Mittwoch // 13. Mai 2015 // 18 Uhr // Treffpunkt Dr.-Külz-Ring (Altmarkt-Galerie)
Frauen, Leben, Freiheit! Jin, Jiyan, Azadi!
Stoppt die Vergewaltigungskultur im Iran und überall! Kultûrî destdrêjî li Îran û her derê rawestênin!
Aufruf der:
KJAR (Gemeinschaft der freien Frauen Kurdistans)
Kurdischen Jugend Dresden
Gruppe Ausser Kontrolle
Am 04. Mai sprang die 25-jährige Kurdin Farinaz Khosrewani aus dem 4. Stock des Hotels Tara im ostkurdischen Mahabad (Islamische Republik Iran (IRI). Die Hotelangestellte sah darin den einzigen Weg einer Vergewaltigung durch einen iranischen Mann zu entgehen. Farinaz war sofort tot. Noch gibt es keine 100%ige Sicherheit, dass es sich bei dem Mann um einen Beamten des iranischen Geheimdienstes handelt. Offiziell heißt es, es handele sich um einen privaten Dienstleister, der die Qualität des Hotelservice überprüfen sollte. Allerdings ist klar, dass die iranische Regierung in keinem Fall die Geheimdienstzugehörigkeit des Mannes einräumen würde.
Dieses Ereignis löste in der Stadt Proteste aus.
Vor dem Hotel versammelten sich Ende verganger Woche tausende Menschen und forderten Gerechtigkeit für Farinaz. Mittlerweile wurde das Hotel niedergebrannt, der Ausnahmzustand über die Stadt verhängt. Die Armee hat die Stadt umstellt und die Sicherheitskräfte des iranischen Regimes gingen brutal gegen die Protestierenden vor. Es wurde mit scharfer Munition geschossen. Dabei sollen 27 Demonstrant_innen verletzt, zwei weitere getötet und hunderte Protestierende verhaftet worden sein, berichtet die kurdische Nachrichtenagentur Rojnews. Auch in den umliegenden Städten wurde massive Militärpräsenz aufgebaut, um Demonstrationen zu unterbinden. Die internationale Gemeinschaft schweigt bislang zu diesem Vorfall.
Der Tod von Farinaz ist dabei leider kein Einzelfall. Der bewusste Einsatz (sexualisierter) Gewalt zur Unterdrückung von sog. Minderheiten und der politischen Opposition ist ein Standard-Instrument des Regimes in Teheran. Wer sich gegen den Staat und/oder die Unterdrückung auflehnt hat extreme Konsequenzen zu befürchten. So wurde im Oktober 2014 das Todesurteil gegen Reyhane Jabbari vollstreckt. Sie hatte in Notwehr einen Ex-Geheimdienstler erstochen, der sie vergewaltigen wollte.
Es gibt kein Recht auf freie Meinungsäußerung sog. ethnische Gruppen wie z.B. Kurd_innen, aber auch Schwule, Lesben, Trans* und Atheist_innen werden brutal unterdrückt und politische Opposition wird oft mit Haft bestraft. In den Gefängnissen herrschen katastrophale Zustände, es wird systematisch gefoltert und vergewaltigt. Frauen*, die zum Tode verurteilt wurden und bei der Vollstreckung noch Jungfrauen sind, werden zuvor vergewaltigt, da die Hinrichtung von Jungfrauen als Sünde gilt.
Verkündet durch den obersten Rechtsgelehrten, dem „Ajatollah“, umgesetzt durch den Präsidenten und kontrolliert von unzähligen sogenannten „Revolutions- und Sittenwäc_innen“, herrscht in den Straßen, auf öffentlichen Plätzen und auch in vielen Köpfen der IRI ein anti-emanzipatorisches Weltbild, das keine Abweichungen duldet. Śeit 1979 gilt das Rechtssytem der Scharia. Besonders tief greift dies in das Leben von Frauen* ein. Auch wenn, das Regime den Frauen* das Recht auf ein Studium zugestehen musste, werden sie in ihrem Recht auf persönliche Selbstbestimmung starkt eingeschränkt. Die Regeln zu Hijab und Tschador (Kopftuchpflicht und die Erlaubnis, nur bestimmte Farben in der Öffentlichkeit zu tragen) wurden zwar gelockert sind aber immernoch politisches Mittel, um Frauen* zu drangsalieren. Heterosexuelle Kontakte vor der Ehe sind strengstens verboten und wird mit Auspeitschen bestraft. Bei Ehebruch droht der Tod durch Steinigung. Scheidungen sind für Frauen* schwerer zu erreichen als für Männer*. Homosexualität wird vor allem bei Männern* mit dem Tode bestraft.
Frauen* gelten als Menschen zweiter Klasse und werden quasi als Eigentum der Väter, Brüder, Söhne und/oder Ehemänner betrachtet. Unter strenger Beobachtung des jeweilige Patriarchen, dreht sich alles um die Aufrechterhaltung der „Ehre“. Aufklärung über Sexualität wird kriminalisiert und existiert weder für Frauen* noch für Männer*. In der Öffentlichkeit dürfen sich Frauen* nur in Begleitung eines männlichen Verwandten zeigen. Alleine reisen und der Kontakt zu „fremden“ Männern* ist ihnen ebenfalls untersagt. Sportliche Aktivitäten dürfen sie nur in Gewändern betreiben und auch hier gibt es Einschränkungen – nicht alle Sportarten gelten für Frauen* als sittlich und sind ihnen deshalb untersagt.
Damit stützt das politisch-ideologische System der IRI die Vergewaltigungskultur, ganz unabhängig davon, ob die Täter_innen vom Staat bezahlt werden oder nicht. Das System, dass ignorierend bis wohlwollend auf Vergewaltigungen schaut ist das Problem im Iran genauso wie in allen patriarchalen Staaten.
Ein zusätzlicher Hohn für alle emanzipatorisch denkenden Menschen, ist die seit 2010 bestehende Mitgliedschaft der IRI bei der Fachkommission für die rechtliche Stellung der Frau der Vereinten Nationen, welche sich u.a. Geschlechtergerechtigkeit zum Ziel gesetzt hat. Hier zeigt sich, um wiederholten Male auch die Blindheit anderer Staaten gegenüber dem Iran – denn der Sitz ist erst durch den Wirtschafts- und Sozialrat der UNO, dem auch Deutschland angehört, möglich geworden.
Gründe genug, um dem Mullah-Regime im Iran den Kampf anzusagen und auf die Straße zu gehen.
Wir sagen:
Schluss mit dem Staatsterror im Iran!
Nieder mit dem Regime der Ajatollahs!
Ohne Feminismus keine Befreiung!
Hoch lebe die Emanzipation im Iran und überall!
Solidarität mit dem (kurdischen) Projekt des demokratischen Konföderalismus und den Aufständischen in Mahabad!
Wir fordern:
- Das iranische Regime muss für die Missachtung grundlegender Frauenrechte zur Verantwortung gezogen werden
- Ende der Unterdrückung politischer und kultureller Opposition
- Abschaffung der Todesstrafe und weg mit dem staatlichen Represssionsapparat
- Achtung der Menschenrechte und gleiche Bürger_innenrechte für iranische Kurd_innen und andere sog. Minderheiten!
- Ende der deutschen Lieferungen an den iranischen Repressionsapparat! (z.B. Siemens Überwachungstechnik, Polizeiausrüstungen, Elektroschocker, usw.)
- Keine Geschäfte mit dem Iran
* Obwohl wir Geschlechterkategorien als Konstruktion erkennen, ist die Zweigeschlechtlichkeit mitsamt ihren „natürlichen“ Zuschreibungen eine gesellschaftliche Realität, mit der wir immer wieder konfrontiert sind. Aus diesem Grund verwenden wir zwar die Bezeichnung „Frauen“ und „Männer“, markieren diese aber mit einem Stern.
_ Der Unterstrich verdeutlicht das es außer dem Geschlecht Mann* und Frau* unzählige weitere Geschlechtsidentitäten gibt.