Am 09.05.15 um 20Uhr findet in der Meuterei Leipzig (Zollschuppenstraße 1) eine Mobiveranstaltung zu den Antifrontexdays in Warschau statt.
Mehr dazu vorab:
Anti-Frontex-Tage 19-22. Mai 2015
Am 21. Mai kommt die Crème de la Crème des europäischen Rassismus nach Warschau, um den zehnten Jahrestag der Gründung einer der einflussreichsten Meta-Organisationen, die den Reichtum der Festung Europa bewacht, zu feiern. Diese Organisation ist nicht gut bekannt, bis vor kurzem hielt sie sich noch im Hintergrund. Sie ist ein Hybrid von Grenzpolizei und Geheimdienst, welcher eine agressive Anti–Migrationspolitik fördert. Die Rede ist von Frontex (aus Französischem „Frontièrs exterieurs“), einem Exekutivorgan der europäischen (Anti-)Migrationspolitik. Sie ist berechtigt selbständig Entscheidungen über die Außenpolitik der EU zu treffen und hat ein alljährlich steigendes Budget, über welches ohne offizielle Abrechnung verfügt werden kann. Frontex finanziert davon futuristische Projekte, die an dystopische Szenarien erinnnern, wie zum Beispiel ein automatisiertes Landdrohnensystem, bekannt als TALOS, das mit Hilfe vom Warschauer Polytechnikum, der israelischen Luft-und Raumfahrtsindustrie und vieler anderer militärischer Unternehemen realisiert wurde. Der Vetrauensvertrag ermöglicht ihnen auch eine eigene Außenpolitik im Bezug auf Migration zu betreiben – sie sind sowohl befugt mit Diktatoren von Drittstatten Abkommen zu treffen (W eißrussland, Libyen, Tunesien, Algerien), als auch Repressionen gegen Flüchtlinge in sicheren Pufferzone zu organisieren und zu sponsern. So wird die Grenze von Europa immer weiter vom „alten Kontinent“ weggerückt und Effekte solcher Politik bleiben Europäer_innen verborgen. Von der EU finanzierte Isolationslager im globalen Süden und die rücksichtslos anti-humane Migrationspolitik der EU fordern reale Menschenopfer – Hunderttausende von Ertrunkenen, Verhungerten, auf See und Wüste zu Tode Verelendete oder einfach Erschossene – jährlich mehr als an der Berliner Mauer während der ganzen Zeit ihrer Existenz.
Die plündernde neokoloniale Wirtschaft, durch Waffenhandel angefeuerte Konflikte, Umweltkatastrophen, die in den Kosten für den europäischen Wohlstand inbegriffen sind, und imperialistische Invasionen zwingen die Flüchtlinge dazu ihre Heimatländer zu verlassen. Sie haben oft keine Wahl außer der Flucht ins „europäische Paradies“. Zunehmende Stratifizierung, Hunger, Armut und Furcht bringen sie dazu, Wüsten zu Fuß und Ozeane mit Booten zu überqueren, sich an Flugzeugrädern festzuklammern, oft auch sich der organisierten Schmuggler-Mafia zu unterwerfen. Durch die Aktivitäten von Frontex wird dieser Weg zunehmends verlängert und weitere Hindernisse geschaffen. Ohne dass die europäische Hegemonialstellung und ihre neokoloniale Politik gebrochen wird, wird die Entschlossenheit dieser Menschen, auf die sich Familien und manchmal ganze Dörfer verlassen, nicht verringert werden. Gewöhnlich passieren die Tragödien außer Sichtweite der Europäer_innen, aber ihre Zahl nahm so stark zu (wegen der Zunahme der Flüchtlinge, die mit Arabischer Frühling, Massaker in Afghanistan und Syrien und ukrainischem Bürgerkrieg verbunden ist), dass es schwer wurde, sie weiterhin zu ignorieren. Zahlreiche Ertrunkene vor der italienischen Küste, Sturmangriffe an der Grenze zu Ceuta und Melilla, Tode auf Minenfeldern am Evros und auf Stacheldrähten der bulgarischen Grenze sind Beispiele von Tragödien, die immer ernster und häufiger werden, wenn sich gesellschaftliche Krisen in den Drittstaaten verschärfen – Die Krisen, die oft ein Resultat der europäischen Außenpolitik , wirtschaftlicher Kolonisierung oder militärischer Interventionen sind.
In den letzten Jahren wurde Frontex durch diese Ereignisse und starke Kritik dazu veranlasst seine Öffentlichkeitsarbeit zu verändern. Sie versuchen sich als humanitäre Organisation darzustellen (welche die von sich selbst erschaffene Probleme löst) oder die gegen Schmuggler kämpft (denen sie Arbeitsmöglichkeiten gibt) und übertrifft sich dabei selbst an Heuchelei. Die Tätigkeit dieser Organisation verschärft in Wahrheit vielmehr die humanitäre Krise – während der letzten Seeoperation verbat Frontex den italienischen Crews Flüchtlinge außer dem Territorialgewässer zu retten. Frontex arbeitet auch mit staatlich organisierter Kriminalität in Libyen und Marokko zusammen.
Für diejenigen, die die lange und gefährliche Reise nach Europa überleben, sind die Probleme damit nicht zu Ende, sie ändern nur ihren Charakter. Migrant_innen ohne Papiere werden zum Ziel der innerstaatlichen Antimigrationspolitik. Sie werden aber nicht völlig aus der Gesellschaftsordnung ausgeschlossen – es gibt Platz für sie: sie gehen einer Sklavenarbeit nach, sie werden Opfer von Polizeigewalt und werden in Abschiebeknästen oder Isolationslagern weggesperrt.
Die Position aller MigrantInnen ist schwer in der EU. Vom rassistischem Modell der Politik zeugen u.a. die Bedingungen unter denen Kriegsflüchtlinge leben. Sogar humanitäre Minimalstandards die von den EU-Mitgliedstaaten anerkannt wurden, werden nicht erfüllt. Aufenthaltslegalisierungsverfahren sind eine bürokratische Qual. Meist enden sie in Kriminalisierung, denn die Vorschriften sind so konstruiert, dass die Voraussetzungen unerreichbar bleiben.
Dieser ganze Repressionsapparat dient den ökonomischen Interessen der EU. Und das obwohl die „großartigen“ Städte Europa aus der Sklavenarbeit der Migrant_innen entstanden sind, deren gesetzliche Entrechtung widerum die Machtposition der europäischen Arbeitgeber stärkt. Die Büros von Geschäftsführer_innen werden von den unsichtbare Händen der Migrant_innen aufgeräumt. Auch die Position der lokalen Arbeiter_innen wird dadurch geschwächt, dass die Arbeitskosten immer geringer werden. Diese Maschine wird durch den alltäglichem Rassismus der Neofaschisten geölt, die ihre Sündenbockideologie in Pogromen, Anzeigen oder bei der Arbeit in Uniform auslassen.
Diese dramatische Situation bleibt nicht ohne Antwort: In Isolationslagern treten Menschen in Hungerstreik und revoltieren, Abschiebungen werden blockiert. Migrant_innen wissen, dass sie sich nur auf sich selbst verlassen können, und organisieren Protestmärsche , sie besetzen öffentliche Räume und Gebäude, sie wehren sich gegen Zwangsräumungen und stellen sich Neofaschisten entgegen.
Wir sagen NEIN zu der Politik des Eurorassismus! Jeder neuen Repression werden wir uns als Schwestern und Brüder in Formen der antikapitalistischer Basisorganisation von unten entgegenstellen. So wie im Fall von Mos Maiorum (die größte Menschenjagt in Europa nach dem 2. Weltkrieg), als viele Warn- und Solidaritätsaktionen stattfanden, wie Verweigern den Pass zu zeigen, wodurch viele Migrant_innen dem Netz von Frontex entkommen konnten. Trotzdem wurden 19 000 Menschen festgenommen, was für uns nur einen weiteren Grund darstellt unseren Widerstand zu verstärken. Auch hier in Warschau, wo Frontex seinen Hauptsitz hat. Die letzte Welle von Hungerstreiks wurde brutal unterdrückt, sie erlaubte aber Kontakte zwischen Migrant_innen in Isolationslagern und Unterstützungsgruppen zu knüpfen. Deswegen wurden Informationen über die Streiks auch öffentlich. Eine der Sprecher_innen dieses Streiks, Ekaterina Lemonjava, veröffentlicht demnächst auch ein Buch über ihre Erfahrungen mit Hilfe einer Warschau No-Border-Gruppe.
Seit vielen Jahren werden in Warschau Anti-Frontex-Tage organisiert. Es ist Zeit für einen neuen Aufschwung und dass wir unsere Stimmen gemeinsam stärken. Deswegen laden wir euch zusammen (MigrantInnen und Unterstützungsgruppen) zu Anti-Frontex-Tagen ein. Sie finden von 19. bis 22. Mai in Warschau statt. Auf euch warten Meetings, Screenings, Demonstrationen und Festival „Achtivist Days Off“. (http://aktivistdaysoff.esy.es/)
Weitere Informationen: migracja.noblogs.org
Kontakt: antyfrontex@riseup.net
Wir laden alle Gruppen dazu ein sich aktiv bei der Organisierung des Events einzubringen. Wir sind ein kleines warschauer Kollektiv und wollen gemeinsam mit euch zusammen daran arveiten unsere Privilegien zu dekonstruieren und die uns auferlegten Grenzen außer Kraft zu setzen.
Während Migrat_innen in Europa sich im Widerstand einigen, können wir nicht passiv bleiben. Gemeinsam gegen institutionellen Faschismus des Staates – im Namen einer echten und praktischen transnationalen Solidarität!
Kommt nach Warschau 19.-22. Mai!
Schaffen wir eine starke Front gegen Frontex!