Presse-Erklärung der Gefangenen-Gewerkschaft / Bundesweite Organisation (GG/BO)
Union Busting pur: Massive Behinderung des Gewerkschaftsengagements Inhaftierter in der JVA Landsberg/Lech
An Print- und Onlinemedien
Berlin, 4. Mai 2015
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in der JVA Landsberg/Lech haben sich bis heute über 50 Inhaftierte der Gefangenen-Gewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO) angeschlossen. Damit zählt die Landsberger Haftanstalt mit den Sprechern Martin Psurek und Oliver Kroh zu den dynamischsten GG/BO-Sektionen.
Die GG/BO, die sich auf die Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes bezieht, macht sich insbesondere für die Einbeziehung der inhaftierten Beschäftigten in die Sozialversicherungssysteme und den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn stark. Die GG/BO orientiert sich an den Leitlinien der Solidarität, Autonomie, Emanzipation und Sozialreform. In Etappen soll die volle Gewerkschaftsfreiheit hinter Gittern erzielt werden (Versammlungsfreiheit, Tariffähigkeit, grundgesetzlich gedeckte Arbeitskampfmaßnahmen).
Dieses selbstorganisierte basisgewerkschaftliche Engagement in der JVA Landsberg/L. wird nun seit Wochen durch die JVA um deren Leiterin Monika Groß systematisch torpediert. Die JVA-Leitung fährt das gesamte Programm auf, was vom Anhalten der Gewerkschaftspost über die obligatorische Postzensur bis zu regelmäßigen so genannten Haftraumkontrollen bei aktiven inhaftierten Gewerkschaftern der GG/BO reicht. „Das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf Koalitionsfreiheit, was die Gründung von sowie die Mitgliedschaft und Aktivität in Gewerkschaften vorsieht, wird durch diese Schikanen seitens der Anstaltsoffiziellen vorsätzlich unterlaufen“, so der Sprecher der GG/BO, Oliver Rast.
Aktuell wird das publizistische Sprachrohr „outbreak“ der GG/BO den inhaftierten Mitgliedern nicht ausgehändigt und damit vorenthalten. Wechselnde, fadenscheinige Begründungen für die Nichtaushändigung unserer Zeitschrift werden angeführt: mal haben Inhaftierte angeblich ihr Zeitungskontingent überschritten, mal läge keine explizite Bestellung der Inhaftierten vor.
Eine Zustellung der GG/BO-Zeitschrift „outbreak“ sowie das Überreichen der Mitgliedsausweise erfolgen unsererseits automatisch, sobald sich inhaftierte Kolleg_innen für eine Mitgliedschaft in der GG/BO entscheiden.
Interessanterweise wurde den Inhaftierten die Auftaktnummer von „outbreak“ einige Monate zuvor ohne Bestellung und trotz anderer laufender Zeitungsabos anstandslos ausgehändigt. „Die JVA-Leitung um Frau Groß hat sichtliche Mühe, für ihr willkürliches Vorgehen die passende Begründung zu finden“, kommentiert Uli Kiel von der GG/BO. „Offenbar geht es ihr schlicht darum, zu verhindern, dass die Gefangenen die Publikation erhalten – egal welches ´Argument´ dafür herangezogen wird.“
Durch diese Maßnahme der JVA werden Gefangene de facto von Diskussions- und Meinungsbildungsprozessen ausgeschlossen und daran gehindert, am Organisationsgeschehen der GG/BO aktiv teilzuhaben. Das stellt einen massiven Eingriff in das Vereinsleben der Gewerkschaft hinter Gittern dar. Für Uli Kiel bedeutet das, dass es sich hierbei „um einen eindeutigen Fall von Union Busting handelt. Die JVA versucht, gewerkschaftliches Engagement bereits im Keim zu ersticken.“
Ein Schreiben des GG/BO-Vorstands an Frau Groß vom 24. April des Jahres mit der Aufforderung, die mit einem Eigentumsvorbehalt versehene „outbreak“-Zeitschrift im Rahmen der Postausgabe an die Mitgliedschaft und andere Interessierte auszuhändigen, oder im Falle der Nichtaushändigung mit einer Begründung zurückzuschicken, blieb ohne Reaktion. Stattdessen verschwanden die Hefte in der anstaltseigenen Hauskammer, wo weder die Adressaten noch die Absender einen Zugriff auf die Exemplare haben. Die JVA verfügt somit eigenmächtig und widerrechtlich über fremdes Eigentum.
Die JVA-Leitung ist offensichtlich um keinen zynischen Einfall verlegen: nach Aussage von Besucher_innen von einsitzenden Angehörigen in Landsberg werden die „outbreak“-Ausgaben nur dann an den Absender zurückgesandt, wenn die Inhaftierten selbst für die Portokosten aufkommen würden.
Mit ihrem Verhalten sorgt die JVA-Spitze in Landsberg unter den Gefangenen merklich für Unruhe. Sie schafft nicht nur eine Atmosphäre der Verunsicherung und Einschüchterung, sondern sie dreht offenbar willentlich weiter an der Repressionsschraube.
Die GG/BO appelliert an die Bayerische Landesregierung, die im Landtag sitzenden Parteien und deren Vertreter_innen, diesen rechtswidrigen Willkürakten der JVA-Leitung ein Ende zu bereiten. Oliver Rast dazu: „Unsere Forderung ist klar: unverzügliche Aushändigung aller zurückgehaltenen und zukünftig versandten GG/BO-Materialien an unsere Mitglieder und Sympathisanten in der JVA Landsberg und in allen Knästen der Bundesrepublik!“
Gefangenen-Gewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO)
www.gefangenengewerkschaft.de – info@gefangenengewerkschaft.de