Die Bremer Innenbehörde wurde von Vermummten attackiert: Ein Bekennerbrief nennt die Flüchtlingspolitik als Anschlagsgrund.
BREMEN taz | Für „um die 60.000 Euro Sachschaden“ hat laut Polizei ein kurzer, aber offenbar gut organisierter Angriff auf den Dienstsitz des Bremer Innensenators Ulrich Mäurer (SPD) gesorgt. Etwa 15 Vermummte seien am Samstag „gegen 1.45 Uhr aus den Wallanlagen gestürmt“ heißt es in der Pressemitteilung, und hätten „mit Pflastersteinen insgesamt fünf Scheiben des Amtssitzes“ zertrümmert.
Zudem seien Wände und die Videokameras „mit blauer Farbe besprüht“ worden, teilte ein Polizeisprecherin mit. Parolen seien keine angebracht worden, „einen politischen Hintergrund können wir nicht ausschließen“. Der Staatsschutz ermittele.
Dezidiert als politische Aktion, die sowohl auf Ulrich Mäurer „persönlich wie auf sein Amt“ ziele, bezeichnet ein auch online veröffentlichtes Bekennerschreiben die Tat, das der taz.bremen vorliegt. „wir haben [...] mit unseren bescheidenen mitteln mehrere 10.000 € sachschaden an der landesinnenbehörde veursacht“, protokolliert das Dokument in konsequenter Kleinschreibung, „über die sich innensenator mäurer so gerne als oberhaut der bremer politik inszeniert.“ Die Existenz des Bekennerschreiben wurde mittlerweile auch vom Bremer Innensenator bestätigt.
Auffällig ist das gut koordinierte Vorgehen: Als „blitzartig“ beschreibt die Polizeisprecherin den Angriff. „Es ging sehr schnell – binnen drei Minuten war alles vorbei“, so die Schilderung auf Nachfrage. Entsprechend hätten die vom Wall herbeigeeilten Einsatzkräfte nur noch die Knallgeräusche von der Tat mitbekommen, den Angriff selbst aber nicht beobachten, geschweige denn stoppen können, „und das ist ja ein sehr kurzer Weg“, so die Sprecherin.
Die TäterInnen seien via Wallanlagen Richtung Bürgermeister-Smidt-Straße geflüchtet und entkommen. Außer den Scheiben und der Überwachungstechnik wurde „ein hochwertiger Blumenkübel vor dem Haupteingang umgestoßen und dadurch beschädigt“.
Abschottungspolitik
Die BekennerInnen bezeichnen sich selbst in dem knapp gehaltenen Schreiben eher unspezifisch als „autonome gruppen“. Dieselbe Signatur trug bereits ein Bekennerbrief bezüglich einer Sachbeschädigung beim Logistik-Unternehmen Kühne und Nagel Mitte Mai. Obschon deutlich links verortet, verrät die Terminologie des mit „bekennung zum sachschaden beim innensenat in bremen“ betitelten Textes keine Zugehörigkeit zu einer der bekannten ideologischen Strömungen.
Als Motiv ihrer Tat nennen die VerfasserInnen „die abschottungspolitik“, die den tod von weit über 20.000 Menschen im Mittelmeer verursacht habe: „die militärische abwehr von menschen in not, – das ist insgesamt das verfolgte und gewünschte ziel der deutschen und europäischenn asylpolitik“, behaupten die UnterzeichnerInnen.
Diese aber habe nicht nur die Grenzen und Seewege im Süden und Osten Europas zum Schauplatz: „auch inmitten deutschlands findet der krieg gegen die geflüchteten statt.“ Mäurer und seine Behörde trügen „diese zustände und politik mit“, heißt es zur Wahl des Anschlagsziels, und würden sie „bereitwillig“ umsetzen. Man wisse nämlich genau, wo „die entscheidungsträger sitzen“.
Darüber hinaus verfolge man keine konkreten Ziele mit der Tat und gehe auch nicht davon aus, dass man „die herrschende politik stoppen“ könne. Sie sei vielmehr zu verstehen als „kleine manifestation unseres hasses – gegen euere [sic!] knäste, eure grenzen, eure bullen und eure scheiss autoritäten.“
Auf polizeilicher Seite bearbeitet der Staatsschutz den Fall. Die Staatsanwaltschaft, bei der die Ermittlungen liegen, wollte am Sonntag indes nicht von einem Anschlag sprechen. Es würden „noch keinerlei Details“ bekannt gegeben, hieß es.