Im April war es wieder mal soweit. Im Zuge einer Vollstreckung diverser Haftbefehle der Bundesanwaltschaft und mit dem Segen des BGH (Bundesgerichtshof) wurden vom BKA (Bundeskriminalamt) diverse Rollkommandos gegen linke Strukturen aufgestellt. Türen und Fenster wurden aufgebrochen und Wohnungen und Häuser durchstöbert.
Im Visier der staatlichen Gewalt steht die Migrant*innenorganisation ATIK (Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa). In diesem Verbund kooperierren europaweit mehr als ein Dutzend Vereine verschiedener Nationalitäten. Aus ihrer Mitte wurden nun 11 Menschen verhaftet: zunächst 7 in Deutschland, später weitere 4 in Frankreich, Griechenland und der Schweiz.
Alle Genoss*innen besitzen einen legalen Aufenthaltsstatus. Unter ihnen befinden sich Arbeiter*innnen, Rentner*innen und politische Flüchtlinge mit anerkanntem Asyl. Ihnen wird vorgeworfen, der TKP/ML (Türkische Kommunistische Partei / Marxistisch-Leninistisch) anzugehören. Den sieben in Deutschland inhaftierten ATIK Mitgliedern droht eine Anklage nach dem Gesinnungs- und Schnüffelparagraphen 129b (Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung) – eine Auslieferung der weiteren vier Aktivist*innen nach Deutschland ist zu befürchten.
Die harte Repression, die hier vollzogen
wird, steht in der Tradition der sogenannten „Organisationsdelikte“, die
sich gegen linke migrantische Organisationen richten: Zuerst werden
diese verboten und kommen auf die „Terrorlisten“ der EU und USA. Dann
werden politische Aktvitäten verboten und kulturelles Leben untersagt,
weil sie vorgeblich mit der verbotenen Organisation zusammenhängen.
Hierzu zählen in anderen Fällen Kartenverkäufe für politische Konzerte
linker Bands, das Abhalten von politischen Veranstaltungen oder die
Betreuung politischer Gefangener.
Die seit über 30 Jahren bestehende TKP/ML ist bisher lediglich in der
Türkei verboten und nicht auf genannten „Terrorlisten“ aufgeführt.
Der jetzige Angriff auf ATIK steht im
direkten Kontext der Unterstützung der Bundesregierung für das türkische
AKP Regime, das jegliche linke Opposition zu unterdrücken versucht.
Die Grundlage für angebliche Straftaten stammen in vielen Fällen von den
Behörden des türkischen Regimes, von denen bekannt ist, dass sie
Geständnisse unter Folter erpressen.
Die Paragraphen 129 a und b (Unterstützung in- und ausländischer
„terroristischer“ Vereinigungen) gelten zu Recht als
Gesinnungsparagraphen, um politische Zusammenhänge auszuforschen, zu
kriminalisieren und deren vermeintliche oder tatsächliche Mitglieder in
politischen Verfahren zu langen Haftstrafen zu verurteilen.
Unsere Solidarität gilt den inhaftierten Genoss*innen. Wir fordern ihre
umgehende Freilassung und ein Ende der Ermittlungen. Ebenso wendet sich
die Rote Hilfe e.V. entschieden gegen Verbote linker Exilorganisationen.
Solidarität mit den inhaftierten ATIK Mitgliedern! Weg mit den §§ 129 a/b! Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Knastkundgebung | Bärenschanzstr. 68, 15 h 30 | am 27.6. in Nürnberg
Schreibwerkstatt am Solitresen im Stadtteilladen Schwarze Katze um 19 h | Untere Seitenstr. 1 | am 3.7. in Nürnberg
Schreibt den Gefangenen:
Seyit Ali Ugur
JVA Augsburg
Karmelitengasse 12
86152 Augsburg
Musa Demir
JVA Landshut
Berggrub 55
84036 Landshut
Erhan Aktürk
JVA Nürnberg
Mannertstraße 6
90429 Nürnberg
Sinan Aydin
JVA Kaisheim
Abteistraße 10
86687 Kaisheim
Banu Büyükavci
JVA München
Frauenanstalt
Schwarzenbergstraße 14
81549 München
Müslüm Elma
JVA Kempten
Reinhartser Straße 11
87437 Kempten (Allgäu)
Haydar Bern
JVA München
Männeranstalt
Schwarzenbergstraße 14
81549 München
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Sami Solmaz in Frankreich
Maison d’Arret Reims
23 boulevard Robespi
51090 REIMS CEDEX
Spendenkonto: Rote Hilfe Regionalgruppe Nbg – Fü – Er, GLS-Bank
Iban: DE85 4306 0967 4007 2383 59
BIC: GENODEM1GLS
Kennwort: ATIK