Was ist bloß falsch am 300-Euro-Schein?

Erstveröffentlicht: 
19.07.2015

Wer Geld fälschen will, findet zunehmend im Internet Hilfe. Ein paar gezielte Klicks reichen, und ein unechtes Hologramm landet im Warenkorb – das ist ein Sicherheitsmerkmal, das Euro-Banknoten neben Wasserzeichen & Co vor Fälschungen schützen soll. Zwar dominieren vor allem kriminelle Profi-Banden aus Südeuropa das Geschäft mit den Blüten, aber inzwischen mischen chinesische Händler über das Netz kräftig mit – sie bieten etwa die Hologramme an, die man zur Falschgeldherstellung braucht. Das macht sich auch in Deutschland bemerkbar: Noch nie seit der Euro-Einführung 2002 wurden so viele Blüten sichergestellt wie im ersten Halbjahr 2015.


50.500 falsche Banknoten wurden in diesem Zeitraum von der Bundesbank entlarvt – mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr. „Fast jeder zehnte falsche Fünfziger ist mit diesem imitierten Hologramm versehen, das über das Internet vertrieben wird“, sagt Rainer Elm, Leiter des Nationalen Analysezentrums der Bundesbank. Geldhüter stellt das vor Herausforderungen: „Früher war das Fälschen quasi ein .Handwerk’, heute kann potenziell fast jeder fälschen.“

Dass Geldnoten künftig vor allem von Kleinkriminellen zu Hause im stillen Kämmerchen nachgedruckt werden, ist aber unwahrscheinlich. Denn nach wie vor werden Blüten insbesondere in Werkstätten organisierter Fälscherbanden in Süd-Italien im großen Stil produziert. Das Problem liegt in der steigenden Zahl derer, die das Geld unter die Leute bringen. „Die Vertriebswege haben sich aufgrund des Internets verändert“, sagt Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele. Das Bundeskriminalamt bestätigt: „Falschgeld wird zunehmend durch organisierte Gruppen im Internet auf illegalen Handelsplattformen verkauft.“

Wer bei Falschgeld-Dealern nur an Profis denkt, der irrt jedoch. Laut BKA verschaffen sich gerade junge Täter zunehmend Falschgeld über das Internet, um es anschließend zu verbreiten. Es sei sogar schon vorgekommen, dass im Klassenzimmer mit Blüten gehandelt wurde, sagt Elm. Vermutlich werde Falschgeld auch von Drogensüchtigen Online gekauft, die sich so ihr Rauschgift finanzierten.

Für die Wirtschaft hat das Folgen: Den entstandenen Schaden allein im ersten Halbjahr beziffert die Bundesbank auf 2,2 Millionen Euro. Geradestehen muss derjenige, der die Blüte annimmt – und das sind meist Händler oder Gastronomen.

Müssen sich Geschäftstreibende und Verbraucher also große Sorgen machen, unechte Scheine untergejubelt zu bekommen? Thiele gibt Entwarnung. „Die Zahlen erscheinen riesig. Verglichen mit dem Bargeldumlauf ist der Falschgeldanteil in Deutschland sehr niedrig.“ Denn die Bundesbank prüft jährlich etwa 15 Milliarden Banknoten: „Rein statistisch muss man 833 Jahre alt werden, um einmal im Leben mit Falschgeld in Berührung zu kommen.“

Ohnehin tauchen hierzulande weniger unechte Banknoten auf als im Euroraum insgesamt. Dort kommen laut Bundesbank 27 falsche Scheine auf 10 000 Einwohner, hierzulande sind es zwölf.

Eine weitere gute Nachricht: Nicht nur Betrüger sind innovativ, auch Europas Notenbanken sind es. „Wir bemühen uns, Fälschern immer eine Nasenlänge voraus zu sein“, sagt Thiele. Nach den Fünfern und Zehnern der Europa-Serie kommt am

25. November auch der überarbeitete Zwanzig-Euro-Schein in Umlauf – unter anderem mit einem neuen Hologramm-Fenster, das nicht ohne weiteres zu fälschen sein dürfte, wie Thiele betont: „Das bedarf hoher technischer Fähigkeiten.“ Auch die Weichen für den neuen Fünfziger sind bereits gestellt.

Zwar kann jeder Geldscheine auf Echtheit prüfen. Immer wieder weisen Notenbanker darauf hin, dass jeder Verbraucher durch aufmerksames Fühlen, Sehen, Kippen die meisten Fälschungen leicht erkennen kann. Doch die besten Sicherheitsmerkmale helfen nicht, wenn nicht auf sie geachtet wird. So wurde Elm zufolge im vergangenen Halbjahr gleich zweimal mit 300 Euro-Scheinen bezahlt – ohne Beanstandung der Kassierer; dabei gibt es diesen Schein gar nicht. Auch beim Stuttgarter Frühlingsfest hat es ohne aufwendige Fälschung mit der Bezahlung geklappt: Rosa und mit Hirschgeweih bedruckt – der Gutschein eines Bierzeltes wanderte unbemerkt als Zehn-Euro-Schein in die Kasse und fiel nicht mal bei der Geschäftsbank auf. Erst die Bundesbank zog das Papier aus dem Verkehr – die zehn Euro stellte sie der Geschäftsbank in Rechnung.