CDU bleibt deutlich vorn, SPD und AfD gleichauf / Rechte Parteien bei 30- bis 44-Jährigen sehr stark
Von Andreas Debski
Leipzig. Der große Verlierer des Sachsentrends von MDR und Infratest
Dimap heißt Stanislaw Tillich: Während seine CDU im Vergleich zur
Landtagswahl vor einem Jahr nur einen Punkt auf 38 Prozent verliert und
damit weiterhin deutlich vor der zweitplatzierten Linken (17 Prozent)
liegt, rutscht der Ministerpräsident in der Wählergunst von 75 auf 60
Prozent. Das ist der tiefste Wert, den es bislang für Tillich als
Regierungschef und die Zufriedenheit mit seiner Arbeit gegeben hat, was
offensichtlich mit dem Flüchtlings-Krisenmanagement zusammenhängt.
Erstmals honoriert auch keine klare Mehrheit die Arbeit der
Landesregierung: Nur 50 Prozent sind mit der CDU/SPD-Koalition sehr oder
überhaupt zufrieden - für sächsische Verhältnisse ist dies höchst
ungewöhnlich. Die abgewählte CDU/FDP-Koalition kam im August 2014 noch
auf 63 Prozent.
Der CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer wertet die Umfrageergebnisse
als Herausforderung. "Das große Vertrauen in die sächsische Union
müssen wir jeden Tag bestätigen. Die Aufgaben bei der Unterbringung der
Asylbewerber fordern auch Sachsen stark. Die Sorgen in der Bevölkerung
nehmen wir sehr ernst", macht er gegenüber der LVZ klar. Nach der
Unterbringung stehe nun die erfolgreiche Integration an - eine
Polarisierung der Gesellschaft schade allen. "Es muss zügig gelingen,
die Handlungsfähigkeit und Kontrolle an den Grenzen zurück zu gewinnen."
Wie sehr sich die steigenden Flüchtlingszahlen und die damit verbundene
Debatte auf die Umfrage auswirken, zeigen die Ergebnisse am rechten
Rand. Zum einen gewinnt AfD-Chefin Frauke Petry sechs Punkte in der
Beliebtheit hinzu und genießt damit das Vertrauen von einem Fünftel der
Befragten. Gleichzeitig geben aber auch 39 Prozent an, mit Petry weniger
oder gar nicht zufrieden zu sein. Und zum zweiten: Mit 13 Prozent liegt
die AfD gleichauf mit den Sozialdemokraten, was einem Plus im Vergleich
zur 2014er Wahl von mehr als drei Prozent entspricht. Zudem würde die
derzeit nicht im Landtag vertretene NPD mit fünf Prozent den Einzug ins
Parlament schaffen. Insgesamt heißt das: Fast jeder Fünfte spricht sich
laut Umfrage für Rechtsaußen aus. Bei den 30- bis 44-Jährigen liegt die
Ablehnung von Flüchtlingen und die Gewaltakzeptanz am höchsten,
erreichen AfD und NPD Rekordwerte: In dieser Altersgruppe ist die AfD
zweit- und die NPD drittstärkste Partei. Der Anteil der rechtsextremen
beziehungsweise rechtspopulistischen Stimmen liegt hier bei einem
Drittel.
Grünen-Landeschef Jürgen Kasek - dessen Partei sich im Vergleich zur
Wahl um 1,3 Punkte auf sieben Prozent steigern konnte - attestiert
Sachsen "einen besorgniserregenden Rechtsruck". Er wirft der CDU vor,
diese Entwicklung noch zu befördern: "Wer, wie Fraktionschef Frank
Kupfer, Vorbehalte gegen Muslime schürt, bindet keine Wähler an sich,
sondern stärkt nur NPD und AfD. Die CDU sollte sich auf die christlichen
und demokratischen Werte und Wurzeln zurückbesinnen und endlich Schluss
mit ihren dumpfen Parolen machen." Auch Linken-Landeschef Rico Gebhardt
kritisiert: "Der Flirt der CDU mit rechtspopulistischen Positionen hat
die Situation verschärft. Sie haben die Argumente der Rechtspopulisten
damit legitimiert."
In der Umfrage geben 44 Prozent an, gegen die Aufnahme weiterer
Flüchtlinge zu sein. 60 Prozent sagen, dass ihnen die Anzahl der neuen
Flüchtlinge Angst macht. Damit liegt Sachsen weit über dem Bundesschnitt
(38 Prozent). Deutlich wird auch, dass der Bildungsgrad im Zusammenhang
mit der Angst steht: Unter den Befragten mit Abitur oder
Fachhochschulreife fürchten sich 38 Prozent, bei Mittlerer Reife sind es
66 Prozent und bei Volks- oder Hauptschulabschluss sind es 71 Prozent.
Das Erschreckende sei zudem, so Gebhardt, dass jeder sechste Mann in
Sachsen selbst gewalttätigen Protest gegen Flüchtlinge in Ordnung
findet. "Das bedeutet ein langfristiges erhebliches Sicherheitsrisiko,
das Ausdruck einer schweren gesellschaftlichen Krankheit ist."