Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat Heidelberger Aktivisten Recht gegeben: Der Einsatz eines verdeckten Ermittlers war rechtswidrig. In Hamburg wurde am Mittwoch erneut eine Beamtin enttarnt.
Erfolg auf ganzer Linie: Der Aktivist Michael Dandl und sechs weitere Heidelberger Linke bekamen am Mittwoch Recht. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe erklärte einen Spitzeleinsatz für rechtswidrig, der sich gegen Dandl, Aktivist in der Roten Hilfe und der Autonomen Antifa Heidelberg sowie eine weitere Person richtete. Betroffen von der Ausspähung sind allerdings viele Aktivisten der Heidelberger Linken. Sieben Betroffene reichten die Klage ein, die sie nun gewonnen haben.
Die Enttarnung des Polizeispitzels Simon Bromma hatte Ende 2010 bundesweit für Aufsehen gesorgt. Der junge Mann war in die linke Szene Heidelbergs eingeschleust worden und sollte die Autonome Antifa ausspähen. Doch Simon Brenner, wie der Alias-Namen des verdeckten Ermittlers lautete, suchte Kontakt zu linken studentischen Initiativen wie dem SDS und beteiligte sich auch an bundesweiten Bündnistreffen. Nach knapp neun Monaten endete die verdeckte Arbeit von Bromma, als er durch Zufall enttarnt wurde. Eine Urlaubsbekanntschaft erkannte den vermeintlichen Germanistikstudenten als Polizisten und informierte seine neuen Bekannten. Die stellten den vermeintlichen Genossen zur Rede, der innerhalb kurzer Zeit seine Spitzeltätigkeit einräumte und aus Heidelberg verschwand.
Juristisch fing die Auseinandersetzung da gerade erst an. Die von der Ausspähung Betroffenen gründeten die Arbeitsgruppe Spitzelklage und erstatteten Anzeige. Ihnen gab die Vorsitzende Richterin des Karlsruher Verwaltungsgericht, Anna Mayer, nun Recht. Sie konnte bei beiden Zielpersonen keine konkrete Gefahr erkennen. Die konkrete Gefahr einer Straftat mit erheblicher Bedeutung ist aber Voraussetzung für den Einsatz eines verdeckten Polizeiermittlers. Dandl erklärte gegenüber »nd«, die Gruppe werde nun beraten, wie sie weiter vorgeht. Eine Klage auf Schadenersatz wegen unrechtmäßiger Überwachung sei ebenso denkbar wie eine Klage gegen das Polizeigesetz von Baden-Württemberg.
Doch es geht ihnen nicht in erster Linie um die juristische Auseinadersetzung. Die Gruppe will mit ihrer Arbeit vor allem die Überwachung linken Zusammenhänge thematisieren. »Wir wollten die Unrechtmäßigkeit der Maßnahme feststellen und weitere Bespitzelung für die Zukunft erschweren«, begründete Michael Dandl gegenüber »nd«. »Wir können den Repressionsorgane damit etwas Sand ins Getriebe streuen.«
Auch Martin Singe vom Komitee für Grundrechte und Demokratie sieht Klagen von Betroffenen von Spitzeleinsätzen vor allem als ein Mittel der Öffentlichkeitsarbeit. Die AG Spitzeleinsatz hatte am vergangenen Samstag in Heidelberg eine Demonstration organisiert, hätte sich aber eine größere Beteiligung gewünscht. Doch es sind Semesterferien in der Universitätsstadt Heidelberg, das erschwert die politische Arbeit.
In Hamburg wurde am Mittwoch eine weitere verdeckte Ermittlerin von einer linken Recherchegruppe enttarnt. Die Polizeibeamtin Maria Böhmischen war demnach unter dem Namen Maria Block zwischen 2009 und 2012 in linken Zusammenhängen Hamburgs aktiv und hat auch internationale Bündnistreffen besucht. Sie sei dabei »tief in die Strukturen der linken Szene eingedrungen«, heißt es in einer Erklärung.
Christiane Schneider, Vizepräsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft forderte rasche Aufklärung. »Wenn die Vorwürfe zutreffen, dann offenbart das ein großes Problem der Polizei«, erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft.
Ein Sprecher der Polizei bestätigte dem Norddeutschen Rundfunk am Nachmittag, dass es sich bei der mutmaßlichen Aktivistin um eine Hamburger Beamtin handele. Nun gelte es, »die Gesamtumstände zu diesem Fall« zu prüfen.
Erst Ende 2014 war in Hamburg eine Aktivistin als LKA-Beamtin enttarnt worden. Der Fall Iris Schneider beschäftigt bis heute die Innenbehörden.