Veranstaltungsreihe "Rechter Terror" in Darmstadt erfolgreich zu Ende gegangen. Zwischen dem 28. Februar und dem 08. Juni 2015 fanden in Darmstadt fünf Veranstaltungen statt, die sich mit neonazistischem Terror und den Personen und Strukturen dahinter befassten. Und immer wurden auch Verbindungen nach Hessen aufgezeigt.
Thomas Lecorte referierte unter anderem über "unheimliche" Bündnisse zwischen westlichen Alliierten und Nazis seit den 50er Jahren, die bis heute nur wenig aufgeklärt sind. Auch die Frage, wie eng dies mit dem Revival der politischen Neonazi-Bewegung in Westdeutschland in Verbindung zu bringen ist, ist längst nicht hinreichend beantwortet. Hessen war davon stark betroffen: Als militärisch wichtige Frontlinie im Kalten Krieg ebenso wie als Brutstätte radikaler Neonazi-Gruppen Ende der 1970er Jahre. Während sich der „Technische Dienst“ als Stay-Behind-Truppe für den Fall einer sozialistischen Machtübernahme auf Mordanschläge vorbereitete, planten militante Zellen Sprengstoffanschläge auf DDR-Einrichtungen.
Yury Winterberg berichtete über
Odfried Hepp, dessen Leben er bereits in einem Buch zusammengefasst
hat.
Der „Spiegel“ nannte Odfried Hepp den Chefdenker der
Neonazi-Szene. Als er 1985 festgenommen wurde, war er einer der
meistgesuchten Terroristen der Welt. Die von ihm initiierte
"Hepp-Kexel-Gruppe" verübte Bombenanschläge auf
Einrichtungen der US-Army im Rhein-Main-Gebiet. Nach einer
langjährigen Haftstrafe sagte er sich vom Neonazismus los, brachte
durch seine Aussagen andere nazistische Gewalttäter hinter Gitter.
Dennoch setzte ihn das FBI nach dem 11. September 2001 auf die Liste
der Verdächtigen. Kurz darauf versuchte der deutsche Geheimdienst,
Odfried Hepp anzuwerben…
Robert Andreasch fasste Hintergründe und Fakten über das Oktoberfestattentat vom 26. September 1980 zusammen, das 13 Tote und über 200 Verletzte forderte.
Das Bombenattentat war der blutigste Terroranschlag in der Geschichte der BRD. Für die Strafverfolgungsbehörden war schnell klar: es handelt sich um die Tat es Einzelttäters. Doch zahlreiche Hinweise werfen weiterhin viele Fragen auf. Ungeklärt bleibt vor allem die Rolle der Wehrsportgruppe Hoffmann, der der Täter Gundolf Köhler angehörte. Bis zu ihrem Verbot war die WSG Hoffmann eine der wichtigsten Schnittstellen des neofaschistischen Lagers. Einzelne Spuren des Münchener Attentats führten auch zu Mitgliedern der Gruppen in Hessen.
Andreas Speit zeigte in seinem
Vortrag die Aktivitäten der Neonaziszene und Hintergründe der 90er
Jahre auf, die unter anderem die rassistisch motivierten Verbrechen
des "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU)
hervorbrachten. Diese offenbarten der Öffentlichkeit eine neue
Dimension extrem rechter Gewalt. Doch diese Form des politischen
Kampfes ist kein Einzelfall. In der 90er Jahren wurde in der Szene
breit über einen bewaffneten Kampf diskutiert. Texte über Geld- und
Waffenbeschaffung kursierten, Bücher über Terrorgruppen und
–strategien ebenso. Aktionen folgten. Eine Radikalisierung der
Szene lief, während zugleich in der Politik das Asylrecht
eingeschränkt wurde. In diesem gesellschaftlichen Kontext
entwickelte sich das NSU-Trio – politisierte und radikalisierte
sich.
Michael Weiss von nsu-watch und VertreterInnen von nsu-watch.hessen berichteten über den aktuellen Stand des Gerichtsverfahrens in München und des Untersuchungsausschusses in Hessen.
Auf das Konto des NSU gehen mindestens 10 Morde sowie zwei Sprengstoffanschläge. Vor dem Oberlandesgericht München müssen sich seit Mai 2013 Beate Zschäpe und vier weitere Personen wegen Mittäterschaft bzw. Unterstützung einer terroristischen Vereinigung verantworten. Ein Ende des Prozesses ist noch nicht absehbar. Auch die Untersuchungsausschüsse des Bundestages sowie der Landtage in Sachsen, Thüringen und Bayern ließen viele Fragen unbeantwortet. Seit Mai 2014 existiert auch in Hessen ein Untersuchungsausschuss. Neben der Rolle des Verfassungsschützers Andreas Temme, der zur Tatzeit des Mordes an Halit Yozgat am Tatort in Kassel war, wird es u.a. um die Frage gehen, welche Kontakte der NSU nach Hessen hatte.
Jeweils zwischen 25 und 70 BesucherInnen nahmen an den Veranstaltungen teil, es gab danach interessante Diskussionen.
Die Geschichte des rechten Terrors darf nicht vergessen werden, zu vieles ist immer noch unbekannt.
Gemeinsam müssen wir alles daran setzen, das die neonazistischen Strukturen, die mit Gewalt und Bombenterror ihre rassistischen Ziele durchsetzen wollen, gesellschaftlich bekämpft werden.
Veranstaltet wurde die Reihe vom asta der Hochschule Darmstadt, dem asta der TU Darmstadt, dem Antifaschistischen Infobüro Rhein-Main, der ANK (Anti-Nazi-Koordination Darmstadt), der DGB-Jugend und der AIHD (Antifaschistische Initiative Heidelberg).