In diesem Jahr beteiligten sich ca. 750 Menschen an der Revolutionären 1. Mai Demonstration in Stuttgart. Die Demo zog an historischen Orten, wie dem ehemaligen Sitz der KPD-Zeitung, dem Ort eines mörderischen rassistischen Brandanschlags, dem Austragungsort des Internationalen Sozialisten Kongresses 1907 und dem kurzzeitigen Wohnsitz Lenins vorbei und versuchte damit an die Geschichte lokalen ArbeiterInnen-Bewegung anzuschließen.
In verschiedenen Reden, wurden unter anderem die aktuellen rassistischen Massenmobilisierungen, die geplanten Proteste gegen den G7-Gipfel in Elmau, die 129a und b Verfahren die aktuell auch in Stuttgart laufen, Arbeitsdruck im Kapitalismus und die Notwendigkeit revolutionärer Organisierung thematisiert.
Die Demo setzte sich gegen diverse Polizei-Provokationen und Versuche die Demo zu stoppen durch und konnte ohne größere Zwischenfälle durchgeführt werden. Nach Beendigung der Demonstration kam es seitens der Polizei zu massiven Schikanen und Provokationen. Ein Journalist wurde wegen Körperverletzung kurzzeitig festgenommen. Eine Gruppe von AktivistInnen wurde beim Verlassen der Demo angegriffen und es kam zur Personalienfeststellung einer Person. Mindestens eine Person wurde wegen schwerer Körperverletzung angezeigt.
Bilder zur Demo und der Bericht der Beobachternews hier: http://www.beobachternews.de/2015/05/03/am-tunnel-knatterte-feuerwerk/
Weitere Aktivitäten am 1. Mai
Neben dem Fest im Linken Zentrum Lilo Herrmann fand auch im selbstverwalteten Stadtteilzentrum Gasparitsch ein 1. Mai Fest statt. Bei leckerem Essen, Getränken, einem Quiz, Live-Musik und kurzen Präsentationen u.a. mit Filmen zu Hans Gasparitsch, den Langzeitgefangenen Georges Ibrahim Abdallah und Marco Camenisch, sowie einem kurzen Input zur Geschichte des 1. Mais beteiligten und feierten über den Tag verteilt um die 200 Menschen ins Gasparitsch.
1. Mai – Straße frei!
Im Rahmen des Festes führten wir noch einen Stadtteilspaziergang zum Thema Aufwertung, Mieten und Verdrängung durch, an dem sich über 30 Personen beteiligten. An wenigen Beispielen zeigten wir die systematische Verdrängung von Menschen aus den Stadtvierteln auf und die Ausrichtung der Stadt auf den Profit, in der die Bedürfnisse des Menschen nichts zählen und der Profit alles. Auf dem Spaziergang wurde mit Aufklebern klar gemacht, dass die Stadt uns allen gehört und mit Plakaten wurden Objekte gekennzeichnet, in denen alte Mieterinnen und Mieter verdrängt wurden.
Da die Stadt uns allen gehört, gehört uns ja auch die Straße, weswegen wir uns sie symbolisch am 1. Mai genommen haben. Der Stadtteilspaziergang ging in eine kurze unangemeldete Demonstration über, die in positiven Reaktionen aus der Bevölkerung mündeten.
Der Abend klang dann bei einem Konzert im Gasparitsch aus.
Wir haben nichts zu verlieren, nur eine Welt zu gewinnen!
Wie weiter?
Zur Aufwertung, Mieten und Verdrängung in Stuttgart Ost hat sich ein Mietertreffen gegründet, das sich auch weiterhin der Thematik annehmen wird. Das nächste Treffen ist am 20. Mai 2015 um 19 Uhr im selbstverwalteten Stadtteilzentrum Gasparitsch.
Und Anfang Juni steht der G7 im Schloss Elmau vor der Türe. Mit vielfältigen Aktionen gegen diesen Gipfel möchten wir den kapitalistischen Verhältnissen unsere Perspektive einer Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung entgegenstellen. Auch aus Stuttgart fahren Busse zu den Protesten und auch im Vorfeld finden einige Veranstaltungen statt.
Donnerstag, 14. Mai 2015, 19 Uhr: Stadtteilabend: Protest gegen den G7 Gipfel
Donnerstag, 21. Mai 2015, 19 Uhr: Veranstaltung über Hintergründe und Bedeutung des G7 Gipfels
jeweils im selbstverwalteten Stadtteilzentrum Gasparitsch
Rotenbergstr. 125 (U4 Haltestelle Ostendplatz, U9 Haltestelle Raitelsberg).
Weiterer Kurzbericht zum Revolutionären 1. Mai: https://linksunten.indymedia.org/de/node/141997
Weitere Bilder: http://zkstgt.blogsport.eu/kurzbericht-zu-den-1-mai-aktivitaeten-in-stut...
Bündnisseite: www.erstermai0711.tk
Zusammen Kämpfen [Stuttgart]
www.zk-stuttgart.tk
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Rede von Zusammen Kämpfen auf der Revolutionären 1. Mai Demo
Hallo liebe FreundInnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen,
wir sind heute hier, um am ersten Mai, dem internationalen Kampftag der ArbeiterInnenklasse, gemeinsam mit Hunderttausenden Menschen auf der ganzen Welt, unseren Protest gegen das kapitalistische System und unsere Perspektive einer klassenlosen Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung auf die Straße zu tragen!
Dieser Protest und die Perspektive einer anderen Gesellschaft ist dringlicher denn je:
Denn die kapitalistischen Verhältnisse produzieren Armut, Krieg, Ausbeutung, Unterdrückung und Entfremdung – und das wortwörtlich am laufenden Band.
Gegen diese Verhältnisse regt sich überall zunehmend Widerstand und der Kampf um eine Gesellschaft jenseits der jetzigen Verhältnisse wird tendenziell sichtbarer: Rojava, die zunehmende weltweite Protest- und Streikwelle, aber auch die Verdichtung der Kämpfe hier – in der kapitalistischen Metropole – sind nur kurze Stichwörter hierzu.
Doch wer sich gegen diese Verhältnisse auflehnt und für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung kämpft wird früher oder später mit Repression konfrontiert. Repression, die darauf abzielt diese Kämpfe zu unterdrücken und letztlich zu zerschlagen, um die herrschende Ordnung mit aller Gewalt aufrechtzuerhalten und die entstehenden Klassenkämpfe zu verhindern.
- Sei es durch die Kriminalisierung von Protesten bei sogenannten Straßendelikten in Form von Strafbefehlen, Geldbußen bis hin zu Haftstrafen,
- oder eben auch in Form von Organisationsdelikten, bei denen es nicht um eine bestimmte Tat geht, sondern um die Zugehörigkeit in einer als „kriminell“ oder terroristisch eingestuften Organisation.
Diese Art der Repression stellt nochmals eine eigene Qualität dar, auf die wir anhand von zwei Beispielen näher eingehen wollen.
1) Aktuell laufen beim „RAZ-Verfahren“ zwei Ermittlungsverfahren gegen insgesamt 8 Beschuldigte – darunter 1 Genosse aus Stuttgart -, denen die Mitgliedschaft in den Revolutionären Aktionszellen und der informellen Organisierung Revolutionäre Linke vorgeworfen wird. Diese beiden werden von den Behörden als Nachfolgeorganisation der militanten Gruppe gehandelt und mit Hilfe des §129 als kriminelle Vereinigung eingestuft. Die RAZ/RL attackierten in den vergangenen Jahren verschiedene staatliche Einrichtungen. Darüber hinaus wirft man den Beschuldigten noch vor an der Untergrundzeitschrift radikal mitgearbeitet zu haben.
In dem Verfahren wurden mit Hilfe des §129 seit mittlerweile 5 Jahren umfangreiche Überwachungen angefertigt. Unzählige Telefone, Leitungen und Personen überwacht, observiert und auf Schritt und Tritt ausgeleuchtet. Es kam zu einigen Anquatsch- und Einschüchterungsversuchen und ein Genosse, der wegen der Verurteilung im sog. mg-Prozess sich im offenen Vollzug befand wurde in den geschlossenen Vollzug verschleppt. Dieser wurde im September 2014 entlassen.
Aktuell steht noch kein Prozess-Termin fest. Allerdings kann es im Laufe des Jahres noch zur Eröffnung des Prozesses gegen 2 der Beschuldigten kommen.
2) Gegen türkische und kurdische Linke wird oftmals die Terrorismuskeule ausgepackt. Besonders im Fokus stehen dabei die DHKP-C und die PKK: Um die 20 Linke aus der Türkei wurden in der BRD mit Hilfe des §129b inhaftiert und verurteilt weil sie angeblich der DHKP-C angehören sollen, die als terroristisch eingestuft wird. Seit 2008 findet jedes Jahr mindestens ein neuer Prozess statt. Auch hier in Stuttgart findet ein Prozess gegen 4 Linke aus der Türkei statt, denen mit diesem Vorwurf der Prozess gemacht wird. Der Prozess zieht sich seit bereits September hin. Drei der Gefangenen, Yusuf Tas, Muzaffer Dogan und Özgur Aslan sitzen aktuell in Stammheim und Sonnur Demiray in Schwäbisch Gmünd ein.
Mitte April fanden mit Hilfe des §129b und dem Vorwurf Mitglieder der TKP/ML zu sein Razzien in Deutschland, Österreich und der Schweiz statt: 7 Mitglieder wurden verhaftet und ihnen soll auch der Prozess wegen der Angehörigkeit in einer angeblich terroristischen Vereinigung gemacht werden. Die Hausdurchsuchungen sind die ersten öffentlich gewordenen Ermittlungen gegen die TKP/ML mit Hilfe des §129b und machen deutlich, dass die Antiterrorgesetzgebung auch weiter eingesetzt werden.
Dies sind nur Beispiele für die Angriffe auf einzelne. Sie stehen exemplarisch für das mit dem wir als politisch aktive Menschen konfrontiert sind und müssen als das verstanden werden was sie sind: als einen Angriff auf uns alle.
Mit der Brandmarkung als Terrorist, mit der Diffamierung von politischen AktivistInnen als Gefahr für die Gesellschaft wird die Realität von den Füßen auf den Kopf gestellt: Diejenigen, die für eine klassenlose Gesellschaft kämpfen und zielgerichtet und bewusst sich gegen die herrschenden Verhältnisse richten, werden als angebliche Gefahr für die Bevölkerung stilisiert, während diejenigen, die tatsächlich die Menschen durch Bomben, Verhaftungen, Hunger und der alltäglichen Ausbeutung – die täglich mehrere tausend Menschen das Leben kostet – terrorisieren, als Menschenrechtler und Friedensbringer gefeiert werden.
So wird der Steinwurf oder das Verteilen einer Zeitung zur terroristischen Tat während der Panzer der Herrschenden zum Friedensbringer verklärt wird.
Umso notwendiger ist es Tag für Tag dieser Repression unsere Solidarität entgegenzusetzen. Denn wenn Repression in der kapitalistischen Logik auf Widerstand folgt, so muss in einer revolutionären Logik Solidarität auf Repression folgen.
Doch ohne die Weiterentwicklung des revolutionären Prozesses ist die Solidarität zahnlos.
Daher muss es für uns heißen:
Solange es diese Verhältnisse gibt, wird es Widerstand dagegen geben! Für eine revolutionäre Perspektive!
Denn: Wir haben nichts zu verlieren, nur eine Welt zu gewinnen!
Hoch die internationale Solidarität!