Etwa 100 Vermummte haben am Freitagabend in der Leipziger Innenstadt randaliert und schwere Verwüstungen angerichtet. Wie Polizeisprecherin Maria Braunsdorf MDR SACHSEN sagte, hatten sich die Unbekannten gegen 22:20 Uhr im Johannapark versammelt und waren dann in Richtung Neues Rathaus gezogen. Unterwegs türmten sie auf einer Straße eine Barrikade aus Reifen auf und setzten sie in Brand. Außerdem zerschlugen sie an einer Straßenbahnhaltestelle die Glasscheiben des Wartehäuschens.
Angriff auf US-Konsulat und Bundesverwaltungsgericht
Die rechtzeitig alarmierte Polizei sperrte das Neue Rathaus ab. Daraufhin schwenkten die Randalierer jedoch um und ließen ihre Gewalttätigkeit im benachbarten Musikviertel aus. Sie beschmierten Gehwege und Fassaden, zertrümmerten die Scheiben eines vorbeifahrenden Reisebusses und streuten sogenannte Krähenfüße auf der Straße aus, durch die sowohl Polizeiautos als auch unbeteiligte Fahrzeuge beschädigt wurden. Anschließend bewarfen die Vermummten das Bundesverwaltungsgericht mit Pflastersteinen, Farbbeuteln, Molotowcocktails und Pyrotechnik und griffen auch Polizisten an.
Hoher Sachschaden, mehrere Verletzte, eine Festnahme
Mehrere Beamte wurden der Polizei zufolge verletzt, am Gerichtsgebäude gingen mehrere Fensterscheiben zu Bruch. Anschließend löste sich die gewalttätige Menge auf. Wie Polizeisprecherin Braunsdorf sagte, konnte einer der Randalierer festgenommen werden. Der angerichtete Sachschaden sei sehr hoch, könne aber noch nicht genau beziffert werden. Neben den beschädigten Gebäuden seien auch drei Polizeifahrzeuge so stark zerstört, dass sie nicht mehr zur Verfügung stünden. Kriminaltechniker waren bis in die Morgenstunden damit beschäftigt, Beweise zu sichern. Deren Auswertung werde das ganze Wochenende in Anspruch nehmen, sagte Braunsdorf.
Hohe Polizeipräsenz dank Stadtfest
Die Polizei hat inzwischen Ermittlungen wegen Landfriedensbruchs und
aufgenommen. Das Motiv ist demnach noch unklar, alle Möglichkeiten
werden geprüft. Die Ermittler schließen aber nicht aus, dass die Randale
in Leipzig mit dem G7-Gripfel zusammenhängen und eine Reaktion auf die
hohen Sicherheitsvorkehrungen bei dem Treffen in Bayern sind.
Dass
die Randale nicht weiter ausarteten, ist Braunsdorf zufolge auch der
derzeit hohen Polizeipräsenz in Leipzig zu verdanken. Grund dafür sind
die aktuellen Feiern zum 1.000-jährigen Bestehen der Stadt.
Ist dauerhaft mehr Polizei in Leipzig die Lösung?
Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung reagierte erschüttert auf
den Gewaltexzess. Leipzig habe erneut eine unfassbare Gewalt erleben
müssen, die mit politischen Zielen nichts zu tun habe. Hier seien
Kriminelle am Werk, die mittlerweile auch vor Gewalt gegen Personen
nicht mehr zurückschreckten. Der SPD-Politiker kündigte Gespräche über
Gegenmaßnahmen an.
Polizeipräsident Bernd Merbitz erklärte, die
Beamten in der Stadt seien für das Wochenende in erhöhte
Alarmbereitschaft versetzt worden. Das A und O sei die Präsenz.
Gewalttäter dürften sich überhaupt nicht erst entfalten. Dafür würden
angesichts der in Leipzig existierenden militanten, gewaltbereiten,
linksextremen Szene mehr Polizisten benötigt, forderte Merbitz. Der
Polizeipräsident überlegt zudem, eine Sonderkommission einzurichten,
denn der aktuelle Gewaltausbruch war nicht der einzige in Leipzig in den
vergangenen Monaten. Dabei waren immer wieder auch öffentliche
Einrichtungen ein Ziel der Randalierer, darunter das Amtsgericht und
eine Polizeistation.
"Wir werden gemeinsam mit der Polizei vor Ort und dem Innenministerium über das Thema Polizeipräsenz reden müssen, auch das Thema Bereitschaftspolizei in Leipzig gehört auf die Tagesordnung."
Burkhard Jung, Oberbürgermeister von Leipzig
Nicht nur nach rechts schauen
Auch Sachsens Innenminister Markus Ulbig sagte, dass die Strategie bei der Arbeit gegen die linksextremistische Szene überdacht werden müsse. Er sicherte Merbitz volle Unterstützung zu. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Christian Hartmann schlug vor, im Operative Abwehrzentrum der Polizei eine eigene Abteilung zum Aufklären linksextremistischer Straftaten in Leipzig zu schaffen. Diese Seite dürfe beim entschiedenen Vorgehen gegen Rechtsextremismus nicht aus den Augen verloren werden. Hartmanns SPD-Amtskollege Albrecht kritisierte, die jüngsten Randale hätten nichts mit einer kritischen Haltung gegenüber der aktuellen Politik oder bestimmten politischen Meinungen zu tun. Stattdessen wolle eine kriminelle Gruppe offensichtlich gezielt öffentliches und privates Eigentum beschädigen. Sie stehe damit außerhalb der Werte- und Rechtsordnung.