PM: Polizeiliche Misshandlungen in Hannover: keine bedauerlichen Einzelfälle!

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Am Sonntag wurde bekannt, dass in einer Polizeiwache in Hannover zwei geflüchtete Männer von mindestens einem Polizeibeamten misshandelt wurden. Die beiden jungen Männer wurden in einem Abstand von etwa einem halben Jahr von der Polizei aufgegriffen und auf der Wache gedemütigt, an Fußfesseln über den Boden geschleift und gewürgt. Diese Taten hat der Beamte fotografiert und damit auf Whatsapp geprahlt: „Das war ein Geschenk von Allah“.

 

Die öffentliche Aufregung über diesen Skandal ist groß. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, die Medien berichten ausführlich und der Polizeipräsident Dieter Romann steht Rede und Antwort. Eine gründliche Aufklärung der Fälle wird einhellig gefordert und versprochen. Genauso einig sind sich die Akteure in der Bewertung der Geschehnisse als Einzelfall. Diese Lesart bringt auch der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, auf den Punkt: „Es geht hier nicht um ein strukturelles Problem der Polizei, sondern um einzelne schwarze Schafe." So, wie der Fall verhandelt wird, geht es hier um das Vergehen eines einzelnen Polizisten, der schon früher durch übergriffiges Verhalten auffällig geworden war. Ob es MittäterInnen gab, wird wahrscheinlich niemals an die Öffentlichkeit gelangen. Und wenn es um die Frage geht, warum wissende KollegInnen den Beamten nicht gemeldet haben, dann wird behauptet, dass unter den Polizisten Angst vor Vorgesetzten herrsche.

 

Durch unsere jahrelange Recherche- und Forschungsarbeit zum Thema Rassismus in der Polizei können wir, die Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt, seitenweise belegen, dass gewalttätiges Verhalten seitens der Polizei insbesondere gegenüber Menschen mit Migrations- oder Fluchthintergrund keinesfalls selten passiert. Von Einzelfällen kann nicht die Rede sein. Vielmehr handelt es sich tatsächlich um ein strukturelles Phänomen. Nicht nur der Häufigkeit polizeilicher Übergriffe wegen, sondern weil Rassismus in die Polizeipraxis eingeschrieben ist.

 

In der BRD sind die Rechte von Geflüchteten und MigrantInnen stark eingeschränkt. Dies wirkt sich auf ihre Bewegungsfreiheit, auf ihr Arbeitsrecht und insgesamt auf ihre Souveränität aus. Gesellschaftliche Institutionen bilden hier die ausführende Gewalt der Entrechtung, nicht zuletzt die Polizei. Sie dient dazu, bestehende rechtliche Normen umzusetzen und Strukturen zu stützen. Dies mündet beispielsweise häufig in der Praxis des racial profiling, also der Verdächtigung aufgrund scheinbarer oder tatsächlicher äußerer Merkmale, wie zum Beispiel Hautfarbe. Diese folgt der Logik, dass Menschen, die beispielsweise ihre Residenzpflicht verletzten, keine weißen Deutschen sein können. Und führt in der Realität dazu, dass schwarze Menschen in Deutschland um ein vielfaches häufiger kontrolliert, durchsucht und festgenommen werden – meistens völlig verdachtsunabhängig.

 

Wir unterstützen die derzeit laute Forderung nach Aufklärung der Polizeigewalt in Hannover. Doch fordern wir auch die Aufklärung und öffentliche Wahrnehmung polizeilicher Routine und der zahlreichen Fälle rassistischer Polizeigewalt, die sich tagtäglich in der BRD abspielen.