Extremisten sprengten vor 30 Jahren drei Radar-Anlagen der US-Armee im Nordsaarland in die Luft. Verletzt wurde damals niemand. Die Täter – die Polizei verdächtigte Linksextreme – konnten bis heute nicht gefasst werden.
Drei laute Explosionen rissen am Morgen des 6. September 1985 die Bewohner von Freisen-Reitscheid und die Wachgänse des nahen US-Stützpunktes aus dem Schlaf. Was war passiert? Zunächst vermuteten die Reitscheider, der Überschallknall eines Kampfjets hätte das laute Getöse verursacht, doch ein massiver Polizeieinsatz belehrte sie in den kommenden Stunden eines Besseren. Die SZ titelte am darauffolgenden Tag: „Terroranschlag im Nord-Saarland“. Vermutlich Sympathisanten der Rote-Armee-Fraktion (RAF) hatten sich zu der US-Flugabwehrbasis bei Reitscheid Zugang verschafft und drei Bomben gezündet. Dabei zerstörten sie drei Radar-Anlagen. Menschen wurden nicht verletzt. Die US-Armee bezifferte den Schaden auf „weit über zehn Millionen D-Mark“.
Durch zwei Löcher im Zaun hatten sich die Extremisten im Morgengrauen auf die Raketenbasis geschlichen. Die Gänse, die das US-Militär als „Wachhunde“ hielt, schlugen nicht an. Auch die Streife laufenden GIs bemerkten die Täter nicht. Die auf dem Gelände stationierten Flugabwehr-Raketenwerfer vom Typ Hawk ließen die Täter außer Acht. Stattdessen brachten sie Bomben an drei mobilen Zielsuch- und Feuerleit-Radaranlagen an, die auf großen Erdhügeln in Stellung gebracht worden waren. Um 5.45 Uhr gingen die Bomben hoch. An einem Unterstand ließen die Extremisten mit Sprühfarbe eine Botschaft zurück: „Klassenkrieg gegen den imperialistischen Krieg – Freilassung von Günter Sonnenberg“. Sonnenberg, damals Mitglied der RAF, saß zum Tatzeitpunkt wegen Mordversuchs an zwei Polizisten in Haft.
Ermittler des Landeskriminalamtes, des Bundeskriminalamtes und des US-Militärs forschten nach den Tätern. Eine Sonderkommission unter dem damaligen Kriminalrat und späteren Innen-Staatssekretär Gerhard Müllenbach wurde gegründet. „Wir vermuteten die Täter im linksextremen Milieu“, sagt Müllenbach heute. Es gab Hinweise, dass die Täter Verbindungen zur RAF oder der französischen Terror-Organisation „Action Directe“ hatten. „Bis heute konnte aber keiner der Täter überführt werden“, erzählt Müllenbach, der heute im Bundesvorstand der Opferhilfs-Organisation „Weißer Ring“ arbeitet.
Das Saarland war in den vergangenen Jahrzehnten zum Glück nicht oft Schauplatz von Anschlägen. Allerdings wurde in unserer Region in den 1970er und 1980er Jahren immer wieder nach RAF-Terroristen wie Ulrike Meinhof, Christian Klar oder dem Saarländer Martin Thiel gefahndet. Im Frühjahr 1981 warfen Unbekannte Molotow-Cocktails auf ein Gebäude des Saar-Innenministeriums. RAF-Sympathisanten bekannten sich zur Tat. 1987 flog in Beckingen ein Sprengstofflager der libanesischen Terroristen Abbas und Mohammed Hamadi in die Luft. 1999 explodierte eine Bombe bei einem Anschlag auf die in Saarbrücken gezeigte Wehrmachtsausstellung. Bei allen Anschlägen wurde niemand verletzt. fre