Rechtslastige Kampfsportveranstaltung: Quo vadis, MAWI?

Erstveröffentlicht: 
27.09.2015

Am 10. Oktober soll im Haus Auensee die "Imperium Fighting Championship III" stattfinden. Bei der Veranstaltung werden nicht nur mehrere Neonazis im MMA-Käfig stehen. Einzelne Sponsoren weisen Bezüge zur rechten Szene auf und die Organisatoren sind tief im braunen Sumpf verankert. Konzertveranstalter Matthias Winkler, der die Halle an die Rechten vermietet hat, äußerte sich mittlerweile öffentlich zu der Geschäftsbeziehung.

 

Anfragen von L-IZ.de ließ Matthias Winkler bisher unbeantwortet. Dafür äußerte sich der Geschäftsführer der Konzertagentur MAWI auf dem Internetauftritt des Haus Auensee. „Wir haben mit den Organisatoren der umstrittenen Veranstaltung im Frühjahr einen Mietvertrag abgeschlossen. Da dies die erste Vermietung für eine (derartige) Sportveranstaltung ist, wurde aus Unkenntnis versäumt, sich über die Teilnehmer der Veranstaltung näher zu informieren, zumal diese nach unserem Informationsstand zum Zeitpunkt der Vertragsschließung nicht bekannt waren“, schreibt Winkler.

 

Vielleicht liest der Konzertmacher keine Zeitungen oder interessiert sich nicht wirklich dafür, was er so geschäftlich vereinbart? Schon im Januar berichtete das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ in seiner Online-Ausgabe, dass die „Imperium Fight Championship II“ im April nicht wie geplant in der Ernst-Grube-Halle stattfinden werde. Die Gründe waren die gleichen wie heute.

 

Die Universität Leipzig hatte den Organisatoren um den Kampfsportler Tom Reiche den Mietvertrag für ihre Sporthalle gekündigt, nachdem Studenten die Hochschule über die Verstrickungen einzelner Kämpfer in die rechte Szene informiert hatten. Auch L-IZ.de berichtete seinerzeit, nicht das erste Mal. Um einen Einblick in die Schnittmengen von Hooligans, Freefightern und Neonazi-Szene zu bekommen, hätte Konzertmanager Winkler den Titel der geplanten Veranstaltung nur in eine Suchmaschine eintippen müssen. Er wäre rasch fündig geworden.

 

Quo vadis MAWI?

 

Dass das Landesamt für Verfassungsschutz nicht die gesamte Veranstaltung als rechtsextremistisch klassifiziert, betrachtet Winkler als Dilemma. „Wir lassen derzeit Anwälte prüfen, ob die vorliegenden Informationen und Umstände ausreichen, um den Mietvertrag kündigen zu können. Die Einschätzung des Verfassungsschutzes spricht leider eher dagegen“, findet Winkler. Der Konzertmanager liegt mit der Einschätzung möglicherweise falsch.

 

Der Nachrichtendienst kam bei der Vorgängerveranstaltung, die in der Ernst-Grube-Halle stattfinden sollte, zu exakt derselben Einschätzung. Die Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (Linke) machte in einer Pressemitteilung deutlich, dass das Handeln der Hochschule die Messlatte sein wird, an dem Winklers Umgang mit den Neonazis in der kritischen Öffentlichkeit gemessen werde. „Ich appelliere an die Betreiberfirma, die Räume für das ‚Imperium Fighting Championship‘ zu kündigen.“

 

Man kennt sich aus rechten Kreisen

 

Gute Gründe, die gegen die Ausrichtung der Veranstaltung im Haus Auensee sprechen, lassen sich viele finden. Zwar behaupten die Veranstalter in einem Statement auf ihrer Facebook-Seite, bei der Gala würden keine Sportler antreten, die der rechtsextremen Subkultur zuzuordnen seien. Ganz oben auf der Fightcard steht mit Christopher Henze allerdings ein Rechtsextremist aus dem Fußballmilieu. Der „Cheftrainer“ des „Imperium Fight Team“, Benjamin Brinsa, gilt unter Beobachtern seit Jahren als eine einflussreiche Figur in der regionalen Hooliganszene. Der heutige „Sportler“ war zeitweilig sogar im Leipziger Parteibüro der NPD gemeldet. Brinsa und Henze sind frühere Mitglieder der Fangruppierung „Scenario Lok“, die sich im Herbst 2014 selbst aufgelöst hat.

 

Die Fußballfans waren nicht nur für ihre hohe Gewaltbereitschaft bekannt. Einzelne Scenario-Mitglieder zählten Ende der 2000er-Jahre zum harten Kern des Leipziger Ablegers der zwischenzeitlich aufgelösten Neonazi-Organisation „Freies Netz“ und waren auch bei den Jungen Nationaldemokraten aktiv. Der Verfassungsschutz ordnete die Vereinigung der rechten Szene zu. Kein ehemaliges Mitglied hat sich bislang nachhaltig von der rechtsextremen Szene distanziert.

 

Brinsas langjähriger Geschäftspartner Thomas Persdorf gründete einst das Rechtsrocklabel „Front Records“ in Wurzen. Die überregional bedeutende Plattenschmiede mit angeschlossenem Szenevertrieb existiert bis heute, längst ist die überregionale Presse auf die Verbindungen aufmerksam geworden und berichtet namentlich über die bekannten Betreiber. Im Jahr 2011 beliefen sich die Umsätze laut dem im Bundesanzeiger veröffentlichten Jahresabschluss immerhin auf rund 180.000 Euro.

 

Gelebte Praxis

 

Bei nahezu allen Kampfsportabenden im Freistaat, bei denen die drei Genannten in den letzten Jahren in irgendeiner Funktion vor oder hinter den Kulissen mitgewirkt haben, erkannten sächsische Verfassungsschützer Bezüge zum Rechtsextremismus. Gründe dafür gibt es genug: Das Kleinunternehmen A&B Service UG, das Brinsa und Persdorf 2010 aus der Taufe hoben, tauchte zeitweilig im Impressum der Internetseite einer „Aryan Brotherhood Germany“ auf. Die Firma ist auf demselben Grundstück im Wurzner Ortsteil Falkenhain ansässig wie der Front-Records-Versand.

 

Dass die linkspolitisch engagierte Band Tocotronic, die am 8. Oktober im Haus Auensee auftreten möchte, über ihr Management ankündigen ließ, ein Band-Bündnis gegen die „hässliche Veranstaltung“ zu schmieden, überrascht unter diesen Umständen keineswegs. Ebenso wenig, dass Matthias Winkler sich so rasch nicht wieder aus der Szenerie lösen kann. Nicht wenige Security-Mitarbeiter verschiedenster Firmen in Leipzig sind begeistert vom Käfigkampf. Die Wachleute, die Konzertunternehmen üblicherweise beauftragen, gehören nicht selten Kreisen an, in denen berufsbedingt Stärke und Männlichkeit oberste Priorität haben. Die Frage ist wie diese Art des Entertainments neben Tocotronic solche Künstler wie Heinz-Rudolf Kunze, Helge Schneider und Co. sehen, die Winkler in den kommenden Wochen nach Leipzig holen will?