Polizei von Istanbul geht mit Tränengas, Gummigeschossen und Wasserwerfen gegen Gay Pride vor

Erstveröffentlicht: 
29.06.2015

Besucher der jährlichen Gay-Pride-Parade in Istanbul wurden mit Wasserwerfern, Gummigeschossen und Tränengas bombardiert, als die türkische Polizei am Sonntag versuchte, die Menschenmengen zu zerstreuen.

Die Menschen vergnügten sich auf dem öffentlichen Fest, bis ein Polizeigefährt mit einem Wasserwerfer auftauchte und anfing, die Menge zu beschießen. Ein ins Internet hochgeladenes Video zeigt einen Demonstranten, der trotzig eine Regenbogenflagge hochreckt, bevor ein dicker Wasserschwall ihn von den Füßen fegt und rückwärts durch die Luft katapultiert.

„[Pride-Paraden] sind in jedem Land ein Fest und ein Ort, an dem viele verschiedene Leute zusammenkommen, doch in der Türkei ist die Regierung empfindlich und mischt sich ein, und dann wird daraus Politik, dabei sollte es hier nicht um Politik gehen", sagte Damla, 27, VICE News in Istanbul. „Wir werden behandelt wie lästige Mücken."

Das Istanbul LGBTI Pride-Week-Komitee, das während der Pride Week Veranstaltungen organisiert, teilte auf Facebook mit, dass das Büro des Gouverneurs von Istanbul das lange geplante Event plötzlich verboten habe, wobei es das Verbot mit dem islamischen Fastenmonat Ramadan begründete. Eine Trans-Pride-Parade wurde letzte Woche ohne Zwischenfälle in Istanbul abgehalten.

„Wir kamen etwa eine halbe Stunde vor dem geplanten Beginn am Taksim-Platz an und sahen, dass die Polizei dabei war, die Zugangsstraßen zu sperren", sagte Ekim, 26, VICE News. „Wir dachten, das hier würde ein ‚normaler', friedlicher Pride werden, doch die Polizei hat uns mit Tränengas willkommen geheißen ... Sie haben die ganzen kleinen Straßen und Gassen abgesperrt, die zur İstiklal Caddesi führen, wo die Parade hätte stattfinden sollen."

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Die erste Gay-Pride-Parade von Istanbul fand 2003 mit nur 30 Teilnehmern statt, doch 2011 waren es laut Hürriyet Daily News bereits mehr als 20.000 Besucher.

Ein Kameramann der Nachrichtenagentur Dogan sagte, die Polizei habe entschlossen gewirkt, Demonstranten aufzuhalten, bevor sie den Taksim-Platz erreichten. Dieser ist bereits mehrmals zur Drehscheibe größerer Proteste geworden.

Die Parade sollte stattfinden, nachdem nur zwei Tage zuvor der Oberste Gerichtshof der USA die Homosexuellenehe in allen 50 Staaten legalisiert hatte. Ein Foto zeigt, dass US-Generalkonsul Charles Hunter die Parade besucht hat, um seine Solidarität mit türkischen Homosexuellen zu demonstrieren.

Nachdem Wasserwerfer die Demonstranten davon abgehalten hatten, in eine Richtung zu gehen, machten sie kehrt und marschierten von der Polizei weg in die andere Richtung. Viele Demonstranten machten sich auf ins nahegelegene Viertel Cihangir, wo sie mit Musik, Gejubel und Trillerpfeifen so etwas wie Partystimmung verbreiteten, während man ab und zu noch Tränengas atmete, da die Polizei damit beschäftigt war, Menschen in dem Viertel durch Nebenstraßen zu jagen. Andere versammelten sich am Tünel, wo die Pride-Parade meist endet, doch auch sie wurden von der Polizei aufgelöst.

Später stürmten Bereitschaftspolizisten mitten auf der Istiklal Caddesi—der geplanten Demo-Strecke—wiederholt mit gepanzerten Fahrzeugen und Wasserwerfern im Rücken auf kleine Gruppen spottender Demonstranten zu und feuerten dabei sowohl Tränengas als auch Wasser mit Pfefferspray aus dem Wasserwerfer. Pride-TeilnehmerInnen und Passanten—darunter viele Touristen und Touristinnen—verteilten sich und verdeckten dabei ihre Gesichter mit Flaggen und anderen Dingen, um sich vor dem Gas zu schützen.