Geplanter Kauf oder einfach nur Preistreiberei? Möglicherweise will die NPD einen Gasthof in Meßstetten kaufen und zur Landesgeschäftsstelle umbauen - in unmittelbarer Nähe zur Landeserstaufnahmestelle.
"Ich habe gekämpft und nach allen Seiten hin geschrien", sagt Niko Lustig. Ihm und seiner Frau gehört der Gasthof "Waldhorn" in Meßstetten-Bueloch. Das Paar ist verschuldet und muss verkaufen. Das Problem: Niemand will die Immobilie haben. Außer angeblich Jan Zimmermann.
Zimmermann ist NPD-Funktionär. Über ihn hatte die NPD bereits den Kauf einer Immobilie abgewickelt, die der rechtsextremen Partei nun als Landesgeschäftsstelle in Thüringen dient. Zimmermann hat mehrere Parteipositionen inne und unterhält für sie mehrere Mailadressen in der Region. In sozialen Netzwerken hetzt er gegen Flüchtlinge. Früher in Hamburg aktiv, ist er seit April 2014 Vorsitzender im Vorstand des NPD-Kreisverbands Breisgau.
Eines Sonntagabends sei Zimmermann ins Lokal gekommen, "ein sympathischer, junger Mann", sagt Gastronom Lustig. Der NPD-Funktionär habe Kaufinteresse angemeldet, Lustig habe ihm das Haus gezeigt. Wer der junge Mann sei, habe er nicht gewusst. Lustig hatte aber nicht zum ersten Mal Kontakt mit der NPD: Im Herbst 2014 hatte er das Lokal der NPD für deren Landesparteitag zur Verfügung gestellt, ebenso wie für die Erntedankfeier der NPD Baden-Württemberg und der NPD-Frauenorganisation "Ring Nationaler Frauen". Lustig dazu: "Ich kann sagen, das stimmt. Aber warum, kann ich nicht sagen."
In der Vergangenheit gab es bereits Fälle, in denen - besonders für schwer verkäufliche Immobilien - ein Kaufangebot der NPD vorgetäuscht wurde, damit die Gemeinde das Objekt überhaupt oder aber zu einem erhöhten Preis kauft. Die Zwickmühle ist klar: Kauft die Gemeinde das Haus, unterstützt sie möglicherweise die NPD finanziell. Kauft sie nicht, besteht die Gefahr, dass die rechte Partei tatsächlich den Gasthof übernimmt und in unmittelbarer Nähe zur Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge (LEA) ihre Landesgeschäftsstelle eröffnet. In Baden-Württemberg existiert solch ein Büro bislang nicht.
Die "Alboffensive", die zusammen mit anderen antifaschistischen Gruppen am 9. Mai zur Demo gegen in Meßstetten aufgerufen hatte, hält Preistreiberei für nicht ausgeschlossen, doch für unwahrscheinlich. Deshalb ruft die Initiative wie auch die Bundestagsabgeordnete Heike Hänsel (Linke) die Kommune zum Handeln auf.
Einen Vorvertrag soll es schon geben, in dem ist eine Kaufsumme von 410.000 Euro genannt. Das ist deutlich mehr, als das Ehepaar Lustig vor fünf Jahren für die Immobilie gezahlt hatte. Die neuen Besitzer hatten in Umbauten der Gaststätte investiert. Ob der Preis dennoch gerechtfertigt wäre, bleibt fraglich.
Meßstetten habe überlegt, das Haus zu kaufen, sagt Bürgermeister Lothar Mennig. Doch bestehe kein Bedarf für das Gebäude. Weiteren Handlungsbedarf sieht er nicht. "Das ist so dubios, das habe ich noch nicht erlebt", sagt Mennig. Das passe alles nicht zusammen, beispielsweise auch die kalkulierte Nähe zur LEA, sie ist befristet bis 2016. "Das macht ja keinen Sinn."
Lustig betont derweil: "Ich bin kein Rechter." Dennoch kündigte er an, er stehe kurz vor dem Verkauf - "gezwungenermaßen" an Zimmermann. "Das wäre ganz schlecht, da sind sich alle einig", bekräftigt Mennig. Dass die NPD nach Meßstetten kommt, "das will niemand".
Zusatzinfo
Verfassungsschutz: Rechte Partei steckt in Geldnöten
Rückzahlung Nach Erkenntnissen des Landesamtes für Verfassungsschutz befindet sich der NPD-Landesverband "in einer finanziell eher angespannten Lage". Dass er über die erforderlichen Mittel verfügt, um das Lokal zu einem marktüblichen Preis zu erwerben, scheint "nach hiesigem Erachten unrealistisch". Auch die NPD im Bund ist wegen einer Rückzahlungsforderung der Bundestagsverwaltung zuletzt in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten geraten.
Unterstützer Allerdings kann der Verfassungsschutz nicht ausschließen, dass NPD-nahe Personen, die über die nötigen Mittel verfügen. Sie könnten als Käufer des Lokals auftreten oder die Rechtsextremen finanziell unterstützen.