Tortenwerfer-Prozess überraschend geplatzt

Erstveröffentlicht: 
25.06.2015

Heilbronn  Der Tortenwurf auf Innenminister Reinhold Gall wird rechtlich nicht weiter geahndet. Staatsanwaltschaft Heilbronn und der Angeklagte haben ihre Berufung am Donnerstagmorgen zurückgezogen.

 

Die Nachricht kam unerwartet. Der Tortenwerfer aus Hohenlohe sollte am kommenden Montag in einem Berufungsprozess vor dem Landgericht Heilbronn stehen. Es sollte um den Vorwurf der versuchten Körperverletzung und der Nötigung gehen.

Dann die Überraschung: Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte haben ihre Berufung zurückgenommen, hieß es am Donnerstagmorgen in einer Stellungnahme des Landgerichts. Der Prozess ist damit abgesagt.


Innenministerium sieht Prozessende gelassen

Angeklagt war ein junger Mann aus Hohenlohe. Er hatte im Februar 2014 eine Torte auf Innenminister Reinhold Gall geworfen. Im November wurde er dann vor dem Amtsgericht Öhringen zu einer Geldstrafe von 1000 Euro verurteilt.

Die Strafe gab es allerdings nicht für die Attacke auf Gall. Das Amtsgericht verurteilte den Hohenloher, weil sich ein Personenschützer Galls im Tumult nach dem Tortenwurf verletzte. Mit der Absage des Berufungsprozesses ist das Urteil des Amtsgerichts Öhringen jetzt rechtskräftig.


Schwierigkeiten beim Tatnachweis

Die Heilbronner Staatsanwaltschaft war mit dem Urteil im November allerdings nicht zufrieden. Sie warf dem jungen Mann weiterhin versuchte Körperverletzung zusammen mit Sachbeschädigung, fahrlässiger Körperverletzung und Nötigung vor. Deshalb hatte sie Berufung eingelegt. Auch der junge Mann legte Berufung ein. Sein Anwalt forderte einen Freispruch.

Der Rückzug kam jetzt, weil das Landgericht in seiner vorläufigen Rechtsauffassung Schwierigkeiten beim Tatnachweis sah. "Angesichts dessen hat die Staatsanwaltschaft entschieden, die Berufung zurückzunehmen", sagte Bettina Jörg, Pressesprecherin der Heilbronner Staatsanwaltschaft, auf Stimme-Nachfrage. Deshalb zog auch der Angeklagte zurück.

 

Keine zulässige Form der politischen Meinungsäußerung

Die Staatsanwaltschaft hält aber daran fest, "dass ein Tortenwurf keine zulässige Form der politischen Meinungsäußerung ist". Dadurch würden die Grenzen zur Strafbarkeit überschritten, sagt Jörg.

Auch der Richter am Öhringer Amtsgericht hatte im November den Tortenwurf als plakative Missbilligung der Person des Ministers gesehen - also als Beleidigung. "Diese Straftat konnte nur deshalb nicht verfolgt werden, weil der Minister auf die Stellung eines Strafantrages verzichtet hatte", sagt Jörg.

 

"Kein Anlass von Traurigkeit"

Gall habe den Fall nicht strafrechtlich verfolgen wollen, sagt Andreas Schanz, Pressesprecher des Innenministeriums auf Stimme-Nachfrage. Die Staatsanwaltschaft hatte den Fall trotzdem aufgegriffen, weil sie ein öffentliches Interesse sah.

Dass der Berufungsprozess jetzt abgesagt wurde, ist aus Sicht des Innenministeriums kein Thema. Es sei „kein Anlass von Traurigkeit“, sagt Pressesprecher Schanz.