Seit nunmehr 8 Monaten beschäftigt die *GIDA-Bewegung und ihre diversen Ableger bundesweit antirassistische und antifaschistische Gruppen, Initiativen und Bündnisse. Ihre Hetze bewegt sich dabei zwischen einem bürgerlichen Nützlichkeits-Rassismus und offener deutsch-nationaler Ablehnung jeder Zuwanderung, alle Nebenschauplätze wie Politiker- und Presse-Schelte ordnen sich dem unter. In Sachsen überwiegt die aggressive Hetze gegen alles „nicht-deutsche“ deutlich – beim Leipziger Ableger LEGIDA von Anfang an – beim „Mutterschiff“ in Dresden spätestens seit PEGIDA wieder unter Lutz Bachmann die Straßen der Elbflorence für sich beansprucht. Eben jener Bachmann, der kommenden Montag zum Leipziger Ableger sprechen möchte.
Während es der antifaschistischen Gegenwehr im Osten der Republik bisher nicht gelungen ist die GIDA-Veranstaltungen konsequent zu behindern oder unterbinden, muss konstatiert werden, dass ihre Mitläuferinnenzahl rückläufig ist. Deren Gefährlichkeit tut das wenig Abbruch: so kommt es im Umfeld immer wieder zu Angriffen auf Migrant*innen und (vermeintliche) Gegner*innen – freilich ohne, dass die Polizei sich bemüßigt fühlt, einzugreifen.
Aber die wirkliche Gefährlichkeit von PEGIDA als potentieller Bewegung
lässt sich nicht auf den montäglichen Wanderzirkus in ostdeutschen
Städten beschränken. Im Kern bewirken deren platte Propaganda gegen Geflüchtete und
Zugewanderte eine schon längst wirkmächtige Verschiebung des
öffentlichen Diskurses nach Rechts, die sich hierzulande an Kompromiss- und Dialogangeboten der
etablierten Politik ablesen lässt. Nicht zu schweigen von der steigenden
Zahl von Übergriffen auf Migrant*innen und Anschlägen auf Lager für Asylsuchende durch den
Teil der Bewegung, der der Meinung ist das Wohl „des Volkes“ in die
eigenen Hände nehmen zu müssen. Die wenigsten dieser Anschläge werden in
der überregionalen Presseberichterstattung ernsthaft diskutiert als das
was sie sind – schon fast alltäglicher Terror gegenüber Geflüchteten.
Grenzen öffnen für Geflüchtete
Zu dieser Politik und Medienöffentlichkeit, die nicht müde wird den Rassist*innen („Besorgte Bürger“) zuzuhören, gehören eben jene die vom Leide der
Geflüchteten schweigen. Von der zerbombten „Heimat“ in Syrien wird
bisweilen noch berichtet. Von der zerstörten Lebensgrundlage durch neokoloniale Ausbeutung in der
Subsahara redet niemand. Vom „westlichen“ Kampf gegen die Diktaturen im
Maghreb, der Arabischen Halbinsel und im sogenannten Nahen Osten, der
nur Dschihad und Bandenkriege hinterlässt, redet niemand. Vom Terror gegen
Romnia in den Staaten des ehemaligen Jugoslawiens, das auch mit
deutscher Hilfe zerschlagen wurde, redet niemand. Und nicht zuletzt von
der Festung Europa, die Flüchtende auf schier unüberwindbare und
lebensgefährliche Wege und in die Arme profitinteressierter Fluchthelfer („Schlepper“) treibt, redet
niemand. Das Schlagwort „Wirtschaftsflüchtling“ erübrigt jedes
Nachdenken in solchen Zusammenhängen. Außer es sterben eintausend Menschen an einem Tag, während die Verantwortlichen zuschauen.
Wenn nun aller Orts gefordert wird, Europa solle die Fluchtursachen in
den „Heimatländern“ bekämpfen, muss aufgeklärten linken eigentlich angst
und bange werden. Denn wo ein neoliberal-deutsches Europa seine Finger
im Spiel hat, kann nur ein riesen Haufen Scheiße bei raus kommen. Ganz nebenbei sollte man
sich fragen, ob sowohl Kurz- als auch Langzeitgedächtnis hiesiger
Bevölkerung ernstlich gelitten haben. Erinnert sei an die durchschlagenden Erfolge deutscher
und europäischer „Demokratisierungs- und Aufbaupolitik“: Jugoslawien,
Libyen und zuletzt der Ukraine (unvollständige Aufzählung).
Dass die derzeitigen Flucht-Katastrophen im Mittelmeer, in Melillia
& Ceuta und an der osteuropäischen Außengrenze direkte Folge der
europäischen Abschottung sind, kann niemand ernsthaft in Frage stellen.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Vasallen ziehen es jedoch vor die Zusammenhänge zu
verschweigen und den Fluchthelfern die Schuld zu geben. Ganz nebenbei,
forderte er übrigens in Folge der Katastrophen der letzte Monate, auf Taktiken des
„Antipiraten-Einsatzes“ Atalanta vor der Küste Ostafrikas
zurückzugreifen, um die Mittelmeergrenzen zu sichern. Ob sich de Maizière der Perfidität seiner Aussagen bewusst ist,
bleibt fraglich: Denn im Zweifel schießt Europa dann auf die gleichen
Menschen. Aber auch moderate Positionen werden nicht müde einen weiteren Ausbau der
Festung Europa in Nordafrika voranzutreiben und die Abwehr der
Flüchtenden auf den afrikanischen Kontinent zu verlagern. Die Botschaft
ist klar, und daran ist man sich unter der Hand mit PEGIDA einig:
Verreckt doch bitte dort wo wir es nicht sehen!
Die Fluchtursachen, die die Menschen dazu treiben, den tödlichen Weg
nach Europa aufzunehmen – so viel steht Fest – werden nicht weniger. Sie
sind allzu oft direkte oder indirekte Folge europäischer Außen- und
Wirtschaftspolitik. Weder die Abschottung der Grenzen, noch das
zunehmend Migrant*innenfeindliche Klima in Europa hat oder wird je zur
Flucht willige Menschen daran hindern zu uns zu kommen – auch wenn man
die Frage stellen sollte, ob dies nicht willkommener Nebeneffekt der
derzeitige Anti-Immigrantionspolitik sein soll. Die Festung Europa und der Rassismus „patriotischer Europäer“ werden rein gar nichts an den
Ursachen für Flucht ändern, sie potenzieren nur das Leid der
Geflüchteten.
Es ist und bleibt an der Linken in Europa, die Abwärtsspirale von
Ausbeutung- und Expansionspolitik, Flucht- und Vertreibung, Abschottung
und Abschiebung und inländischem Rassismus zu durchbrechen. Europa ist mitverantwortlich für eine Vielzahl der Fluchtursachen, Europa ist mitverantwortlich für die
tödlichsten Grenzen des letzten Jahrhunderts und nicht zu Letzt steht
Europa in der Verantwortung den Menschen die zu uns kommen, das gleiche Leben zu ermöglichen, wie denen die schon länger hier sind. Das sind unsere Minimalforderungen. Die antirassistische Linke darf angesichts der aktuellen Situation nicht den Fehler machen, zu Claqueren rassistischer
Mobilisierung auf den Straßen zu werden, das „Weltoffene Leipzig“ zu
simulieren und sich an jenen abzuarbeiten, die politisch nichts zu Melden zu haben.
Der Fisch stinkt vom Kopf her – und den muss man derzeit in Berlin und
Brüssel suchen und nicht auf den Straßen Dresdens oder Leipzigs. Man
kommt nicht umhin, die Verantwortlichen unter Druck zu setzen, deshalb unterstützen
wir die Forderung nach einer Wiederaufnahme des Seenotrettungsprogramms
nach dem Vorbild von Mare-Nostrum – und dieser Forderung gilt es eben auch auf
den Straßen von Leipzig Ausdruck zu verleihen. Genauso wie jener nach
dem Fall der Festung Europa – was im übrigen überhaupt erst die
Bedingungen für ein „Weltoffenes Leipzig“ schaffen könnte.
Wiederaufnahme der Seenotrettungsprogramme im Mittelmeer!
Abbau statt Ausbau der Festung Europa: Frontex auflösen!
No Lager! Schluss mit der Stigmatiserung und Segregation der Geflüchteten in Deutschland, Torgauer Straße dicht machen!
Kommt zu unserer Kundgebung am Montag, den 27.4. 17 Uhr Wilhelm-Leuschner-Platz Ecke Schillerstraße!