung - ohne seinen Duo-Partner und ohne musikalische Untermalung - sorgte bei der anwesenden Presse für schockierte bis deutlich erheiterte Reaktionen, bei den VersammlungsteilnehmerInnen für Kopfschütteln und Unverständnis. Zum Abschluss gab es noch ein Grußwort von Aktivisten der „Nationalistes Autonomes“ aus Fankreich, das Melanie Dittmer übersetzte und dem sie noch Werbung für ihre DÜGIDA-Veranstaltungen anschloss.
Dass Roeseler sich pro forma das Mandat abholte, wieder eine ähnliche Kundgebung - „nur mit Demonstrationszug“ - zu organisieren, läßt befürchten, dass es nicht die letzte Versammlung der „Hooligans gegen Salafisten“ gewesen ist. Sie dürfte jedoch erneut deutlich kleiner ausfallen, hielt sich der Erlebnis-Charakter der Veranstaltung am Sonntag doch in engen Grenzen: ein trister, abgeschotteter Kundgebungsplatz, eine durch Blockaden behinderte Anreise, restriktive Auflagen inklusive totalem Alkoholverbot, schlechte Musikbeiträge und langweilige Reden. Keine Demonstration, keine Action, keine Möglichkeit für Krawall.